Fachtagung Freie Werkstätten liefert Problemlösungen
Rund 300 Tagungsteilnehmer informierten sich über die zukünftige Situation im Werkstattgeschäft und über Instrumente für ihr Servicemarketing.
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Rund 300 Tagungsteilnehmer informierten sich am letzten Oktoberwochenende über den aktuellen Stand der technischen Datendokumentation, die zukünftige Situation im Werkstattgeschäft und über Instrumente für ihr Servicemarketing. „Die Themen der Referenten sowie der Austausch mit den Kollegen und den 20 Ausstellern helfen den Inhabern von Freien Werkstätten bei ihrer strategischen Weichenstellung im Tagesgeschäft.“ Mit diesen Worten eröffnete Ernst Haack, Geschäftsführer der Vogel Auto Medien, die 16. Fachtagung für Freie Werkstätten im Würzburger Vogel Convention Center (VCC). Auch »kfz-betrieb«-Chefredakteur Wolfgang Michel verwies auf den Praxisbezug der Veranstaltung und betonte, „gemäß dem Motto ,Richtig entscheiden für eine sichere Zukunft’ stehen vor allem die Fragen der Teilnehmer und die Problemlösungen für das Alltagsgeschäft im Vordergrund der Fachtagung“.
„Die Fachtagungen für unabhängige Kfz-Betriebe haben immer wieder Akzente gesetzt und sind für mich der Beweis für eine gelungene Interessenvertretung“, lobte ZDK-Vizepräsident und Bundesinnungsmeister Wilhelm Hülsdonk die Initiatoren der Veranstaltung. Zudem machte er die Teilnehmer auf die Wachstumschancen im Servicemarkt aufmerksam: „Rund 15 Millionen Autos sind zwischen drei und sieben Jahre alt, 25 Millionen Fahrzeuge sogar älter als acht Jahre. Bei der heutigen Qualität der Fahrzeuge ist dies ein riesiger Markt mit einem hohen Servicepotenzial.“
Servicepotenzial
Der Service für mehrere Marken zähle zwar schon immer zur Standarddisziplin einer Freien Werkstatt. Dennoch sei nach Meinung von Hülsdonk die Konzentration auf eine Marke die effizienteste Unternehmensstrategie. Doch dafür sei der Fahrzeugbestand einer Freien Werkstatt zu gering — eine Ausnahme seien Betriebe in Ballungsgebieten. „Kein Unternehmen kann nur von einer Marke leben“, erklärte der Bundesinnungsmeister.
Um zusätzliches Servicepotenzial zu erschließen, könnten die Kfz-Betriebe beispielsweise Glasarbeiten anbieten. Der Markt für Autoglas sei gigantisch gewachsen — nicht zuletzt auch durch die Werkstattketten wie Carglass. Die tägliche Rundfunkwerbung dieser Betriebe veranlasse die Autofahrer, nicht nur auf größere Scheinschlagschäden zu achten, sondern auch nach Mikroschäden in der Frontscheibe zu suchen.
Doch leider sei das Glasgeschäft an den Betrieben des Kfz-Gewerbes bisher vorbeigegangen. Das solle sich jedoch bald ändern. „Mit prominenten Partnern konzipieren wir ein EDV-Programm, das unsere Servicemitarbeiter durch den gesamten Abwicklungsprozess der Glasschadenbearbeitung führt“, versprach Hülsdonk. Er rechnet damit, dass der ZDK den Servicebetrieben das IT-System bereits im nächsten Jahr zur Verfügung stellen wird. Damit habe der Verband für die Mitgliedsbetriebe ein System geschaffen, mit dem sie den Wettbewerb mit den selbst ernannten Glasspezialisten aufnehmen können.
Schadensteuerung
Auch das Karosserie- und Lackgeschäft solle in den Händen des Kfz-Gewerbes bleiben. Doch das Thema „Unfallschäden“ gäre weiter. Nach wie vor stünden die Versicherungsunternehmen unter ungeheurem Prämiendruck, sagte der Bundesinnungsmeister und erklärte: „Durch die Geiz-ist-geil-Kündigungen der Versicherungsnehmer schmilzt das Prämienvolumen seit Jahren. Dieser Trend ist ungebrochen. Was die Versicherer auf der einen Seite an Geld verlieren, wollen sie auf der anderen Seite beim Unfallschaden einsparen.“ Der ZDK bleibe am Thema dran und rede mit den Restwertbörsen genauso wie mit den Sachverständigen-Organisationen. Mit großer Aufmerksamkeit beobachte der Verband auch den Markteintritt des ADAC als Versicherer. Was der ADAC gestern noch kritisierte, betreibe er heute selbst: die Schadensteuerung in ausgewählte Partnerwerkstätten.
Technische Daten
Gute Nachrichten brachte der Bundesinnungsmeister und Vizepräsident des ZDK aus der Verbandsarbeit auf europäischer Ebene mit: „Ab dem 3. Januar 2009 müssen die Fahrzeughersteller über ein standardisiertes Format im Internet allen Werkstätten den uneingeschränkten Zugang zu den Reparatur- und Wartungsinformationen gewähren.“ Unter diesen technischen Daten seien alle notwendigen Informationen für die Diagnose, Inspektion, regelmäßige Überwachung, Reparatur und Neuprogrammierung zu verstehen. Ermöglicht wurde der freie Zugang durch die Abgasgrenzwerte für Euro-5- und Euro-6-Fahrzeuge sowie durch die Bestimmungen für die Typengenehmigung und -zulassung.
Die Fahrzeughersteller geben ihre Reparatur- und Wartungsinformationen im ersten Schritt im so genannten OASIS-Format (Organization for the Advancement of Structured Information Standards) an alle Marktteilnehmer weiter. Mit OASIS habe der ZDK ein Loch in ein dickes Brett gebohrt, durch das er jetzt durchgucken könne. „Wir wissen, wie wichtig die technischen Informationen für die freien und fabrikatsgebundenen Kfz-Betriebe sind, und sind deswegen sehr bemüht, sie allen zugänglich zu machen“, unterstrich Hülsdonk.
Risiken und Chancen
Zudem wies er auf die strukturellen Veränderungen im Kfz-Gewerbe hin:
- Die Automobilhersteller beklagen die lahme Binnenkonjunktur.
- Die Renditen der Fabrikatsbetriebe leiden unter dem Druck der qualitativen Standards und den mörderischen Rabatten.
- Die Privatkäufe im Neuwagengeschäft sinken zum Jahresende vermutlich auf ein Drittel.
„Die Strukturveränderungen im Markt schaffen aber auch Chancen für freie Servicebetriebe“, erläuterte Hülsdonk. So ließe die momentane Absatzschwäche im Neuwagenmarkt die Fahrzeuge weiter altern. Viele Autofahrer zahlten lieber eine umfangreiche Reparatur, als sich in neue Schulden zu stürzen. „Fast 47 Millionen Fahrzeuge benötigen unseren Service. Die sich daraus ergebenen Wachstumschancen müssen wir aufgreifen und strategisch umsetzen“, so der Bundesinnungsmeister.
Als „Wassertropfen im Servicewein“ bezeichnete er die All-inclusive- und Flatrate-Angebote der Fahrzeughersteller. Wenn Inspektionen in knapp kalkulierten Monatsraten integriert seien, würde dies die Serviceerlöse der Betriebe drastisch schmälern. Vor allem sei es sehr schwierig, die Kunden später daran zu gewöhnen, dass sie für Serviceleistungen wieder Geld bezahlen müssten. „Die Renditeverluste im Service treffen zuerst die Kfz-Betriebe und letztendlich die gesamte automobile Wirtschaft“, warnte Hülsdonk.
Jede Menge Tipps, kompetente Referenten und informative Fachaussteller erwarten die Teilnehmer der 17. Fachtagung auch im nächsten Jahr. Bereits heute schon sollten sich alle Interessierten den Termin und den Ort des Branchentreffs für Freie Werkstätten vormerken: 25. Oktober 2008 im Würzburger Vogel Convention Center (VCC).
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