Seat/Cupra Betriebsratschef erwartet Seat-Tod bis 2029

Von Andreas Grimm

Was passiert mit der Marke Seat angesichts des Cupra-Booms? Laut einem aktuellen Pressebericht deutet sich das Ende der Traditionsmarke bis zum Ende des Jahrzehnts an. Die Entwicklungen im Handel passen zu dieser Spekulation.

Am Ende ist doch alles Cupra: Neu eröffnete Handelsstandorte des Seat- und Cupra-Handels folgen inzwischen vor allem der Cupra-CI.
Am Ende ist doch alles Cupra: Neu eröffnete Handelsstandorte des Seat- und Cupra-Handels folgen inzwischen vor allem der Cupra-CI.
(Bild: Felix Meyer)

Die Spekulationen um eine perspektivische Einstellung der Marke Seat haben neue Nahrung bekommen. Einem Bericht des „Handelsblatts“ zufolge soll es jüngst zu einem Schlagabtausch zwischen Seat-Betriebsratschef Matias Carnero und Volkswagen-Konzernchef Herbert Diess um die Zukunft der spanischen Traditionsmarke gekommen sein. Tenor der spanischen Seite: Es sei unverständlich, eine Marke mit 70-jähriger Tradition sterben zu lassen.

Hintergrund der Auseinandersetzung scheint die Jahrespressekonferenz von Seat gewesen zu sein, die Firmenchef Wayne Griffiths nutzte, um die schnelle Entwicklung und vor allem die strahlende Zukunft von Cupra zu skizzieren: mit neuen Modellen und Elektroantrieb. Bei Seat dagegen Fehlanzeige, nicht mal angekündigte E-Modelle. Stattdessen fliegt nach dem Kleinwagen Mii nun auch der Van Alhambra aus dem Programm – auch wenn der nur noch geringe Stückzahlen schaffte.

Betriebsratschef Carnero forderte dem Bericht zufolge nun Klarheit, wohin die Reise gehen soll. Wenn Seat nicht elektrifiziert werde, sei fraglich, ob Cupra die nötigen Stückzahlen allein liefern könne. Mit derzeit weniger als 500.000 Einheiten gilt Seat/Cupra als zu klein für eine profitable Existenz. Zuletzt waren die Spanier wieder zwei Jahre in Folge in die roten Zahlen gerutscht – allerdings auch wegen der harten Einbrüche als Corona-Folge. Gleichwohl hatte Griffiths auf der Jahreskonferenz klargestellt, dass sich die Konzerntochter keine weiteren Verluste mehr leisten könne.

Auch deshalb setzt Griffiths auf Cupra. Das Fabrikat stößt in eine offene, gar nicht so kleine Nische sportlicher Fahrzeuge zwischen VW und Audi. Damit zieht Cupra einerseits viele Neukunden, was nicht zuletzt auch die angestammten Seat-Händler freut. Andererseits lassen sich die Modelle mit einer höheren Marge verkaufen als die Seat-Fahrzeuge, die im Konzernvergleich die günstigsten sind. Drittens kann Cupra recht befreit von historischem Ballast und älteren, konzeptionell nicht auf E-Antrieb ausgerichteten Modellen in die elektrische Zukunft fahren. ´

„Cupra gibt Seat eine Zukunft, und die Zukunft ist elektrisch. Die Zukunft ist Cupra“, sagte Griffiths denn auch Ende März. Lange Jahre hatte Seat Verluste geschrieben. Das Fabrikat stand anfangs der 2010er-Jahre vor der Einstellung im Konzern. Mit dem SUV-Boom und einer modernisierten Modellpalette hatten die Spanier 2016 den Turnaround geschafft und waren vier Jahre in Folge in der Gewinnzone – bis eben Corona kam.

In den letzten Jahren schon melden sich immer wieder Stimmen zu Wort, die ein schleichendes Ende von Seat vorhersehen. Offiziell wird ein entsprechender Plan immer dementiert – garniert mit dem Hinweis, dass über die Zukunft letztlich der Markt entscheide. Der Markttrend aber ist pro Cupra. Im März stellte das Fabrikat die Hälfte der Neuzulassungen in der Seat-Cupra-Vertriebsorganisation. Dass der Befund eine Momentaufnahme ist, ist nicht zu erwarten. Händlern zufolge setzt sich der Trend in den aktuellen Auftragseingängen fort.

Allerdings, darauf weist auch Carnero hin, ist nicht zu erwarten, dass Cupra die typischen Seat-Kunden, jüngere Käufer und Einsteiger, in Summe erreichen kann. Dafür sind die Cupra-Modelle zu teuer. „Cupra bringt zwar mehr Rentabilität, aber Seat bringt Volumen“, wird der Betriebsratsboss zitiert. Perspektivisch könnten sich die Rollen der spanischen Fabrikate tauschen. Aus Seat mit Cupra on top wird Cupra mit einem Einsteiger-Anhängsel, etwa mit zwei oder drei kleineren Modellen. Blickt man in die neu entstehenden Schauräume der Seat-Cupra-Händler verstärkt sich der Eindruck. Zwar werden beide Fabrikate präsentiert, die Optik ist jedoch voll auf die Cupra-Sprache ausgerichtet.

Dass die Seat-Mitarbeiter in Spanien vor diesem Hintergrund Sorge haben, ist verständlich. Auf der anderen Seite hat Seat-Cupra-Boss Griffiths Investitionen von sieben Milliarden Euro in die spanischen Aktivitäten des Konzerns angekündigt. Davon fließen fünf Milliarden Euro in den Aufbau eines Batteriewerks bei Valencia sowie die Umstellung aller spanischen Seat- und VW-Werke auf die Elektromobilität. Dort sollen künftig alle elektrischen Kleinwagenmodelle der Konzernmarken produziert werden – für VW, Skoda, Cupra (bekannt als „Urban Rebel“). Ein elektrischer Kleinwagen für Seat ist bislang allerdings nicht bestätigt.

„Ohne eine E-Variante wird die Marke Seat 2029 sterben“, sagt Betriebsratschef Carnero nun laut dem „Handelsblatt“-Bericht. Es wäre die logische Folge der Marktgesetze: ohne Angebot keine Nachfrage.

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