Gericht schätzt merkantile Wertminderung
Trotz vollständiger und ordnungsgemäßer Instandsetzung erleidet ein Unfallwagen eine merkantile Wertminderung. Dieser Vermögensschaden ist von der gegnerischen Versicherung zu ersetzen.
Anbieter zum Thema

Ein Autofahrer, dessen Fahrzeug bei einem Verkehrsunfall beschädigt wird, hat trotz vollständiger und ordnungsgemäßer Instandsetzung Anspruch auf Ausgleich des merkantilen Minderwerts. So hat das Landgericht (LG) Saarbrücken in einem aktuellen Urteil vom 4. Februar entschieden (AZ: 6 O 263/11).
Das Landgericht (LG) Saarbrücken hatte in einem Fall zu entscheiden, bei dem der Geschädigte aus einem Verkehrsunfall Ansprüche gegen die verpflichtete Haftpflichtversicherung geltend machte. Aufgrund deren zögerlicher Regulierung erhob der Geschädigte Klage hinsichtlich der Zahlung der Schadenpositionen, unter anderem einer merkantilen Wertminderung in Höhe von 450 Euro.
Nach Anhängigkeit der Klage zahlte die beklagte Versicherung zunächst einen Vorschussbetrag, die weiteren Zahlungen erfolgten sukzessive während des Prozessverlaufs – bis auf die merkantile Wertminderung, deren Erstattung die Beklagte ablehnte. Das LG Saarbrücken holte die Einschätzung eines Sachverständigen ein und sprach dem Geschädigten auf Basis dieses Gutachtens eine merkantile Wertminderung in Höhe von 400 Euro zu.
Zu den Urteilsgründen
„Beim merkantilen Minderwert handelt es sich um eine Minderung des Verkaufswerts einer Sache, die trotz vollständiger und ordnungsgemäßer Instandsetzung allein deshalb verbleibt, weil bei einem großen Teil des Publikums, vor allem wegen des Verdachts verborgen gebliebener Schäden, eine den Preis beeinflussende Abneigung gegen den Erwerb besteht. Diese Wertdifferenz stellt einen zu ersetzenden unmittelbaren Vermögensschaden dar (BGH NJW 2005, 277).
Bei der Bemessung des merkantilen Minderwerts sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere Alter, Fahrleistung und Erhaltungszustand sowie Marktsituation und Marktgängigkeit des Fahrzeugs, ferner Art und Ausmaß des Schadens. Auch eventuelle Wertverbesserungen durch die Reparatur sind einzubeziehen. Die genaue Höhe des merkantilen Minderwerts ist nach freier tatrichterlicher Überzeugung gemäß § 287 ZPO im Wege der Schätzung zu ermitteln“, so der Bundesgerichtshof (BGH).
Unter Anwendung dieser Grundsätze schätzte das Gericht die Wertminderung des streitgegenständlichen Fahrzeugs infolge des Unfalls gemäß § 287 ZPO auf einen Betrag von 400 Euro. Grundlage der gerichtlichen Schätzung waren die Ausführungen des Sachverständigen. Dieser hatte nach Ansicht des Gerichts den merkantilen Minderwert des streitgegenständlichen Mercedes SLK Roadster „detailliert, in sich schlüssig und in jeder Hinsicht überzeugend“ ermittelt. Bei der Ermittlung der Wertminderung habe der Sachverständige - basierend auf seiner langjährigen Erfahrung als Gutachter und konkreten Marktrecherchen - insbesondere die objektiven Marktverhältnisse, den örtlichen Markt und die Marktgängigkeit des Fahrzeugs berücksichtigt und kam so auf eine Wertminderung zwischen 300 und 450 Euro.
Weiterhin verurteilte das LG Saarbrücken die beklagte Versicherung zur Zahlung von Verzugszinsen hinsichtlich der vom Kläger vorgeleisteten Gerichtskosten. Damit stellte das Gericht klar, dass sich die Versicherung mit der Regulierung in Verzug befand.
(ID:38831500)