IAA: Starker Auftritt von Hankook und Co.
Die drei koreanischen Reifenhersteller Hankook, Kumho und Nexen liefern sich auf der IAA in Frankfurt einen heißen Kampf um den beeindruckendsten Messeauftritt.

Wie gewohnt ist die Reifenbranche nicht vollzählig auf der Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt vertreten. Aus der Topliga nutzen Michelin und Bridgestone die Chance, sich der Presse und der Öffentlichkeit zu präsentieren, und Continental hat immerhin am Rande seines umfangreichen Fahrzeugkomponentenangebots auch ein paar Reifen ausgestellt. Dazu kommt noch Vredestein auf einem Gemeinschaftsstand mit dem Tuner Hamann. Mit Abwesenheit glänzen Goodyear-Dunlop und Pirelli.
Umso auffälliger ist deshalb der Konkurrenzkampf, den sich die drei südkoreanischen Konzerne Hankook, Kumho und Nexen mit ihren Messestände liefern.
Hankook: Faszinierende Reifenstudien
Ohne Zweifel der Primus unter den drei Marken und längst in der Premiumliga angekommen ist Hankook. Zur IAA konnte sich das Unternehmen nicht nur über schöne neue Erstausrüstungsaufträge mit Stern oder Propeller freuen (beispielsweise für die neue Mercedes S-Klasse, den Mercedes E 350 Bluetec und den BMW 5er), sondern hatte auch mehrere echte Neuheiten für das Modelljahr 2014 mitgebracht. Dazu gehören:
- der Ventus S1 evo² SUV, ein Straßenprofil für sportliche Allradfahrzeuge
- der Ventus V12 evo², ein sportlicher Umrüst-Breitreifen
- der Ventus Prime² und der Kinergy Eco in neuen Varianten mit AA-Label
- der Kinergy 4S, ein neuer Ganzjahresreifen
Als Studie zeigten die Koreaner das luftlose Rad-Reifen-Konzept I-Flex. Seine tragende Struktur besteht aus einer Vielzahl von organisch verbundenen Speichen, die sich unter Belastung verformen. Gleichzeitig soll I-Flex den Rollwiderstand senken und die Fahrsicherheit erhöhen – und bunt einfärben lassen sich die Speichen auch.
Noch viel weiter weg von der Serienfertigung waren vier futuristische Reifenideen, die Hankook in einer actionreichen Videosequenz zeigte. Dazu gehört E-Membrane – ein Reifen, der seine Aufstandsfläche je nach Fahrsituation vergrößern oder verkleinern kann.
Kumho: Neuer Entwicklungselan
In den letzten Jahren hat die Entwicklung von Hankooks wichtigstem einheimischen Konkurrenten Kumho ein wenig stagniert. Doch nun startet das Unternehmen in Europa neu durch: Kumho hat sein Entwicklungszentrum von England nach Deutschland verlegt und den renommierten Reifenexperten Peter Becker als technischen Leiter verpflichtet. Rund 20 Mitarbeiter kümmern sich unter ihm um Erstausrüstungsaufträge und neue Produkte.
In Frankfurt zeigte Kumho – Zufall oder nicht – ebenso wie Hankook vier Science-Fiction-mäßige Konzeptreifen. Aber auch Produktneuheiten, die ab Frühjahr 2014 erhältlich sein werden, waren auf der IAA erstmals zu sehen. Dazu gehörten die beiden rennstreckentauglichen UHP-Decken Ecsta PS91 und Ecsta V720 sowie das HP-Modell Solus HS51 und der neue SUV-Reifen Crugen HP91. Mit zwei extrem unterschiedlichen Ausstellungsautos – dem Mini Cooper JCW GP und einer Mercedes G-Klasse – zeigte Kumho zudem die Bandbreite seiner Erstausrüstungsaufträge.
Nexen: Extrem ehrgeiziger Neuling
Der unbekannteste im koreanischen Trio dürfte Nexen sein. Doch trotzdem darf man das Unternehmen nicht für einen asiatischen Billiganbieter halten. Mit einem ungewöhnlich großen IAA-Stand untermauerte Nexen seine Ambitionen in Europa. Sechs neue Produkte waren dort zu sehen: die UHP-Modelle N’Fera SU1, SU4 und RU1, die SUV-Reifen Roadian AT RA8 und HTX RH5 sowie der neue Standard-Winterreifen Winguard WH2.
Auch in der Erstausrüstung ist das koreanische Unternehmen aktiv: Außer bei Hyundai und Kia sind Nexen-Reifen unter anderem bei Fiat, Chevrolet und Mitsubishi in Gebrauch, und in Reifentests konnte sich der Newcomer bereits über die ersten „befriedigenden“ und „guten“ Noten freuen. Aus dem Duell zwischen Hankook und Kumho in der koreanischen Reifenindustrie könnte also bald ein Dreikampf werden.
Doch auch die anderen Reifenhersteller hatten auf der IAA einiges zu bieten. Michelin stellte den Motorsport in den Mittelpunkt: Auf dem Messestand enthüllte der FIA-Präsident und Ex-Ferrari-Rennleiter Jean Todt einen Monoposto der neuen Firmula E – einer Rennserie mit elektrisch angetriebenen Fahrzeugen, die ab September 2014 jährlich zehn Läufe auf Stadtkursen absolvieren soll.
Michelin: Reifen für die Formula E
Michelin liefert für diese Rennserie Niederquerschnittsreifen, die sich ungewöhnlicherweise in ihrer Dimension an Straßenpneus orientieren – Hinweis auf einen Trendwechsel im Formelsport, wo immer noch „Ballonreifen“ dominieren?
Die Michelin-Konstruktion für die Formel E hat außer dem 18-Zoll-Format noch eine weitere Besonderheit: Es gibt nur noch einen profilierten Reifen für trockene und nasse Fahrbahn – also keinen Slick mehr. Mit diesem Reifen will Michelin den Techniktransfer von der Rennstrecke auf die Straße wieder in Gang bringen, der mittlerweile vollkommen zum Erliegen gekommen ist, weil es zwischen Formel 1 und Alltag praktisch keine Gemeinsamkeiten mehr gibt.
Erste Ableitung dieser Strategie ist der neue Sportreifen Michelin Pilot Sport Cup 2, der auf der IAA seine Premiere erlebte und gleich auf zwei der herausragenden Messeneuheiten zu sehen ist: dem Porsche 918 Spyder und dem Ferrari 458 Speciale.
Vredestein: Neuer Wintersportler
Der Bridgestone-Stand in Frankfurt ist auf die Kommunikation mit den Verbrauchern ausgerichtet und zeigte neben den modernsten Sommerreifen aus unterschiedlichen Segmenten einen separaten Bereich für die Winterreifen. Dort war ein Audi Quattro mit dem neuen, sportlichen Blizzak LM-32s zu sehen.
Die sportliche Nischenmarke Vredestein präsentiert sich auf dem Stand des Tuners Hamann. Top-Neuheit ist der Wintrac Xtreme S, der bislang schnellste Winterreifen von Vredestein. Die holländische Marke gehört übrigens zum indischen Apollo-Konzern, der seine Produkte ebenfalls in Europa vermarktet. Apollo hat jüngst den größeren amerikanischen Konkurrenten Cooper übernommen und damit den siebtgrößten Reifenhersteller der Welt geschaffen, zu dem die Marken Apollo, Avon, Cooper und Vredestein gehören. Zu den zukünftigen Aussichten für das neue Konglomerat hat »kfz-betrieb« Jaap van Wessum befragt, den Leiter Vertrieb und Marketing bei Apollo Vredestein. »kfz-betrieb« berichtet darüber in der Ausgabe 41, die am 10. Oktober erscheint.
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