Die finale Schlacht um die Online-Herrschaft

Redakteur:

Autoscout24 löst den langjährigen Online-Börsen-Marktführer mobile.de ab. Grund laut einer Studie des Centers of Automotive Research (CAR): Die Einführung kostenpflichtiger Inserate. Die Konsolidierung unter den Anbietern ist in vollem Gange.

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"Der 8. September 2003 hat gute Chancen historisches Datum im deutschen Gebrauchtwagen-Markt zu werden", meint Prof. Ferdinand Dudenhöffer, Direktor des Center Automotive Reserach (CAR) und Geschäftsführer der B & D Forecast GmbH . Seine Begründung: "Am 8. September hat sich Mobile, der langjährige Marktführer bei den Internet-Gebrauchtwagenbörsen entschieden, Privatanzeigen von Gebrauchtwagen kostenpflichtig zu machen. Ein Privat-Inserat, das zwei Wochen lang mit bis zu fünf Bildern bei Mobile auf der Online-Börse steht, kostet jetzt 8 Euro und 10 Euro ab Januar 2004." Wie mobile.de die Sache bewertet, lesen Sie in "Das Imperium schlägt zurück" in "kfz-betrieb" ONLINE vom 8. November.

Die Kundenreaktion sei prompt erfolgt: "Mobile büßte über Nacht bei der strategischen Variable Fahrzeug-Bestand seine langjährige Marktführerschaft ein." Autoscout, der als langjähriger Zweiter bei den Online-Fahrzeugbeständen im August 2003 noch mit 64.000 Fahrzeugen unter Mobile lag, konnte Ende September mit 139.000 Fahrzeugen Vorsprung - also mit 19% Vorsprung - an Mobile vorbeiziehen.

Dieser Abstand hat sich im Oktober auf 142.000 Fahrzeuge weiter erhöht und wird nach Dudenhöffers Einschätzung auch im wichtigen Frühjahrsgeschäft weiter ansteigen. Per Ende Oktober 2003 hat mobile.de 741.000 Fahrzeuge im Bestand, angeschlossen sind 16.000 Händler. Autoscout24 bringt es auf einen Fahrzeug-Bestand von 883.000 bei 15 000 Händlern, davon 8.500 in Deutschland. Es folgen Autobild (435.000 Fahrzeuge im bestand), autoboerse (298.000), Webauto (180.000), Motoversum (180.000) und Ebay Motos (9.500). Die Bestädne der großen Hersteller-Börsen : Audi (61.300), BMW (50.000), Mercedes (50.000) und VW (61.300).

Die Gefahr bestehe damit für Mobile, so der Auto-Prof, dass mittelfristig die ertragreiche Kundenklientel der Händler verstärkt auf den größeren Marktplatz wechselt. Damit könnte Autoscout in der Zahl der Händler mittelfristig Mobile überholen.

Die Konzentration der Gebrauchtwagen-Börsen sei noch voll im Gange. Von den unabhängigen Börsen würden in 5 Jahren kaum mehr als drei bis vier große Marktplätze übrigbleiben. Das Wachstum der Börsen bleibe damit mittelfristig wesentlicher Erfolgsfaktor. Das neue Preis-Modell von Mobile fördere das Wachstum des Wettbewerbers Autoscout. Dabei werde das Preis-Modell von Mobile nur unwesentlich zur Ertragssteigerung beitragen, da Privatkunden nach den Daten der Tabelle 1 Stück für Stück zur kostenlosen Anzeige bei Autoscout überlaufen. Die Kosten für eingesparte Rechner- und Serverzeiten durch weniger Privatkunden schlagen nach Dudenhöffers Meinung ebenfalls kaum ertragssteigernd zu Buche. Damit bestehe das große Risiko, dass mittelfristig durch die Preis-Aktion des früheren Marktführers Mobile auch der Ertrag tangiert werde.

Die Position von Autoscout werde zusätzlich durch wichtige strategische Allianzen gestärkt. Anfang September 2003 das mit über 12,6 Millionen Kunden reichweitenstarke Internet-Portal T-Online eine strategische Kooperation mit Autoscout eingegangen. Autoscout ist damit präferierter Automarktplatz bei T-Online.

Bereits 2002 hat Autoscout der Allianz-Versicherung seinen Marktplatz geöffnet und agiert als Back-Office-Anbieter der Allianz-Autowelt. Hinzu kommen wichtige Vereinbarungen mit dem ADAC und Automobil-Herstellern, wie etwa Toyota. "Das Preis-Modell von Mobile wurde damit in einem sehr ungünstigen Zeitpunkt lancier", bilanziert Dudenhöffer.

Der deutschsprachige Online-Börsen-Markt besitzt laut Dudenhöffer eine Oligopol-Struktur, die im Prinzip auf das Duopol "Autoscout-Mobile" hinauslaufe. Die wissenschaftliche Erklärung geht so: "Aus der Mikro-Ökonomie wissen wir, dass Duopol-Märkte nur dann Gleichgewichte ermöglichen, wenn sich beide Wettbewerber an die Regel halten, nichts am Kräfte- und Preisverhältnis zu ändern. Wird diese Regel nicht eingehalten, provozieren die Wettbewerber heftige Marktkämpfe und des besteht die Gefahr, dass es im Verlauf der Anpassungskämpfe einen deutlichen Verlierer gibt.

Mit anderen Worten, ein Duopol-Gleichgewicht ist wenig stabil und kehrt bei einer Verletzung seines Gleichgewichts in aller Regeln nicht in seine alte Ausgangslage zurück. Entweder es entsteht ein Monopol oder beide Zerfleischen sich auf Kosten der kleinen Wettbewerber. Das einseitige Rütteln an der Preis-Struktur von Mobile hat das Duopol-Gleichgewicht der beiden Wettbewerber gestört. Das Preis-Modell von Mobile hat die Duopol-Struktur des Marktes nicht berücksichtigt und kam deshalb zu früh. Dieser Befund lässt sich aus der Entwicklung der Fahrzeug-Bestände in den beiden letzten Monaten ableiten."

"Online-Börsen haben den Gebrauchtwagen-Markt neu ausgerichtet", lautet Dudenhöffers Fazit. Im September 2003 hat das KBA 575.545 Pkw-Besitzumschreibungen registriert. "Unterstellen wir mal, dass jedes Fahrzeug mit Besitzumschreibung etwa 2,5 Monate im Angebot war. Dann hätten wir ein theoretisches Angebot von 1,4 Mio. Fahrzeugen im September gehabt. Unterstellen wir mal weiter, sehr vorsichtig, dass ein Drittel der Fahrzeuge von Autoscout nicht bei Mobile im Angebot waren. Dann hätten wir Anfang Oktober knapp 1,2 Mio. Fahrzeuge in den Börsen gezählt. Damit wären mindestens 80 Prozent aller im Markt angebotenen Gebrauchtwagen auch in Online Beständen vertreten gewesen."

Anders ausgedrückt - ohne Online-Börsen sei der Gebrauchtwagen-Markt nicht mehr vorstellbar. "In nur 3 Jahren ist das Gebrauchtwagen-Geschäft durch das Internet völlig neu ausgerichtet worden", sagt Dudenhöffer. Das sei "mehr als ein Quantensprung". Bei der Kaufanbahnung gehen die Forscher um Dudenhöffer davon aus, daß mittlerweile über 50 % aller Gebrauchtwagen-Käufe durch Internet angebahnt wurden. "Wer heute einen Gebrauchtwagen ohne Internet-Recherche kauft oder verkauft, verschenkt damit ganz klar Chancen."

Dabei seien die unabhängigen Börsen in den vergangenen12 Monaten in den wichtigen Fahrzeugbeständen weiter gewachsen, während die größten Herstellerbörsen mit 60.000 Fahrzeugangeboten seit 3 Jahren kein Wachstum zeigten. "Die lange Marktführerschaft von Mobile im deutschsprachigen Online-Gebrauchtwagenmarkt wurde mit der Einführung von Preisen für Privatanzeigen an Autoscout abgegeben. Aufgrund der Möglichkeit, die Marktführerschaft auszubauen und zu stabilisieren erwarten wir in den nächsten 18-24 Monaten nicht, daß Autoscout Privatanzeigen mit Preisen belegt. Die weitere Entwicklung verspricht Spannung", bilanziert die Studie.

Einen ausführlichen Bericht zur Studie lesen Sie in "kfz-betrieb" Nr. 50/2003.