Europäischer Automarkt schließt erstes Halbjahr schwungvoll ab
Auch dank eines starken Junis fällt die Halbjahresbilanz auf Europas Automarkt positiv aus. Dabei entwickelten sich die größten Einzelmärkte unterschiedlich. Deutschland, Frankreich und Spanien zeigen sich robust, Großbritannien und Italien schwächeln.
Anbieter zum Thema

Nach einer Delle im Mai hat der europäische Automarkt zum Abschluss des ersten Halbjahres 2018 im Juni wieder Fahrt aufgenommen. Wie der Branchenverband ACEA am Dienstag vermeldete, stiegen die Neuzulassungen in Europa (EU + EFTA) im zurückliegenden Monat um 5,1 Prozent auf 1.618.985 Einheiten. Nach dem ersten Halbjahr stand mit 8.695.785 neu registrierten Autos ein Plus von 2,8 Prozent unter dem Strich.
Auffällig ist bereits im gesamten Jahr, dass sich die wichtigsten Einzelmärkte nicht einheitlich entwickeln. So auch im Juni. Während es in Frankreich (+9,2 %), Spanien (+8 %) und Deutschland (+4,2 %) bergauf ging, schwächelten Großbritannien (-3,5 %) und Italien (-7,3 %). Im ersten Halbjahr war Großbritannien mit einem Rückgang von 6,3 Prozent sogar noch das größere Sorgenkind als Italien (-1,4 %) und legte damit die schlechteste Bilanz in ganz Europa hin. Spanien (+10,1 %), Frankreich (+4,7 %) und Deutschland (+2,9 %) zeigten sich dagegen gut oder zumindest robust. Das stärkste Wachstum verzeichnete im ersten Halbjahr übrigens Rumänien (+33,5 %).
Für die deutschen Hersteller lief es im Juni in Europa (EU + EFTA) unterschiedlich. Während der Volkswagen-Konzern (+12,7 %) und BMW (+7,6 %) ordentlich zulegen konnten, fiel Daimler in ein Loch (-5,1 %). Im ersten Halbjahr setzte Volkswagen mit über 2,1 Millionen Neuwagen in Europa 7,5 Prozent mehr ab als vor Jahresfrist, lediglich Audi schwächelte von den einzelnen Konzernmarken (-1,6 %). BMW lag dagegen trotz des starken Junis mit gut 543.000 verkauften Autos leicht im Minus (-0,3 %). Auch Daimler konnte sein Vorjahresniveau nicht halten, knapp 509.000 Einheiten bedeuteten einen Rückgang um 1,9 Prozent.
Größter Gewinner unter den Herstellern nach absoluten Zahlen war sowohl im Juni (+65,8 %) als auch im gesamten ersten Halbjahr (+65,1 %) die PSA Groupe. Allerdings spielt hier die Opel-Übernahme selbstverständlich die entscheidende Rolle. Opel selbst verkaufte im ersten Halbjahr mit 486.822 Einheiten deutlich weniger Autos als im Vorjahreszeitraum (-6,1 %).
Gut lief es in den ersten sechs Monaten für Renault (+5 %), Toyota (+5,8 %), Hyundai (+7,5 %) und Volvo (+7 %). Zu den Verlierern zählten dagegen FCA (-2,1 %), Ford (-3,9 %), Nissan (-9,6 %) und Jaguar Land Rover (-8,3 %).
Insgesamt wurden nie zuvor in einem ersten Halbjahr mehr Neuwagen in Europa zugelassen als 2018. Für das zweite Halbjahr rechnen Marktbeobachter aber mit etwas weniger Dynamik. Peter Fuß, Berater bei der Unternehmensberatung EY, sagt: „In einigen großen Absatzmärkten wie Italien und Großbritannien hat sich der Abwärtstrend verfestigt, in Deutschland dürften sich die Neuzulassungen im zweiten Halbjahr ebenfalls rückläufig entwickeln, da die Dieselprämien auslaufen, die in den vergangenen Monaten die private Nachfrage angekurbelt hatten.“
Auch die Umstellung auf den neuen Abgas-Prüfzyklus WLTP dürfte die das Geschäft im zweiten Halbjahr belasten. „Etliche Modelle sind derzeit bereits nicht oder nur eingeschränkt bestellbar, zudem scheinen sich Markteinführungen neuer Modelle zu verzögern. Dieses eingeschränkte Neuwagenangebot droht den Neuwagenabsatz im zweiten Halbjahr deutlich zu bremsen“, so Fuß.
Diesel bleibt unter Druck
Auch außerhalb Deutschlands war im ersten Halbjahr 2018 die Diesel-Skepsis der Kunden deutlich zu spüren. In den Top-5-Märkten sank der Marktanteil von Selbstzündern im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 9 Prozentpunkte auf 38 Prozent. Fahrzeuge mit alternativen Antrieben konnten davon zwar leicht profitieren, bleiben vorerst aber Nischenprodukte. Ihr Marktanteil kletterte in den fünf größten Märkten von 3,8 auf 5 Prozent.
Gerade für Elektroautos sieht Peter Fuß weiter viele Hindernisse. „Die Ladeinfrastruktur ist noch unzureichend, und die derzeit am Markt erhältlichen Modelle bieten zumeist noch keine überzeugende Reichweite, sodass ein Elektroauto für die meisten Durchschnittskunden noch keine echte Option ist.“ Aus seiner Sicht wird sich diese Situation erst mittelfristig ändern, wenn in den kommenden zwei bis drei Jahren viele Hersteller reichweitenstärkere Modelle auf den Markt bringen und die Infrastruktur ausgebaut wird.
(ID:45402248)