Gottfried-Schultz-Gruppe: Mit dem Käfer groß geworden
Die Gottfried-Schultz-Gruppe ist der größte Volkswagen-Partner in Deutschland. An 28 Standorten handelt das Unternehmen acht Marken.

Mit einem Kultauto schrieb Gottfried Schultz im Juli 1946 Automobilgeschichte: Kurz nach dem zweiten Weltkrieg lieferte der Händler damals den ersten VW-Käfer an einen privaten, nicht-militärischen Kunden in Essen aus. Bis zu seinem Produktionsende 1978 verkaufte die nach ihrem Gründer benannte Gottfried-Schultz-Gruppe rund 500.000 Einheiten des Klassikers. „Der Käfer war die entscheidende Vitamintablette für das Wachstum unseres Unternehmens,“ sagte Schultz' Schwiegersohn Robert Rademacher, der ab Anfang der 70er Jahre Vorsitzende der Geschäftsführung der Gruppe war, bis er 2006 seinen Posten an Nicholas J. Dunning abgab.
Die Geschichte des heute nach eigenen Angaben größten privaten Volkswagen-Partners in Deutschland begann mehr als 20 Jahre vor der historischen Käfer-Auslieferung. 1924 begann Gottfried Schultz in Duisburg Gebrauchtwagen und Importautos der amerikanischen Marke Nash zu verkaufen. Acht Jahre später ergriff er die Chance, Horch-Vertragshändler zu werden. In Folge der Weltwirtschaftskrise war der Zwickauer Hersteller dazu gezwungen, sich von einigen Standorten zu trennen. Der im Jahr 1903 geborene Schultz schlug zu, übernahm die Horch-Niederlassung in Essen und verlegte gleichzeitig seinen Firmensitz in die Stadt an der Ruhr. Weil Horch mit Audi, Wanderer und DKW zur „Auto Union“ fusionierte, handelte Gottfried Schultz wenig später dann auch die Marken Audi und DKW sowie Phänomen, eine sächsische Lieferwagenmarke.
1939 unterschrieb Gottfried Schultz dann einen „Hauptwerkstätten-Vertrag“ mit Volkswagen für das Gebiet Essen und Niederrhein. Nach dem Krieg arbeitete Schultz mit dem unter britischer Verwaltung stehenden Volkswagenwerk zusammen und wurde schließlich für den Service der VW Käfer engagiert, die bei der Armee im Einsatz waren. Wenig später expandierte der Händler und gründete eine erste Niederlassung in Düsseldorf und später Verkaufsbüros in Opladen und Moers sowie eine weitere Niederlassung in Mettmann.
Frühe Markenspezialisierung
Eine weitere Premiere für Gottfried Schultz gab es 1968 – der Händler eröffnete in Ratingen-Lintorf das erste deutsche Großhandelsvertriebszentrum für Volkswagen und Audi NSU nach amerikanischem Vorbild und verlegte wiederum seinen Firmensitz. Unter der Abkürzung „V.A.G“ wurden Vertrieb und Service von VW und Audi lange Zeit unter einem Dach abgewickelt. Ende der 80er vollzog das Unternehmen einen Kurswechsel – die Modellpaletten der beiden Fabrikate waren zu vielfältig geworden, um sie gemeinsam zu präsentieren.
Die Gottfried-Schultz-Gruppe, deren Gründer 1980 im Alter von 77 Jahren verstorben war, trieb die Markenspezialisierung voran und baute 1989 das erste Audi-Zentrum Deutschlands in Essen. Vorhandene Betriebe baute die Gruppe zu Ein-Marken-Autohäusern um, errichtete neue Filialen und übernahm Partnerbetriebe in der Umgebung. Ziel der Markenspezialisierung ist es, den Kunden durch spezialisierte Verkäufer und Mechaniker besseren Service und individuellere Betreuung bieten zu können.
2004 entstand unter Federführung der Gottfried-Schultz-Gruppe das Großprojekt „Automeile Höherweg“ in Düsseldorf. Die Gruppe selbst war dort bereits seit mehreren Jahren mit dem Volkswagen-Zentrum-Nordrhein, dem nach eigenen Angaben größten VW-Zentrum Deutschlands, zugegen. Auf einem 150.000 Quadratmeter großen Areal siedelten sich auf der Automeile mehr als 20 verschiedene Automobilmarken mit Verkauf und Service nebeneinander an. Hinzu kamen Einrichtungen wie das Düsseldorfer Straßenverkehrsamt, der TÜV, ADAC, die Dekra und Autovermieter. Gottfried Schultz vertritt am Höherweg neben VW, VW Nutzfahrzeuge und Skoda seit 2002 zusätzlich die Automarke Bentley.
Handel mit acht Marken
Mittlerweile ist die Gottfried-Schultz-Gruppe auf über 28 Betriebe im Rhein-Ruhr-Gebiet angewachsen und handelt dort acht Marken des Volkswagen-Konzerns:
- VW
- Audi
- Skoda
- Seat
- VW-Nutzfahrzeuge
- Bentley
- Porsche
- Bugatti
Für die Marke Seat hat die Gruppe Anfang 2016 einen neuen Standort in Dormagen eröffnet. Der 400 Quadratmeter große Schauraum befindet sich im Gewerbepark „Top West“, quasi als Erweiterungsbau des Skoda-Betriebs der Gruppe, der dort bereits bestanden hatte. Das Gelände war mit 8.500 Quadratmetern groß genug, um auch die Schwestermarke präsentieren zu können. Der Betrieb startete in einem „spannenden Wettbewerbsumfeld“, wie es Centerleiter Marco Teichert ausdrückte. Auf der umgebenden Automeile konkurriert das Autohaus mit etablierten Betrieben und auch im Umkreis ist Seat bereits gut vertreten.
Eine weitere Eröffnung feierte die Gottfried-Schultz-Gruppe im Herbst 2017. Nach einer rund 24-monatigen Umbauzeit präsentierte das Unternehmen das Volkswagen-Zentrum Wuppertal am Standort Uellendahler Straße in aktueller Corporate Identity mit komplett neu gestalteter Werkstatt und Serviceannahme. Ein Schwerpunkt in der Planung des Umbaus lag auf der Fahrzeugpräsentation: 2.587 Quadratmeter stehen dem Neuwagenverkauf nun zur Verfügung, um circa 100 Fahrzeuge zu zeigen. Die Ausstellungsfläche für Gebrauchtwagen hat das Unternehmen mit 4.425 Quadratmetern außerdem vervierfacht, sie bietet nun Platz für rund 200 Fahrzeuge.
Im April 2018 vergrößerte sich die Gottfried-Schultz-Gruppe zudem durch die Übernahme der Max-Moritz-Standorte an der Weststraße in Hagen von der Wellergruppe. Schultz handelt dort die Marken VW, VW Nutzfahrzeuge, Skoda und Audi.
Auch für die Zukunft schließt der Traditionshändler, dessen Firmensitz sich noch immer in Ratingen befindet, Neubauten und Übernahmen nicht aus. Wenn andere Autohandelsbetriebe die bestehenden Standorte ergänzen und für die Gruppe einen Mehrwert erwirtschaften könnten, dann sei das Unternehmen interessiert. „Wenn es aber nur mehr Umsatz ohne mehr Ertrag bedeutet, dann nein. Schließlich wollen wir nicht nur eine absatzstarke, sondern eine erfolgreiche Gruppe bleiben“, sagt Nicholas Dunning.
Insgesamt hat Gottfried Schultz in den letzten Jahren sehr viel Geld in die Markenauftritte der 28 Standorte der Autohandelsgruppe investiert. Jedoch seien, wie Dunning erläutert, Investitionen ab einer gewissen Firmengröße ein kontinuierlicher Prozess. Das bedeute, dass man – kaum mit einem Standort fertig – gleich mit dem nächsten Betrieb weitermachen müsse. Im Jahr 2017 standen beispielsweise neben dem VW-Zentrum Wuppertal das dortige Skoda-Autohaus und der Seat-Standort in Essen-Kray auf der Agenda des Unternehmens. Wenn die Investitionen wohl überlegt seien, zahlten sie sich aber laufend aus.
Kontinuierliches Wachstum
Über die letzten Jahre ist die Gruppe organisch stark gewachsen, obwohl sie heute über weniger Standorte verfügt als vor 10 Jahren. Trotz Auswirkungen der VW-Abgasaffäre schaffte es Gottfried Schultz 2017, Umsätze und Fahrzeugverkäufe im Vergleich zum Vorjahr noch einmal zu steigern. Rund 62.600 Autos haben die mehr als 1.900 Mitarbeiter auf die Straße gebracht und damit einen Umsatz von über 1,7 Milliarden Euro erwirtschaftet.
Geführt wird die Gruppe neben Nicholas J. Dunning, Vorsitzender des Vorstands Porsche, Bentley und Großkunden, von Harald Fähr, Vorstand Verwaltung und Finanzen, Markus Ludewig, Vorstand Audi, Seat und Gebrauchtwagen sowie von Jürgen Schönbrunn, Vorstand Volkswagen, Skoda und Aftersales.
Dass die Führung gemeinsam mit dem Team auf einem erfolgreichen Weg ist, verdeutlicht auch ein Blick auf das Servicegeschäft. Dieses Geschäftsfeld wächst bei der Autohausgruppe seit sieben Jahren deutlich. Dieses Wachstum führt das Unternehmen auf eine konsequente Kundenorientierung und vor allem auf Effizienz- und Produktivitätssteigerungen in den Werkstätten der Gruppe zurück.
Eine positive Entwicklung lässt sich auch im Gebrauchtwagengeschäft feststellen, das heute ganz anders aufgestellt ist als in der Vergangenheit. „Vor einigen Jahren war der Verkauf von Gebrauchtwagen alles andere als ein Ertragsbringer. Wir haben in den Betrieben an vielen Stellschrauben gedreht und haben heute in all unseren Häusern einen stabilen Gebrauchtwagenprozess. Das gilt für die Instandsetzungskosten ebenso wie für die Umschlagshäufigkeit sowie das standortübergreifende Gebrauchtwagenmanagement“, erläutert Dunning.
Vielfältige Kundenansprache
Die Gruppe ist sowohl im Privatkunden- als auch im Flottengeschäft aktiv und betreut mehrere hundert Geschäftskunden in insgesamt sieben Großkunden-Leistungszentren. Nach eigenen Angaben gehören zu den Kunden Konzerne wie Bayer, Eon, Henkel oder Thyssenkrupp.
Um Firmen und potentielle Kunden auf sich aufmerksam zu machen, engagiert sich das Unternehmen nicht nur mit neuen Betrieben, sondern auch mit einer Vielzahl an Aktionen. In den vergangenen Jahren beteiligte sich die Gruppe zum Beispiel an der Fuhrparkmesse „Flotte – der Branchentreff“ in Düsseldorf, bei der es sich um eine der bundesweit größten Fuhrparkmessen handelt. Außerdem war Gottfried Schultz bereits mehrmals bei den Classic Days in Schloss Dyck, der größten deutschen Oldtimer-Veranstaltung, dabei. 2017 hatte die Gruppe 700 ausgewählte Kunden zu dem Branchentreff eingeladen, bei dem mehr als 40.000 Besucher anwesend waren. Darüber hinaus organisiert Gottfried Schultz eigene Veranstaltungen. Zum jährlichen Classic Tag im Porsche-Zentrum Wuppertal kamen zuletzt rund 1.600 Besucher.
Ein großes Thema in den Gottfried-Schultz-Autohäusern ist die individuelle Betreuung der Kunden. „Unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass die persönliche Behandlung unserer Kunden auch in großen Betrieben gewährleistet ist. Das ist eine Herausforderung, auf die wir bei Gottfried Schultz gerne eingehen“, sagt Dunning.
Den direkten Dialog mit den Kunden aufrecht zu erhalten, hat für die Gruppe deshalb eine hohe Priorität – in den Betrieben, aber auch online. Die Kundenkommunikation schließt heute selbstverständlich die neuen Medien mit ein. Im letzten Jahr hat das Unternehmen insbesondere seine Facebook-Aktivitäten noch einmal gebündelt und verstärkt. Auch auf Youtube ist die Gruppe mit einem eigenen Kanal vertreten und lädt dort regelmäßig Videos hoch. „Die neuen Medien sind in den letzten Jahren ein fester Bestandteil des traditionellen Automobilhandels geworden, und wir sind in diesen Kanälen vertreten. Wir nutzen sie, um mit unseren Kunden im Gespräch zu bleiben“, erklärt Dunning.
Dabei sei es wichtig, zu interagieren. Der Handel könne nicht nur seine Produkte und Dienstleistungen im Netz darstellen, sondern müsse auch die Äußerungen der Kunden ständig beobachten und entsprechend reagieren, um etwaige Probleme zufriedenstellend zu lösen.
Anpassung an den Markt
Um den Kunden immer die passenden Produkte bieten zu können, ist es für die Gruppe wichtig, Entwicklungen in der Branche genau zu beobachten und neue Geschäftsbereiche professionell zu entwickeln. Dazu gehört zum Beispiel die Elektromobilität. In diesem Bereich hat das Unternehmen in den letzten Jahren aufgerüstet – man stehe Gewehr bei Fuß, um die richtigen Angebote zu haben, wenn sich das Geschäft stärker entwickelt. Dunning betont: „Hier gilt, wie für unser ganzes Geschäft, dass wir den Rahmenbedingungen eine sehr hohe Aufmerksamkeit zollen müssen, denn Veränderungen im Marktverhalten unserer Kunden erfolgen oft schnell.“ Die kontinuierliche und flexible Anpassung an den sich wandelnden Markt sei ein wichtiger Faktor, nicht nur für das aktuelle Geschäft, sondern auch für zukünftige Erfolge.
Dabei dürfe man nicht vergessen, so Dunning, dass sich der Automobilmarkt in Deutschland in einem Verdrängungswettbewerb befinde. Er ist davon überzeugt, dass sich der Markt weiter konsolidieren wird und es 2025 weniger, dafür aber tendenziell größere und professionellere fabrikatsgebundene Händler geben wird. Die Zukunft der Gottfried-Schultz-Gruppe sieht der Geschäftsführer dabei optimistisch: „Ich bin überzeugt, dass wir gute Voraussetzungen haben, um auch auf Dauer zu den Besten zu gehören und damit erfolgreich im Wettbewerb zu bestehen.“
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