A-Klasse Ich glaub mich knutscht ein Benz

Von Steffen Dominsky

Sie zielte auf Familien ab, machte aber jede Menge Senioren und Seniorinnen glücklich. Ein anfänglich „umwerfender“ Charakter schadete ihr langfristig gesehen nicht. Vor 25 Jahren erblickte die sogenannte Elch-Klasse das Licht der Welt.

Anbieter zum Thema

Insgesamt wurden über 1,1 Millionen A-Klassen der ersten Generation gebaut. Doch dieses Exemplar, den AMG A 32K, gab es nur ein einziges Mal.
Insgesamt wurden über 1,1 Millionen A-Klassen der ersten Generation gebaut. Doch dieses Exemplar, den AMG A 32K, gab es nur ein einziges Mal.
(Bild: HWA AG)

So manche(r) hat einen solchen – egal ob Mensch oder Unternehmen. Die Rede ist vom schwarzen oder Schandfleck. Eine Entscheidung, die man besser anders getroffen, ein Erlebnis, das man besser nicht gehabt hätte. Im Nachhinein schweigt man meist darüber. Beispiel Mercedes-Benz und das Motorsportjahr 1999. Genau, jenes Jahr, in dem die CLR-Silberpfeile in Le Mans statt der Konkurrenz sich selbst von der Piste fegten und besser fliegen als fahren konnten. Das Rennsportjahr 1999 existiert für die Stuttgarter sozusagen nicht. 20 Monate zuvor gab es ebenfalls ein Ereignis, das Mercedes-Benz am liebsten ungeschehen gemacht hätte. Seit diesem Zeitpunkt im Oktober 1997 weiß jedes Kind, was ein „Elchtest“ ist – aber der Reihe nach.

Bildergalerie
Bildergalerie mit 23 Bildern

Am Anfang stehen zwei Showcars: Der „Vision A 93“ sowie die darauf basierende „Studie A“ machen in den Jahren 1993 und 1994 die Öffentlichkeit vertraut mit dem neuen Fahrzeugkonzept, mit dem Mercedes-Benz in ein für die Marke neues Fahrzeugsegment startet. Unterhalb von S-Klasse und E-Klasse führen beide Konzeptfahrzeuge direkt zur A-Klasse (Baureihe 168). Diese stellt der Autobauer 1997 vor und baut sie bis 2005. Mehr als 1,1 Millionen Käufer entscheiden sich in dieser Zeit für eine A-Klasse.

Abrundung der Modellpalette nach unten

Für viele Jahrzehnte gehören die Personenwagen von Mercedes-Benz der Oberklasse und der oberen Mittelklasse an. Das ändert sich 1982 mit der Vorstellung des 190/190 E (W 201), eine kompakte Limousine, mit der die Marke das Portfolio nach unten hin erweitert. Ab 1996 startet Mercedes-Benz eine Produktoffensive: Es debütieren der Roadster SLK (Baureihe 170), die A-Klasse, das SUV M-Klasse (Baureihe 163), sowie der CLK als Coupé und Cabriolet (beide Baureihe 208). Parallel dazu kommen die Modellreihen C-Klasse, E-Klasse, S-Klasse, CL-Coupés, SL und G-Klasse in ihren jeweiligen Zyklen auf den Markt. Als Ergebnis sind die Stuttgarter breiter denn je aufgestellt.

Erste Ausführungen des Konzeptfahrzeugs Vision A 93 entwickelt der Autobauer ab 1991. Es sorgt im September 1993 auf der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt am Main für Aufsehen. Obwohl sich bis zur Weltpremiere der A-Klasse auf dem Genfer Auto-Salon im März 1997 noch manches ändert, ist das Grundkonzept bereits erkennbar. Die Gesamtlänge beträgt nur 3.350 Millimeter und liegt somit auf dem Niveau eines viersitzigen Stadtwagens. 1994 zeigt die Studie A bereits ein Design nah am Serienfahrzeug. Dazu gehört die in die C-Säule schräg nach oben verlaufene Gürtellinie. Die Länge wächst gegenüber dem Vision A 93 um 225 Millimeter und beträgt nun 3.575 Millimeter.

Sicherheit auf dem Niveau der E-Klasse

Die A-Klasse ist nicht nur die erste serienmäßig produzierte Mercedes-Benz-Personenwagenbaureihe mit Frontantrieb, gleichzeitig verkörpert sie die markentypische passive Sicherheit: Das Sandwichkonzept führt zu einem in dieser Fahrzeugklasse bisher nicht gekannten Sicherheitsniveau. Dabei sind Motor, Getriebe und Achsen vor und unter dem Fahrzeugboden untergebracht. In dem patentierten geradlinigen Verbund von Längs- und Querträgern sind Batterie, Auspuffanlage und Kraftstofftank sicher platziert. Die Sandwichbauweise bietet den Insassen zudem einen hohen Schutz bei Frontal- und Seitencrashs. Im Fall eines heftigen Frontalaufpralls schiebt sich die schräg eingebaute Motor-Getriebe-Einheit unter den Passagierraum. So erreicht die passive Sicherheit der A-Klasse das Niveau der E-Klasse.

Aufregung dann kurz nach Produktionsbeginn im Oktober 1997: Bei einem nicht standardisierten Fahrversuch („Elchtest“) in Schweden kippt eine A-Klasse um. Mercedes-Benz reagiert und rüstet alle Fahrzeuge der Baureihe serienmäßig mit dem Elektronischen Stabilitätssystem ESP sowie dem Automatischen Brems-Assistenten BAS aus. Hinzu kommen eine straffere Feder-Dämpfer-Abstimmung, ergänzt durch eine Tieferlegung der Karosserie sowie Reifen der Größe 195/50 R15 statt der ursprünglichen Dimension 175/65 R15. Alle 18.000 bereits ausgelieferten Fahrzeuge werden für die Kunden kostenfrei umgerüstet. Mit ESP, BAS, Airbags und Sidebags in den vorderen Türen, Gurtstraffern und Gurtkraftbegrenzern ist die A-Klasse so gut ausgestattet wie sonst kein anderes Fahrzeug des Segments. Damit ebnet sie den Weg zur branchenweiten Verbreitung dieser Systeme für die aktive Sicherheit insbesondere in kleineren Fahrzeugen.

(ID:48126238)