Ersatzteile müssen billiger werden

Autor / Redakteur: Norbert Rubbel / Andreas Grimm, Andreas Grimm

Der Designschutz für sichtbare Ersatzteile muss fallen, fordern Verbände und Versicherer. Die deutschen Autofahrer könnten dadurch bis zu 70 Prozent sparen. Doch die Bundesregierung blockt.

Gehen vereint gegen überhöhte Teilepreise vor: (v. li) ZDK-Vizepräsident Wilhelm Hülsdonk, GVA-Präsident Hartmut Röhl und ADAC-Präsident Peter Meyer.
Gehen vereint gegen überhöhte Teilepreise vor: (v. li) ZDK-Vizepräsident Wilhelm Hülsdonk, GVA-Präsident Hartmut Röhl und ADAC-Präsident Peter Meyer.
(Foto: Rubbel)

Die sichtbaren Ersatzteile wie Kotflügel, Motorhauben, Stoßstangen, Fenster und Scheinwerfer müssen billiger werden. Dies forderten der ADAC, der Gesamtverband Autoteile-Handel (GVA), der Zentralverband Deutsches Kfz-Gewerbe (ZDK), der Verbraucherzentrale Bundesverband (VBZV) und die HUK Coburg, anlässlich eines Pressegesprächs am 15. März in Berlin.

Die Verbände und Versicherer vertreten übereinstimmend die Meinung, dass der Designschutz für Ersatzteile die Reparaturkosten in die Höhe treibt. Hätten die Automobilhersteller kein Monopol auf ihre sichtbaren Karosserieteile, könnten die deutschen Autofahrer nach Berechnungen des ADAC bis zu 70 Prozent sparen – wenn diese Teile im freien Handel und in markenunabhängigen Werkstätten erhältlich wären. „Die Verbraucher dürfen beim Kauf von erforderlichen Ersatzteilen nicht länger von den Automobilherstellern über Gebühr abgezockt werden“, betonte ADAC-Präsident Peter Meyer.

EU-Kommission will europaweite Reparaturklausel

Gemäß dem „Gesetz zur Reform des Geschmacksmusterrechts“ aus dem Jahr 2003 unterliegen die sichtbaren Autoteile in Deutschland dem Designschutz. Damit die designgeschützten Teile für die Verbraucher billiger werden, will die EU-Kommission die Reparaturklausel europaweit einführen. Somit könnten auch freie Hersteller Karosserieteile, Windschutzscheiben und Scheinwerfer zu Reparaturzwecken produzieren.

In anderen Ländern wie Großbritannien, den Beneluxstaaten, Spanien und Polen gibt es die Reparaturklausel bereits. Doch hierzulande liegt die EU-Initiative auf Eis, da sich die Automobilindustrie, Verbände, Autoclubs und Verbraucherschützer seit Jahren heftig um ihre Einführung streiten. „Deutschland nimmt im europäischen Vergleich eine ausgesprochene verbraucherunfreundliche Position ein. Hier genießen die Fahrzeughersteller eine sachlich nicht gerechtfertigte Monopolstellung“, kritisiert GVA-Präsident Hartmut Röhl.

Dass die Kritik berechtigt ist, zeigt ein Vergleich des ADAC: Die Preise für nicht sichtbare Ersatzteile wie Bremsbeläge oder Lichtmaschinen seien in den vergangenen sechs Jahren um zwölf Prozent gestiegen. Dagegen hätten sich die Preise für designgeschützte Autoteile um immerhin 40 Prozent erhöht.

Auffällige Preisunterschiede zum Ausland

In den europäischen Nachbarländern mit der Reparaturklausel können die Autobesitzer sparen. Ein Frontstoßfänger für einen Ford Focus kostet im Ausland beispielsweise nur 88 Euro statt 302 Euro. Eine Motorhaube ist dort von freien Teilehändlern schon für 157 Euro zu haben statt für 312 Euro.

Der ADAC, GVA, ZDK, VBZV und die HUK setzen sich entschieden für einen liberalisierten Ersatzteilemarkt in Europa ein. „Bereits heute können nicht-sichtbare Teile – und das sind etwa 75 Prozent des gesamten Teilevolumens – im freien Teilemarkt bezogen werden. Dazu gehören auch besonders sicherheitsrelevante Ersatzteile wie Bremsen, Kupplungen und Lenkungen. Darum setzen wir uns dafür ein, dass eine Werkstatt auch bei den Teilen, die dem Designschutz unterliegen, die freie Bezugswahl hat“, erklärte ZDK-Vizepräsident Wilhelm Hülsdonk.

Durch den Designschutz werde weder Produktpiraterie verhindert noch Qualitätssicherung betrieben, stellte Hülsdonk klar. Bei Designfragen gehe es eben nicht um die strukturelle Beschaffenheit wie Material oder Passgenauigkeit, sondern nur um die äußere Form.

Die „dringend notwendige“ Einführung der Reparaturklausel werde vor allem durch das Kanzleramt unter Führung von Angela Merkel blockiert, sagte der ADAC-Präsident. Die Bundesregierung dürfe sich nicht länger dem Druck der deutschen Automobilhersteller beugen, forderte Meyer. Der entsprechende Gesetzentwurf, eine Reparaturklausel in das europäische Designrecht (98/71/EG) liegt nach Angaben des ZDK bereits seit 2007 vor. Die Liberalisierung könnte in Deutschland zeitnah erfolgen, „wenn die amtierende Bundesregierung dem Gesetzentwurf im europäischen Ministerrat zustimmt“.

Dessen nächste Sitzung findet am 30. Mai 2013 in Brüssel statt.

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