Electromobility Report 2021 Export von jungen gebrauchten E-Autos nicht tragbar

Von Silvia Lulei

Einige Autohändler schlagen Profit aus dem Verkauf junger Elektrofahrzeuge ins Ausland. Das Center of Automotive Management (CAM) zählte für 2021 mehr als 29.000 Elektro-Pkw, die nach sechs Monaten aus der deutschen Bestandsliste verschwunden seien. Das führe zu „nicht tragbaren“ Marktverzerrungen.

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Gut zwölf Prozent der E-Fahrzeuge, die in Deutschland neu zugelassen und großzügig gefördert wurden, werden nach sechs Monaten Mindesthaltedauer mit Gewinn ins Ausland verkauft.
Gut zwölf Prozent der E-Fahrzeuge, die in Deutschland neu zugelassen und großzügig gefördert wurden, werden nach sechs Monaten Mindesthaltedauer mit Gewinn ins Ausland verkauft.
(Bild: Julian Stratenschulte/dpa)

Dank hoher BAFA-Förderungen werfen junge Elektroautos beim Weiterverkauf hohe Renditen ab – ein Geschäftsmodell, an dem sich auch Autohändler beteiligen. Die Differenz zwischen der Anzahl der neu zugelassenen Elektrofahrzeuge in Deutschland und dem tatsächlichen Bestand an reinen Elektrofahrzeugen hat nun das Center of Automotive Management (CAM) in seinem Electromobility Report 2021 feststellt.

Zwischen Januar und September 2021 wurden 236.695 reine Elektrofahrzeuge neu zugelassen, die Elektroflotte erhöhte sich in Deutschland aber nur um 207.435 Fahrzeuge (87,6 Prozent). Entsprechend fehlen rund 29.260 Elektro-Pkw beziehungsweise rund 12,4 Prozent der neu zugelassenen Pkw im Bestand.

Das CAM vermutet, dass bei einem Teil der Pkw-Neuzulassungen von reinen Elektrofahrzeugen zwar die Förderprämien und der BAFA-Umweltbonus von 9.000 und 7.500 Euro eingestrichen wurden, die Fahrzeuge jedoch bereits nach wenigen Monaten als junge Gebrauchtwagen ins Ausland weiterverkauft wurden. Das ist nicht illegal, denn laut BAFA-Regelungen muss eine Mindesthaltedauer von lediglich sechs Monaten eingehalten werden, um den Umweltbonus zu bekommen.

Große Unterschiede bei den Herstellern

Stichproben bei einzelnen Automobilherstellern zeigen, dass die Diskrepanz zwischen Neuzulassungen und Fahrzeugbestandszuwachs bei manchen Modellen noch eklatanter ist. Tesla realisierte in den ersten neun Monaten des Jahres 2021 rund 26.000 Neuzulassungen in Deutschland. Rund 4.800 Pkw (18,5 %) tauchen jedoch später im deutschen Fahrzeugbestand nicht mehr auf. Bei BMW beträgt die Differenz sogar 20,6 Prozent. Hyundai und VW liegen mit 11,9 bzw. 11,0 Prozent leicht unter dem Durchschnitt. Aber auch beim Marktführer VW gehen dem deutschen Fahrzeugbestand fast 6.000 Elektrofahrzeuge verloren.

Hohe Nachfrage in Dänemark

Der Wiederverkauf ins Ausland lohnt sich trotz des Wertverlusts aufgrund der Höhe der Förderungen und der geringen Mindesthaltedauer. Einige Händler haben sich darauf spezialisiert, gebrauchte Elektrofahrzeuge nach sechs Monaten mit Gewinn ins Ausland weiterzuverkaufen. In Dänemark entfällt etwa für gebrauchte Elektrofahrzeuge bei einer Fahrleistung von mehr als 6.000 km die Luxussteuer bei der Zulassung. Das schafft eine hohe Nachfrage und hohe Preise für junge gebrauchte Elektrofahrzeuge.

Somit führt die hohe BAFA-Umweltprämie zu unerwünschten Nebenwirkungen, da viele Fahrzeuge nicht im deutschen Fahrzeugbestand verbleiben. Im Gesamtjahr 2021 gingen für die Kaufprämie Förderanträge für 625.260 E-Fahrzeuge beim BAFA ein, wofür der Staat 3,1 Milliarden Euro bereitstellte.

360 Mio. Euro Subvention für exportierte Fahrzeuge

Nach Schätzungen des CAM dürften allein 2021 bis zu 240 Millionen Euro an staatlichen Fördergeldern für reine Elektrofahrzeuge nicht zweckgemäß verwendet worden sein. Inklusive des durch die Automobilhersteller eingebrachten Teils der Anschaffungsförderprämie werden Fahrzeuge, die als junge Gebrauchtwagen ins Ausland exportiert werden, mit rund 360 Millionen Euro subventioniert. Prof. Dr. Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automotive Management, erläutert hierzu: „Die derzeitigen Förderkulissen der Elektromobilität führen entsprechend zu unerwünschten Nebeneffekten und erheblichen Marktverzerrungen. Der Gesetzgeber sollte zeitnah entsprechende Anpassungen der Umweltprämie vornehmen. Möglich wäre etwa die Erhöhung der Mindesthaltedauer der Elektrofahrzeuge von sechs Monaten auf zwei bis drei Jahre. Darüber hinaus sollte längerfristig statt der Anschaffung eher die Nutzung von Elektrofahrzeugen begünstigt werden. Denkbar wären zum Beispiel kostenfreie Kontingente für das Laden der E-Fahrzeuge in den ersten drei Jahren.“

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Förderungen anpassen

Auch bei der Förderung von Plug-in-Hybriden (PHEV) besteht nach Meinung Bratzels dringender Anpassungsbedarf. PHEVs würden überwiegend von gewerblichen Kunden als Dienstwagen angeschafft, unter anderem aufgrund des um die Hälfte reduzierten geldwerten Vorteils. Häufig werden die PHEVs dann jedoch nicht regelmäßig an der Steckdose geladen, sondern überwiegend mit dem Verbrennungsmotor gefahren, wodurch ähnliche CO2-Emissionen entstehen wie bei Benzinfahrzeugen. Eine Förderung sollte sich, so der Institutsleiter, künftig nicht am Norm-, sondern am Realverbrauch orientieren.

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