Verbrennerverbot ab 2035 „EU hat Chance für Klimaschutz vertan“

Von Doris Pfaff |

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Ab dem Jahr 2035 sollen in Europa nur noch Neuwagen zugelassen werden, die emissionsfrei fahren. Darauf einigte sich die Europäische Union am Donnerstagabend. Die Branche reagierte enttäuscht – insbesondere auch, weil das neue Gesetz E-Fuels für den Autoverkehr nicht berücksichtigt.

Ab 2035 dürfen in der Europäischen Union keine Neuwagen und Transporter mehr mit Verbrennungsmotoren zugelassen werden. Das entschied am Donnerstag die EU.
Ab 2035 dürfen in der Europäischen Union keine Neuwagen und Transporter mehr mit Verbrennungsmotoren zugelassen werden. Das entschied am Donnerstag die EU.
(Bild: gemeinfrei / Pixabay)

Neuwagen sollen ab 2035 nur noch emissionsfrei fahren. Darauf einigten sich am Donnerstagabend das Europäische Parlament, der Europarat und die EU-Kommission. Damit folgten sie der Entscheidung der EU-Umweltminister vom Juni. Die Bundesregierung hat sich schon zum Ausstiegsdatum 2035 bekannt.

Das nun beschlossene Gesetz sieht vor, die CO2-Emissionen von Pkw und Transportern bis 2035 um 100 Prozent zu reduzieren und damit den Verkauf von Fahrzeugen mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren zu verbieten. Es ist Teil des EU-Klimapakets „Fit for 55“. Dieses zielt darauf ab, klimaschädliche Emissionen in Europa bis 2030 um 55 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 zu senken und bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen.

Das nun beschlossene Aus der Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren betrifft Pkw und Transporter. Es soll allerdings 2026 noch einmal auf den Prüfstand gestellt werden – ebenso die Frage, ob der Einsatz von E-Fuels für Autos in Betracht kommen könnte.

Die Branche reagierte enttäuscht auf die Entscheidung der 27 EU-Mitgliedsstaaten. „Das von vielen erhoffte rechtsverbindliche Signal pro E-Fuels zum klimaneutralen Betrieb von Kraftfahrzeugen auch über das Jahr 2035 hinaus ist aus Brüssel leider nicht gekommen“, erklärte der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) mit.

ZDK will sich weiterhin für E-Fuels einsetzen

Die sogenannte Trilog-Entscheidung sieht vor, dass synthetische Kraftstoffe nicht positiv auf die neuen CO2-Flottengrenzwerte angerechnet werden sollen. Darin wird zudem die EU-Kommission rechtlich nicht bindend aufgefordert, einen Vorschlag für E-Fuels zu erarbeiten, im Jahr 2026 ein „Review“ durchzuführen und den Bedarf von E-Fuels für Pkw zu ermitteln. „Damit hat Brüssel eine große Chance vertan, die Zukunft der individuellen Mobilität technologieoffen zu gestalten“, kritisiert ZDK-Präsident Jürgen Karpinski den Beschluss.

Denn „wer schnelle Erfolge bei der CO2-Reduktion erzielen will, muss den aktuellen Fahrzeugbestand in den Blick nehmen. Das sind in Deutschland rund 46 Millionen Pkw und in Europa rund 274 Millionen Pkw. Mit klimaneutralen E-Fuels oder Biokraftstoffen könnten alle diese Fahrzeuge klimaneutral angetrieben werden, und die bestehende Tankstellen-Infrastruktur wäre vorhanden“, so Karpinski weiter.

Unabhängig von dem nun beschlossenen Verbrennerverbot durch die EU will der ZDK an seiner Strategie festhalten, für den Aufbau einer europaweiten E-Fuels-Infrastruktur zu kämpfen. Diese würde zudem auch dabei helfen, die Abhängigkeit von Lieferungen fossiler Brennstoffe aus dem Ausland zu reduzieren.

„Viele Millionen Menschen werden auch in Europa ihre Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren über das Jahr 2035 weiter betreiben, weil die E-Mobilität für sie aus unterschiedlichen Gründen keine Alternative ist“, ergänzt ZDK-Vizepräsident Detlef Peter Grün. „Sie mitzunehmen auf dem Weg, mit diesen Fahrzeugen klimaneutral zu fahren, muss Aufgabe der Politik bleiben in Europa und insbesondere auch hier in Deutschland.“

Autoindustrie fordert Ausbau der Ladeinfrastruktur

Scharfe Kritik übte der Verband der Automobilindustrie (VDA). „Die Trilog-Einigung bei den Flottengrenzwerten setzt nun ambitionierte Ziele – ohne dabei Möglichkeiten offen zu lassen, auf aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen zu reagieren. Es ist fahrlässig, Ziele für die Zeit nach 2030 festzulegen, ohne entsprechende Anpassungen vornehmen zu können. Das gilt insbesondere mit Blick auf den notwendigen Hochlauf der Ladeinfrastruktur und genauso hinsichtlich weiterer Faktoren wie neuer drohender Rohstoffabhängigkeiten und der ausreichenden Versorgung mit erneuerbaren Energien“, erklärte VDA-Präsidentin Hildegard Müller.

Nun müsse die EU die Rahmenbedingungen schaffen und schnellstmöglich und entschlossen Energiepartnerschaften und Rohstoffabkommen abschließen, um eine entsprechende Versorgung für die Zukunft sicherzustellen. Auch wenn die Autoindustrie hinter den Klimazielen stehe und den schnellen Hochlauf der Elektromobilität vorantreibe, müsse die EU bei der Verfolgung ihrer Ziele auch einen technologieoffenen Ansatz gewährleisten und damit auch E-Fuels nicht außen vor lassen, so die VDA-Präsidentin.

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VDIK: Hersteller bauen weiter Verbrenner

Reinhard Zirpel, Präsident des Verbands der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK), erklärte: „Die Würfel sind nun endgültig gefallen. Die Europäische Union wird die CO2-Flottengrenzwerte für Neuwagen noch einmal massiv verschärfen. Die internationalen Hersteller sind entschlossen, diese Ziele zu erreichen und damit den Klimaschutz voranzubringen. Allerdings sind nun auch die EU und ihre Mitgliedsstaaten am Zug. Denn die künftigen CO2-Ziele sind nur mit starken finanziellen Rahmenbedingungen und einer exzellenten Ladeinfrastruktur überhaupt erreichbar. Dass etwa die deutsche Bundesregierung im Angesicht dieser großen Herausforderungen die Kaufförderung für Elektroautos kürzt, passt nicht ins Bild.“

Unabhängig von der EU-Entscheidung setzten die internationalen Fahrzeughersteller im Rahmen ihrer global ausgerichteten Unternehmensstrategien bei den Antrieben der Zukunft jeweils eigene Schwerpunkte: Elektroautos, Hybride und Brennstoffzellenfahrzeuge sowie sparsamere Benziner und Diesel.

Zirpel: „Die internationalen Hersteller erreichen die CO2-Ziele auf unterschiedlichen Wegen. Gerade in Europa sollten daher auch künftig alle Antriebstechnologien, die klimafreundliche Mobilität ermöglichen, genutzt werden können.“

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