Haftpflichtschaden: Aufwände für Desinfektion sind erstattbar
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Zusätzliche Kosten der Reparatur nach einem Kfz-Haftpflichtschaden aufgrund von Desinfektionsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie sind erstattbar. Dies hat als eines der ersten Gerichte kürzlich das Amtsgericht Heinsberg bestätigt.

Die Argumentation des Amtsgerichtes (AG) Heinsberg vom 4. September.2020 ist kurz und prägnant. Die Abrechenbarkeit solcher Kosten beziehungsweise die Berechtigung, diese als Schaden einzufordern, war in der letzten Zeit heftig umstritten. Manche Versicherer lehnten die Erstattbarkeit mit dem Hinweis ab, dass die Sars-CoV-2-Viren eben nicht durch Schmier-Infektion übertragen würden.
Andere Versicherer regulierten einen geringeren Betrag, teilweise lediglich in Höhe von 20 bis 30 Euro. Das Urteil des AG Heinsberg (AZ: 18 C 161/20) sorgt hier nunmehr für Klarheit.
Heinsberg war das erste Epizentrum der Corona-Pandemie in Deutschland – das hat sicherlich dazu beigetragen, dass in dieser Region eine besondere Sensibilisierung für die Gefahren der Pandemie stattfand. Völlig zurecht stellte das Heinsberger Gericht dann auch die Unzumutbarkeit der Übergabe eines nicht desinfizierten Fahrzeugs an den Kunden fest.
Geht man im Übrigen auf die Seite des Robert-Koch-Institutes, so findet sich dort durchaus der Hinweis, dass eine Übertragung von SARS-CoV-2-Viren durch Schmier-Infektionen (Kontaktübertragung) nicht ausgeschlossen werden kann. Allein schon das bloße Risiko einer solchen Übertragung ist zweifelsohne ausreichend, um entsprechende Desinfektionsmaßnahmen – wie sie auch in jedem Restaurant und sonstigen öffentlichen Einrichtungen bestehen – zu rechtfertigen.
Es müsste hier allerdings hinterfragt werden, ob dies nur für die Desinfektion nach erfolgter Reparatur gelten kann. Dies wäre eigentlich widersinnig. Denn auch schon bei der Übergabe des Fahrzeugs an die Werkstatt geht es ja darum, Dritte – in diesem Fall die Werkstattmitarbeiter und sonstige am Fahrzeug des Kunden beschäftigte Mitarbeiter – vor Infektionen zu schützen. Konsequenterweise wäre demgemäß eine Desinfektion bei Annahme und vor Herausgabe des Fahrzeugs notwendig und sinnvoll. Die weitere Entwicklung der Rechtsprechung bleibt hier abzuwarten.
Versicherung kürzte um 61 Euro
Im konkreten Fall erlitt der Fahrer unverschuldet einen Verkehrsunfall und ließ sein Fahrzeug in einer Werkstatt reparieren. Die Reparaturrechnung machte er als Unfallschaden geltend. Hier entstanden ihm Kosten in Höhe von 3.262,39 Euro, wovon die verklagte unfallgegnerische Haftpflichtversicherung 60,87 Euro kürzte. Diese Kosten bezogen sich auf zusätzliche Maßnahmen im Rahmen der Fahrzeugdesinfektion nach durchgeführten Reparaturarbeiten.
Die Klage war vollumfänglich erfolgreich. Das AG Heinsberg stellte fest, dass es sich bei diesen von der Werkstatt berechneten Kosten der Desinfektion des verunfallten Fahrzeugs nach der Reparatur um erforderlichen und ersetzbaren Schaden handelt. Es bestehe ein Anspruch des Klägers auf vollständigen Ausgleich der Reparaturkostenrechnung. Insbesondere seien auch die Kosten für eine Fahrzeugdesinfektion zu erstatten.
„Eine solche ist in Zeiten der Corona-Pandemie nach erfolgter Reparatur eines Fahrzeugs, die ein Berühren des Fahrzeugs durch Dritte erfordert, notwendig. Der Betrag ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden, sondern für den anfallenden Material- und Arbeitseinsatz angemessen (§ 287 ZPO).“
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