Elektro-SUV-Neuheit Ford Explorer: Bekannter Name, bekannte Plattform
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Ford wählt einen vorhandenen Namen und die MEB-Plattform von VW für seinen ersten elektrischen PKW aus europäischer Herstellung. Ein Rundgang um den Ford Explorer.

Ford zählt nicht zu den Pionieren der Elektromobilität. Erst im Frühjahr 2021 kam in Europa der Mustang Mach-E auf den Markt. Bislang wurden davon knapp 9.000 Stück in Deutschland zugelassen. Weitere elektrische Modelle folgten im Nutzfahrzeugsegment. Im Frühjahr 2022 verkündete Ford-CEO Jim Farley die Aufspaltung des Konzerns in Ford Blue, eine Verbrenner-Sparte, und Model E, den Part für vernetzte und elektrisch angetriebene Autos. Doch an der eigenen Plattform für E-Autos arbeitet man noch.
In Europa bedient sich Ford bei einer „Plattform eines Zulieferers aus Wolfsburg“, wie bei der Präsentation gefrotzelt wird. Der Explorer nutzt die MEB-Plattform von Volkswagen. Auch das nächste E-Auto aus europäischer Produktion wird die VW-Technik nutzen. Erst mit den elektrischen Versionen von Puma und Kuga kommt eine eigene E-Plattform.
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Ford will mehr Emotionalität wagen
Die meisten Käufer dürfte die Plattform kalt lassen. Aussehen, Funktionen und Preis sind kaufentscheidend. Vielleicht spielt noch der Modell-Name eine Rolle. Hier geht Ford auf Nummer sicher und wählt Bekanntes. Den Explorer kennen die Kunden als ausgewachsenen Verbrenner-SUV. Um Verwechslungen zu vermeiden, wird der alte Explorer eingestellt. Es gibt dann nur noch den elektrischen Crossover-SUV.
„Hier setzen wir auf Emotionalität, die kam bei uns bislang etwas zu kurz“, sagt Murat Güler ganz offen. Er ist Fords Chefdesigner in Europa. Nun steht er in einem Düsseldorfer Fotostudio und führt Journalisten um den neuen Explorer. Der Name prangt in Schwarz fasst über die volle Breite der hohen, geschlossenen Front. Die Modellbezeichnung ist deutlich größer als das blaue Oval, Fords Logo.
Steht man vor dem E-Auto, wirkt es kräftig, aber ohne dabei aggressiv zu erscheinen. Seitlich betrachtet, hat der 1,60 m hohe Wagen eine hohe Gürtellinie. Den Eindruck unterstützen die 21-Zoll-Reifen. Da die A-Säule nicht in Wagenfarbe gehalten ist, wirkt es, als schwebe das Dach über der Frontscheibe. Die C-Säule des 4,45 m langen Explorer ziert eine Liniengrafik auf einer Glasscheibe. Trotz eines über die Heckscheibe ragenden Dachspoilers gibt es einen Heckscheibenwischer. Unter der Heckscheibe steht ebenfalls auf voller Breite der Modellname.
Ford-eigene Fahrwerksabstimmung
Die Ford-Entwickler haben als Leitfaden die eigenen Modelle in vier Kategorien unterteilt. Der Explorer gehört zu „Active Adventure“. „Wir haben das für uns als Lust am Abenteuer übersetzt“, sagt Güler. Das zweite E-Auto auf MEB-Basis sowie Puma und Kuga fallen in die Kategorie „Urban Escape“. Die dritte Kategorie heißt „Wild Performance“ und umfasst den Mustang Mach-E. Nummer vier nennt sich „Ultimate Outdoor“ mit dem Bronco.
Natürlich existieren für die Designer beim Explorer einige Restriktionen. Schließlich gibt es technische Vorgaben durch die VW-Plattform. Doch der Produktmanager mag hier nicht in die Tiefe gehen und konzentriert sich beim Rundgang auf die Dinge, die Ford verändern konnte. „Fahrwerk, Dämpfer und Lenkung haben wir nach eigenen Wünschen abgestimmt. Die Spur vorn ist etwas breiter“, sagt Produktmanager Christoph Heusgen.
Finale Werte für Reichweite und Verbrauch nennt Ford noch nicht. Doch mit Blick auf den in etwa gleich großen VW ID.4 kann man abschätzen, dass man mit der 77-Kilowattstunden-Batterie laut WLTP-Zyklus etwas über 500 Kilometer weit kommt. In unter sechs Sekunden ist der Explorer auf 100 km/h. Bei 180 km/h ist Schluss. Beim Radstand von 2,77 m und der Position des Ladeanschluss hinten rechts hatte Ford keine Wahl. Auch die Fahrmodi D/B am Hebel neben dem Lenkrad kennt man von VW. D ist der normale Fahrmodus, mit B erhöht man die Rekuperationsleistung.
Explorer mit drei Motorvarianten
Die Kölner bieten den Explorer mit einem permanent-erregtem Synchronmotor an der Heckachse mit 125 kW(170 PS und kleiner Batterie (52 kWh) sowie 210 kW/286 PS Motorleistung und größerer Batterie an. Die dritte Variante verfügt neben der großen Batterie über einen Asynchronmotor an der Frontachse. Die Allrad-Version hat eine Systemleistung von 250/340 PS kW. Optional wird eine Wärmepumpe angeboten, die in der kalten Jahreszeit den Reichweiteneinbruch minimieren soll. Am Wechselstromanschluss lädt das E-Auto dreiphasig mit 11 kW. Am HPC-Lader wird mit bis zu 170 kW geladen. Laut Hersteller dauert es 25 Minuten von 10 bis 80 Prozent der Ladekapazität. Die Nutzer erhalten eine Ladekarte für das Blue Oval-Ladenetzwerk mit 400.000 Ladepunkten in Europa. Darunter sind auch 400 HPC-Schnelllader von Ionity.
Zu den Fahreigenschaften lässt sich noch nichts sagen. Auch beim Innenraum benötigt man die Fahrbewegung für eine solide Einschätzung. So bleibt im Fotostudio nur ein kurzes Probesitzen im Explorer. Das Lenkrad ist oben und unten abgeflacht. Das erleichtert den Blick nach vorn als auch das Ein- und Aussteigen. Hinter dem Lenkrad dominiert als Blickfang eine Soundbar, die auf dem Armaturenbrett ruht. In der Komfort-Ausstattung sind die Vordersitze mit integrierten Kopfstützen beheizbar, genau wie das Lenkrad. Eine Massagefunktion sorgt für Entspannung im Lendenwirbelbereich. Zu den optionalen Elementen zählen ein Panoramaglasdach, LED-Matrix-Scheinwerfer und Reifen mit 19, 20 oder 21 Zoll Durchmesser.
Die Besonderheit bei der Innenausstattung ist der Privat Locker. Der große Bildschirm im Hochkant-Format (14,6 Zoll) lässt sich verschieben. So entstehen unterschiedliche Neigungen, die dem gewünschten Blickwinkel von Fahrer und Beifahrer entsprechen. Außerdem kann man den Bildschirm anheben. Dahinter verbergen sich knapp zwei Liter Stauraum für Wertsachen. Wird der Wagen verriegelt, ist auch der Bildschirm verriegelt. Von außen sind die Wertsachen nicht zu sehen. Im Schließfach befinden sich zwei USB-C-Anschlüsse, so dass elektrische Geräte geladen werden.
Auf der Ablage in der Mittelkonsole vor dem Bildschirm gibt es eine induktive Ladefläche. Das Staufach in der Mittelkonsole ist mit 17 Liter Volumen ein Platzwunder. Hier passt mühelos ein Laptop hinein. Durstige Menschen bringen drei 1,5-Liter- und eine 1,0-Liter-Flasche stehend unter. Die Trennelemente im Fach lassen sich entnehmen und beispielsweise im Winter als Eiskratzer einsetzen. Doch bei einem E-Auto dürfte man auf die Vorheiz-Funktion in der App setzen. Auf die Sync-Software-Funktionalitäten konnte man noch keinen Blick werfen. Wer das Ford-Menü nicht mag, kann kabellos sein Smartphone via Android Auto oder Apple Car Play für Navigation oder Medienwiedergabe nutzen.
Die Fahrassistenten des Level 2 nutzen fünf Kameras, drei Radar- und zwölf Ultraschallsensoren zur Fahrerunterstützung. Neben dem adaptiven Tempomat mit Abstandshalter gibt es einen unterstützten Spurwechsel beim Überholen. Nach dem Parken am Fahrbahnrand achten die Sensoren auf von hinten kommende Verkehrsteilnehmer. Optische und akustische Warnungen machen den Fahrer vor dem Öffnen der Tür darauf aufmerksam.
Für Gepäck bietet der Kofferraum 450 Liter Stauraum. Daraus werden 1.400 Liter, wenn die geteilte Rückbank umgeklappt ist. Weiteren Stauraum unter der Fronthaube gibt es nicht. Doch haben die Ford-Ingenieure das Pannenset in der Front untergebracht, so dass im Kofferraum mehr Stauraum zur Verfügung steht.
Preise ab 45.000 Euro
Neben dem Hellblau des Modells im Fotostudio wird der Explorer in den Farben Rot, Weiß, Schwarz und Grau angeboten. Der Ford Explorer startet zu Preisen ab rund 45.000 Euro. Reservierungen sind direkt möglich, Bestellungen werden ab September abgearbeitet und erste Auslieferungen sollen noch vor Weihnachten 2023 erfolgen. Ford investiert zwei Milliarden US-Dollar in den Ausbau seines Kölner Standorts zum Electrificaton Center Europe.
Ab Mitte 2024 läuft hier neben dem Explorer das zweite E-Auto auf MEB-Plattform vom Band. Es wird ein sportliches Crossover-Modell sein. Volkswagen hat Mitte März bekannt gegeben, dass Ford seine Bestellung der MEB-Plattform auf 1,2 Millionen Stück über eine Laufzeit von sechs Jahren verdoppelt hat. Das Kölner E-Werk ist auf eine Fertigungskapazität von 200.000 Fahrzeugen pro Jahr ausgelegt. Bis 2026 will Ford mehr als 600.000 E-Autos in Europa verkaufen. Die Zulassungszahlen vom Mustang Mach-E waren also erst ein vorsichtiger Anfang.
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