Emil-Frey-Gruppe: Handelsgigant mit Siebenmeilenstiefeln
Die Emil-Frey-Gruppe stieg 2017 zur größten unabhängigen Autohandelsgruppe Europas auf. In Deutschland vertritt sie 27 Marken an 89 Standorten.
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275 neue Filialen auf einen Schlag – mit einem Megadeal hat sich die Emil-Frey-Gruppe im März 2017 über Nacht an die Spitze der größten unabhängigen Autohandelsgruppen Europas katapultiert. Die Standorte in Frankreich, in den Niederlanden, in Belgien und in Polen stammten allesamt aus dem Portfolio der Porsche Holding Salzburg (PHS), die dort Fabrikate außerhalb des VW-Markenportfolios verkaufte.
Wie viel sich die Händlergruppe mit Sitz in Zürich die Betriebe hat kosten lassen, ist nicht bekannt. Nach Schätzungen der Schweizer „Handelszeitung“ ist der Gesamtumsatz der Gruppe durch den Coup auf umgerechnet rund 8,7 Milliarden Euro gestiegen und das Filialnetz europaweit auf über 600 Standorte gewachsen.
Wo und auf welche Weise die Gruppe unter Führung von CEO Gerhard Schürmann und Verwaltungsratspräsident Walter Frey genau aktiv ist, ist nicht ganz einfach nachzuvollziehen. Das 1924 vom Mechaniker Emil Frey gegründete Unternehmen lässt nur begrenzt Informationen nach außen sickern. Neben den bereits genannten Ländern betreibt die Gruppe Filialen in Deutschland und ist derzeit, wie das Wirtschaftsmagazin „Bilanz“ im Herbst 2017 berichtete, in den Balkanländern Kroatien, Serbien-Montenegro und Bosnien-Herzegowina unter dem Namen „Star Import“ als Importeur von Mercedes, sowie darüber hinaus in Tschechien, der Slowakei, Ungarn und Slowenien aktiv.
Importeur für Subaru und Mitsubishi
Hierzulande trat die Emil-Frey-Gruppe 1981 als Importeur für den japanischen Allradspezialisten Subaru in den Markt ein. 18 Jahre später übernahm sie die Stuttgarter Handelsgruppe SG Holding und erweiterte ihre Geschäftsaktivitäten in Deutschland laufend. Neben Subaru importiert die Gruppe seit 2014 auch die Marke Mitsubishi. Mit der Mehrheitsbeteiligung von Emil Frey wurde aus Mitsubishi Motors Deutschland so die „MMD Automobile GmbH“, deren Absatz sich in der Folge von 24.131 Einheiten 2014 auf 43.367 Neuzulassungen 2017 steigerte. Innerhalb von vier Jahren hat Mitsubishi Deutschland die Fahrzeugverkäufe seit dem Einstieg von Emil Frey also mehr als verdoppelt.
Zwischen 1999 und 2012 war Emil Frey außerdem zu rund 65 Prozent Mehrheitseigentümer der Hyundai Motor Deutschland GmbH, bis der koreanische Hersteller seinen Importeur selbst übernahm und der Frey-Gruppe ihre Anteile abkaufte.
Handel mit 27 Marken
Neben der Tätigkeit als Importeur ist die Emil-Frey-Gruppe im Bereich Automobileinzelhandel an derzeit 89 Standorten in Deutschland aktiv und vertritt 27 Marken:
- Abarth
- Alfa Romeo
- Aston Martin
- Bentley
- BMW
- BMW M
- Fiat
- Fiat Professional
- Ford
- Hyundai
- Jaguar
- Land Rover
- Lexus
- Maserati
- Mazda
- Mercedes-Benz
- Mini
- Mitsubishi
- Opel
- Seat
- Škoda
- Smart
- Subaru
- Toyota
- Volkswagen
- Volkswagen Nutzfahrzeuge
- Volvo
Die Händlerverträge für Fiat und Abarth an ihrem Stuttgarter Standort in der Neckarstraße hat die Emil-Frey-Gruppe zum 31. Dezember 2020 gekündigt. Das geht aus dem Konzernabschluss des Unternehmens 2017 hervor. Damit beendet Emil Frey das Vertriebsengagement für Pkw des Frankfurter Importeurs. Im Jahr 2017 hat der Frey-Betrieb Auto Palazzo in Stuttgart 386 neue und gebrauchte Fiat- und Abarth-Modelle verkauft. 2016 waren es noch 612 gewesen. Weiterführen will Emil Frey in Deutschland hinsichtlich Fiat-Chrysler lediglich den Verkauf von Maserati in Frankfurt über die Hessengarage.
Große Übernahmen gestemmt
Mercedes-Benz nahm die Gruppe erst 2016 in ihr deutsches Portfolio auf. Im Mai hatte sie vom Stuttgarter Autobauer die Mercedes-Benz Niederlassungsstandorte Kassel und Göttingen übernommen, die jetzt als „EF Autocenter Kassel GmbH“ firmieren. Im August kam zudem die ehemalige Mercedes-Benz-Niederlassung Mainfranken mit den vier Standorten Würzburg, Schweinfurt und Gerolzhofen sowie dem Gebrauchtwagen-Standort Würzburg unter dem Namen „EF Autocenter Mainfranken GmbH“ unter das Dach der Frey-Gruppe. Mit beiden Übernahmen wuchs die Gruppe um rund 600 Mitarbeiter. Das Verkaufsvolumen der Betriebe lag 2016 bei ungefähr 9.000 Fahrzeugen pro Jahr. Binnen zwei Tagen musste die Gruppe damals die komplette IT-Infrastruktur erneuern und das Team sich in neue IT-Systeme im Vertrieb und Service einarbeiten.
Statt auf Zentralisierung im administrativen Bereich und Umstrukturierungen achtet die Emil-Frey-Gruppe Deutschland darauf, dass sich für die eigene Belegschaft und die Kunden an den hinzugekommenen Standorten nicht zu viel ändert: „Alle Mitarbeiter sind auch im administrativen Bereich an ihren Arbeitsplätzen geblieben, und die Kunden haben alle ihren Ansprechpartner behalten“, betonte Rudolf Wohlfarth, der bis 2017 Deutschland-CEO der Gruppe war. Anders sei das angesichts der vielfältigen system- und prozesstechnischen Herausforderungen auch nicht möglich gewesen.
2014 hatte die Emil-Frey-Gruppe Deutschland erklärt, welche Politik hinter der Übernahme neuer Filialen steckt: „Wir kaufen keine Standorte, die in Schwierigkeiten stecken. Wenn wir Repräsentanzen von Marken angeboten bekommen, die zu unserem Portfolio gehören, sehen wir uns das genau an. Handelt es sich dann um interessante Standorte, treten wir in Verhandlungen“, erläuterte Wohlfahrth. Dennoch sei sich das Unternehmen bewusst, dass es aufgrund seiner Größe im Fokus derer stehe, die Standorte abgeben wollten. „Es gibt nur wenige Gruppen, die Übernahmen in den Größenordnungen bewältigen können, von denen derzeit die Rede ist.“
Im Jahr darauf übernahm das Unternehmen dann die norddeutsche Kath-Gruppe mit all ihren neun Standorten in Hamburg und Schleswig-Holstein sowie 700 Mitarbeitern und Auszubildenden. Die Handels- und Serviceverträge der Marken Volkswagen, Volkswagen Nutzfahrzeuge, Skoda und Seat führt Emil Frey fort. Ebenfalls 2015 wurde das Autohaus Stotzem im schleswig-holsteinischen Heide eingegliedert.
Im Mai 2017 eröffnete die Emil-Frey-Gruppe an der Moosacher Straße in München ihren dritten Maserati-Standort mit einem 300-Quadratmeter-Showroom. In direkter Nachbarschaft betreibt die Gruppe zudem Schauräume für Jaguar/Land-Rover und Volvo sowie für Aston Martin.
28 Millionen Euro Gewinn im Jahr 2017
Der bekannteste Emil-Frey-Betrieb hierzulande ist die Schwabengarage mit 14 Filialen, die 2010 ihr 90stes Jubiläum feierte. Am Standort Stuttgart in der Cannstatter Straße befindet sich der Stammsitz der Emil-Frey-Gruppe Deutschland. Ähnlich wie die Zürcher Zentrale geht auch die deutsche Geschäftsleitung sehr sparsam mit Informationen für die Öffentlichkeit um. Die neueste Pressemeldung stammt aus dem Jahr 2016.
Wirtschaftlich läuft es für die Gruppe gut: 2017 verkaufte Emil Frey in Deutschland insgesamt 101.000 Neu- und Gebrauchtwagen – eine Steigerung von 9,1 Prozent im Vergleich zu 2016. Die Autohandelsgruppe erwirtschaftete laut ihrer Holding-Bilanz 2017 rund 3,4 Milliarden Euro (Vorjahr: 3,2 Mrd. Euro). Übrig blieb unter dem Strich – nach einer schwarzen Null im Vorjahr – ein Gewinn von gut 28 Millionen Euro, was einer Umsatzrendite von 0,8 Prozent entspricht.
Die Eigenkapitalquote des Konzerns betrug nach den Zahlen des jüngsten Abschlusses zuletzt 8,7 Prozent. Ende 2017 beschäftigte die Gruppe hierzulande rund 4.500 Mitarbeiter.
Gezielte Mitarbeiter- und Nachwuchsförderung
Letztere fördert die Gruppe regelmäßig durch interne und externe Schulungen. Neben den Qualifikationsmöglichkeiten sichert Emil Frey in Deutschland die Zufriedenheit seiner Arbeitnehmer auch durch Regelungen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, zum Beispiel durch flexible Arbeitsbedingungen.
Auch um den Nachwuchs kümmert sich die Gruppe gezielt – und setzt dabei auf eine starke Verzahnung zwischen Theorie und Praxis. Dieser Anspruch reicht von den Schulabgängern bis hin zu Hochschulabsolventen. So bildet das Unternehmen jährlich mehrere Hundert junge Menschen in kaufmännischen und technischen Berufen aus. Für Abgänger von Hochschulen und Universitäten gibt es ein Traineeprogramm. Daneben bestehen Studienmöglichkeiten an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, unter anderem mit speziellem Fokus auf dem Automobilhandel.
Fünf Geschäftsbereiche
Zum Einsatz kommen die Mitarbeiter in den fünf Geschäftsbereichen des Unternehmens. Neben dem Pkw-Einzelhandel und Import besetzt die Emil-Frey-Gruppe Deutschland die Geschäftsfelder Teilegroßhandel, Logistik und Financial Services. Die 2005 gegründete Tochter „EFA Autoteilewelt GmbH“ betreut unter anderem Vertragshändler, freie Werkstätten, Karosserie- und Lackbetriebe sowie Fuhrparks mit Original- und Ersatzteilen, aber beispielsweise auch mit Werkzeug, Reifen und Bürobedarf.
Seit 2013 ist die Gruppe außerdem für die Service- und Teileversorgung aller Daihatsu-Händler in Deutschland und Österreich zuständig. Die Marke hatte sich aus Europa zurückgezogen und die Emil-Frey-Gruppe Deutschland beauftragt, wodurch die „EF D Teile und Service GmbH“ entstanden ist.
Im August 2014 wurde die „EF Logistik GmbH“ gegründet, welche die Logistikdienstleistungen für die Unternehmensbereiche Großhandel und Import der Gruppe übernimmt. Mit 294 Mitarbeitern an 11 Standorten bietet das Tochterunternehmen verschiedene Dienstleistungen, darunter Inventur, Zollabwicklung und Einlagerung.
Zum Bereich Financial Services gehört schließlich die 2015 gegründete „EF Versicherungsdienst GmbH“, die als unabhängiger Versicherungsdienst für Kunden Angebote verschiedener Versicherungsgesellschaften vergleicht.
Erweiterte Dienstleistungen in der Heimat
In der Schweiz ist die Emil-Frey-Gruppe in weiteren Geschäftsfeldern aktiv und bietet, wie sie es auf ihrer Website bezeichnet, „Serviceleistungen für diverse Bedürfnisse“. So hat die Gruppe beispielsweise 2012 das Schweizer Geschäft des Autovermieters Hertz übernommen. Weiterhin gehört zum Portfolio die Marketingagentur „Autoglobal AG“, die Fullservice-Dienstleistungen für das Automobilgewerbe ausführt. Andere Tochterunternehmen bieten etwa Fahrsicherheitstrainings oder Dienstleistungen für Oldtimer an.
Die „Emil Frey Classics AG“ ist Freys Oldtimer-Kompetenzzentrum in Safenwil im Kanton Aargau, inklusive Schauraum, Fachwerkstatt und „Oldtimer-Hotel“ für die Lagerung von Fahrzeugen. Als Herzstück bezeichnet die Gruppe das 2015 eröffnete „Classic Car Museum“, wo auf über 1.500 Quadratmetern zwischen 50 und 60 Sammler- und Liebhaberfahrzeuge aus der Emil-Frey-Sammlung präsentiert werden.
Auch jenseits der automobilen Welt ist die Emil-Frey-Gruppe in ihrem Heimatland unterwegs. Ihr gehört beispielsweise das Wellnesshotel Bad Horn am Bodensee mit hoteleigener Motoryacht. Mit „Cosa Travel“ hat die Gruppe passend dazu ein Reisebüro im Besitz. Außerdem nennt das Unternehmen die „Lokalinfo AG“ ihr Eigen, die fünf Lokalzeitungen in Zürich herausgibt.
Etwas näher am Kerngeschäft ist das „Emil Frey Racing Team“, das im Jahr 2012 wiederbelebt wurde. Aufgeteilt in ein Jaguar- und ein Lexus-Team geht der Rennstall in der „Blancpain GT Series“ an den Start. Neun Fahrer aus sieben Ländern sind für Frey im Einsatz. Als Saisonhöhepunkt der Serie gilt das 24-Stundenrennen in Spa-Francorchamps.
Zurück zu den Wurzeln
Mit dem Rennstall nahm Teamchef und Fahrer Lorenz Frey eine alte Familientradition wieder auf und tritt in die Fußstapfen seines Großvaters Emil Frey. Der hatte im Alter von 26 Jahren beschlossen, sich mit einer Reparaturwerkstatt für Automobile und Motorräder selbstständig zu machen. An den Wochenenden nahm er an Motorradrennen teil und konnte gleich testen, was er seinen Kunden verkaufte.
Seine Kunden in den Mittelpunkt zu stellen war Emil Frey seit jeher ein großes Anliegen. 1935 formulierte er diesen Gedanken in einem Brief, den er mit den Worten „An meine geehrte Kundschaft!“ einleitete. Ihm und seinem Personal gehe es darum, den Kunden „prompt und gewissenhaft“ zu bedienen. Das Schreiben gilt als Unternehmenscredo der gesamten Emil-Frey-Gruppe und wird als Faksimile an allen Standorten aufgehängt – bis heute.
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