Ersatzteilaufschläge bei fiktiver Abrechnung

Autor / Redakteur: autorechtaktuell.de / Jens Rehberg

UPE-Zuschläge sind auch bei fiktiver Abrechnung zu erstatten. Die Kosten des Sachverständigen sind zu erstatten, solange Preis und Leistung nicht in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen.

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Das Amtsgericht (AG) Halle (Saale) hielt vorliegend (Urteil vom 23.09.2011, AZ: 93 C 1239/11) die im Sachverständigengutachten berücksichtigten Ersatzteilaufschläge (sog. UPE-Zuschläge) für gerechtfertigt und auch bei fiktiver Abrechnung für erstattungsfähig. Hierzu führt das Gericht aus, es sei nun mal das Wesen der vom Gesetz zugelassenen fiktiven Abrechnung, dass Kosten abgerechnet werden, die nicht angefallen sind. Von diesem Grundsatz ist lediglich die Erstattung der Mehrwertsteuer ausdrücklich ausgenommen. Gleiches gilt daher grundsätzlich auch für Verbringungskosten.

Eine Wertminderung ist zu ersetzen, unabhängig davon, ob nach der Instandsetzung „objektiv wahrnehmbare Mängel“ verbleiben würden oder nicht, denn die Tatsache des (auch reparierten) Vorschadens als solche wird von potenziellen Käufern misstrauisch betrachtet und senkt daher den Wert des Fahrzeuges.

Auch das Sachverständigenhonorar wurde vorliegend – als zum erforderlichen Herstellungsaufwand gem. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB gehörend – in voller Höhe zugesprochen. Solange für den Geschädigten als Laien nicht erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt, Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen oder dem Geschädigten selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt, ist diese Position voll erstattungsfähig.

Eine Pflicht zur Einholung verschiedener Vergleichsangebote gibt es bei der Beauftragung eines Sachverständigen gerade nicht. Der Geschädigte muss vor Erteilung des Gutachterauftrages keine „Marktforschung“ betreiben, so lange für ihn als Laien nicht erkennbar ist, dass der Sachverständige seine Vergütung geradezu willkürlich ansetzt.

Die Klage war insoweit erfolgreich.

Auszug aus der Urteilsbegründung

Die Beklagte muss die restlichen (fiktiven) Reparaturkosten laut Gutachten des Sachverständigenbüros … bezahlen. Der Sachverständige hat hierbei zu Recht Ersatzteilaufschläge berücksichtigt. Dass diese zum erforderlichen Herstellungsaufwand gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB gehören, ergibt sich aus der von dem Kläger vorgelegten Gutachten. Dass diese Kosten noch nicht angefallen sind, ist unerheblich, denn es ist nun einmal das Wesen der vom Gesetz zugelassenen fiktiven Abrechnung, dass Kosten abgerechnet werden, die nicht angefallen sind. Aus § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB, der die Erstattung der Mehrwertsteuer im Falle der fiktiven Abrechnung ausdrücklich ausschließt, folgt im Umkehrschluss, dass andere erforderliche, aber noch nicht angefallene, Kosten bei der fiktiven Abrechnung erstatten werden müssen. Gleiches gilt um übrigen für die oft umstrittenen, wenn auch vorliegend nicht streitgegenständlichen, Verbringungskosten.

Auch die Wertminderung ist wie vom Sachverständigen ermittelt zu ersetzen. Im Rahmen der Schadensschätzung nach § 287 ZPO kann insoweit von dem (Partei)-Gutachten des Sachverständigenbüros … ausgegangen werden. Ob nach der Instandsetzung „objektiv wahrnehmbare Mängel“ verbleiben würden, ist unerheblich, denn die Tatsache des (auch reparierten) Vorschadens als solche wird von potenziellen Käufern misstrauisch betrachtet und senkt daher den Wert des Fahrzeuges.

Der Kläger ist auch von der restlichen Honorarforderung des Sachverständigen freizustellen. Wem nun ein Original der Gutachterrechnung übersandt worden ist und wem nur eine Kopie, ist unerheblich. Entscheidend ist, dass der Kläger dem Sachverständigen gemäß § 631 BGB das Honorar für das Gutachten bezahlen muss und dass gemäß § 7 Abs. 1 StVG, § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG die Beklagte hierfür aufkommen muss. Der Kläger hat die Rechnung des Sachverständigen vom 2. Juni 2010 bereits vorgelegt (Anlage K 3). Die Beklagte selbst hat die Kosten des Sachverständigen bereits teilweise an diesen bezahlt, sodass es der Beklagten nun verwehrt ist, dem Grunde nach Einwendungen gegen diesen Anspruch zu erheben.

Hinsichtlich der Höhe des Anspruchs ist zu betonen, dass vorliegend kein Werklohnanspruch des Sachverständigen, sondern ein Schadensersatzanspruch des Unfallgeschädigten streitgegenständlich ist. Schon aus diesem Grund liegen die meisten Ausführungen der Beklagten neben der Sache, denn Prüfungsmaßstab ist nicht, ob die Vergütung üblich im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB ist. Erheblich ist allein, ob die Sachverständigenkosten zum erforderlichen Herstellungsaufwand gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB gehören. Dies ist zu bejahen. Zwar darf ein Geschädigter auf Kosten des Schädigers nicht jeden beliebigen Preis vereinbaren. So lange für ihn allein als Laien jedoch nicht erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt, Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen oder dem Geschädigten selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt, kann der Geschädigte vom Schädiger den Ausgleich gezahlter Aufwendungen bzw. Freistellung hiervon verlangen. (OLG Naumburg, Urteil vom 20. Januar 2006, Az. 4 U 49/05, zitiert nach juris). Da das Sachverständigenbüro … zu den führenden und anerkannten Sachverständigenbüros in H. gehört, kann die Einholung eines Gutachtens gerade durch diese Büro ohne weiteres als erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB angesehen werden. Insbesondere ist kein Auswahlverschulden des Klägers bei der Beauftragung dieses Büros zu erkennen. Eine Pflicht zur Einholung verschiedene Vergleichsangebote (wie sie von der Rechtsprechung bei der Anmietung eines Mietwagens teilweise bejaht wird) gibt es bei der Beauftragung eines Sachverständigen gerade nicht. Der Geschädigte muss vor Erteilung des Gutachterauftrages keine „Marktforschung“ betreiben, so lange für ihn als Laie nicht erkennbar ist, dass der Sachverständige seine Vergütung geradezu willkürlich ansetzt. Der Sachverständige kann auch nach einer Honorartabelle abrechnen (OLG Naumburg a.a.O.), ohne dem Vorwurf der Willkür ausgesetzt zu sein. Der Streit zwischen Sachverständigem und Schädiger bzw. dessen Pflichtversicherer darf nicht auf dem Rücken des Geschädigten ausgetragen werden (OLG Naumburg a.a.O.).

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