Pkw-Markt Entwicklung der Neuzulassungen erreicht neuen Tiefpunkt

Von Andreas Grimm

Es geht immer noch weiter bergab. Im April kamen mehr als ein Fünftel weniger Autos neu auf die Straßen als ein Jahr zuvor. Dabei war damals die Lage schon schlecht. Gleichzeitig schwindet die Hoffnung auf baldige Besserung, denn ein wichtiger Frühindikator geht in die Knie.

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Nicht mehr ganz voll: Die Zahl der Neuwagenauslieferungen ist im April 2022 weiter stark gesunken.
Nicht mehr ganz voll: Die Zahl der Neuwagenauslieferungen ist im April 2022 weiter stark gesunken.
(Bild: Grimm/»kfz-betrieb«)

Die Situation für den Neuwagenhandel hat sich April nochmals verschlechtert. Wie aus den am Mittwoch veröffentlichten Daten des Kraftfahrt-Bundesamts hervorgeht, ist die Zahl der Neuzulassungen im vierten Monat des Jahres um mehr als ein Fünftel (-21,5 %) auf 180.264 Einheiten gesunken. Immerhin: Im April 2020, auf dem Höhepunkt der Corona-Krise, waren es nochmals 60.000 Einheiten weniger.

Unter dem Strich ist die Gesamtentwicklung allerdings schwierig. Bereits seit Juli 2021 sind die Neuzulassungszahlen, vor allem verursacht durch den Halbleitermangel, deutlich rückläufig – von zwei leichten Korrekturen nach oben im Januar und Februar abgesehen. Im laufenden Jahr summiert sich der Rückgang der Neuzulassungen im Vergleich zum ersten Jahresdrittel 2021 inzwischen auf 9,0 Prozent. Seit Jahresanfang kamen 806.216 Pkws neu auf die Straßen.

Gleichzeitig bleiben die Aussichten trüb. Eine Normalisierung sei nicht in Sicht, weil die stockende Produktion in vielen Herstellerwerken aufgrund der eingeschränkten Versorgung mit Fahrzeugteilen und -systemen weiterhin zu Lieferengpässen führt, heißt es in einer Stellungnahme des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK). Die Frühjahrsbelebung im Kfz-Handel bleibe damit zum dritten Mal in Folge aus. Tatsächlich liegt der Markt gegenüber dem Vor-Corona-Jahr 2019 in den ersten vier Monaten sogar 32 Prozent zurück.

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Der Importeursverband VDIK äußert sich inzwischen zunehmend pessimistisch, die Hoffnung auf eine Erholung verblasse zusehends: „Der Ernst der Lage wird dadurch unterstrichen, dass nun selbst bei Elektroautos die Neuzulassungen zurückgehen“, sagte VDIK-Präsident Reinhard Zirpel. Aus seiner Sicht schlägt sich in dieser Entwicklung auch die Verunsicherung potenzieller Kunden von E-Fahrzeugen über die künftigen Förderbedingungen nieder.

20 Prozent weniger Plug-ins

Die reinen Stromer verloren 7 Prozent, die Plug-in-Hybride 20 Prozent an Zuspruch im Vergleich zum April 2021. Ähnlich wie zuletzt schon der ZDK fordert nun auch der VDIK, „dass die Bundesregierung daher rasch Klarheit schaffen und sowohl reine Stromer als auch Plug-in-Hybride weiter ambitioniert fördern sollte“. Bislang hat der Diesel dabei von dem Rückgang nicht profitiert, im Gegenteil sind die Neuzulassungen der Selbstzünder sogar um 22,5 Prozent gefallen.

Zuletzt galt der bislang hohe Auftragseingang als positives Zeichen für eine mittelfristige Erholung der Zulassungszahlen, wenn die bremsenden Umstände überwunden sind. Doch auch dieser Frühindikator geht in die Knie, da der Auftragseingang aus dem Inland nach Angaben des Verbands der Automobilindustrie im April um 22 Prozent unter Vorjahreswert lag. Ob der Umschwung an der wachsenden politischen und wirtschaftlichen Verunsicherung der Konsumenten, einer schwindenden Hoffnung auf Belieferung oder sonstigen Gründen lag, ließ der Verband offen.

Für die Unternehmensberatung EY ist ein Ende der Produktionskrise inzwischen nicht mehr absehbar. „Die Probleme sind massiv und lassen sich nicht auf die Schnelle in den Griff bekommen“, bilanziert EY-Auto-Analyst Peter Fuß die Situation. Er prognostiziert vielmehr weitere Preissteigerungen und noch längere Lieferzeiten. Die derzeitige, sehr schwierige Situation werde daher „mindestens noch den Sommer über anhalten“. Für das Gesamtjahr geht er inzwischen von einem Neuzulassungsminus von rund einem Zehntel gegenüber dem Vorjahr aus, eine valide Prognose sei aber kaum möglich.

Die Gesamtentwicklung treibt inzwischen die Zahlen fast aller Fabrikate in den Keller. Im Plus waren im April unter den konventionellen Autobauern nur noch Mitsubishi (+29,5 %), Kia (+26,5 %), Toyota (+6,1 %) und Porsche als einziges deutsches Fabrikat (+3,9 %) sowie die Nischen- oder neuen Fabrikate Polestar (+203,2 %), Tesla (+34,3 %) und Lexus (+0,1 %). Bemerkenswert ist die Entwicklung von MG: Der Marktneuling schaffte im April einen Anteil von 0,6 Prozent an allen Neuzulassungen. Dazu kommen noch einige Fabrikate, die das KBA aber in seiner Mitteilung nicht einzeln aufschlüsselt.

Schrumpfkur für alle Segmente

Die Rückgänge wirkten sich auf alle Segmente aus. SUVs büßten 10,2 Prozent ein, waren jedoch trotz der gesunkenen Neuzulassungszahlen mit 27,9 Prozent erneut das anteilsstärkste Segment, gefolgt von der Kompaktklasse (14,3 % / - 37,0 %) und den Kleinwagen (14,1 % / - 22,2 %). Das Segment der Großraum-Vans lag mit minus 47,5 Prozent am deutlichsten hinter dem Ergebnis des Vorjahresmonats. Das Wohnmobil-Segment erlitt im Vergleich der Segmente mit einem Rückgang um 2,8 Prozent die geringsten Einbußen.

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