Käufer kann illegales Radarwarngerät zurückgeben
Das Widerrufsrecht besteht nach Ansicht des BGH auch bei einem wegen beiderseitiger Sittenwidrigkeit nichtigen Fernabsatzvertrag, bei dem es um den Kauf eines Radarwarngeräts geht.
Das Widerrufsrecht besteht auch bei einem wegen beiderseitiger Sittenwidrigkeit nichtigen Fernabsatzvertrag, bei dem es um den Kauf eines Radarwarngeräts geht (Fortführung des Senatsurteils vom 23. Februar 2005 - VIII ZR 129/04, NJW 2005, 1490).
Teil des europaweit geltenden Verbraucherschutzrechts ist ein 14-tägiges Rückgaberecht für Gegenstände, die am Telefon oder im Internet bestellt werden. Es wurde mit dem §312d BGB in das deutsche Zivilrecht übernommen. In dem vorliegenden Fall (Urteil vom 25.11.2009, AZ: VIII ZR 318/08) musste der Bundesgerichtshof (BGH) entscheiden, ob ein Käufer von diesem Recht auch dann Gebrauch machen darf, wenn er von Anfang an wusste, dass der gekaufte Gegenstand in Deutschland verboten ist.
Der Käufer bestellte nach einem telefonischen Werbegespräch im Jahre 2007 einen Pkw-Innenspiegel mit einer unter anderem für Deutschland codierten Radarwarnfunktion zu einem Preis von etwa 1.100 Euro. Der Käufer wurde durch einen Vermerk auf dem Bestellschein darauf hingewiesen, dass solche Geräte in Deutschland verboten sind. Als der Käufer das Gerät 10 Tage nach Erhalt zurückschicken wollte, verweigerte der Verkäufer die Annahme und die Rückzahlung des Kaufpreises. Er berief sich darauf, dass das Rückgaberecht ausgeschlossen sei, weil der Verkauf eines verbotenen Gegenstandes sittenwidrig sei. Er berief sich dazu auf ein Urteil aus dem Jahre 2005, das für einen sachlich gleich gelagerten Fall eine Kaufpreisrückforderung ausschloss.
Der BGH stellte jetzt aber klar, dass bei Anwendbarkeit des §312d BGB das Widerrufsrecht des Käufers auch dann besteht, wenn er die Sittenwidrigkeit des Vertrages kennt. Der Verbraucherschutzgedanke geht dann vor.
Aus der Urteilsbegründung:
Der Sinn des Widerrufsrechts beim Fernabsatzvertrag besteht darin, dem Verbraucher ein an keine materiellen Voraussetzungen gebundenes, einfach auszuübendes Recht zur einseitigen Loslösung vom Vertrag in die Hand zu geben, das neben und unabhängig von den allgemeinen Rechten besteht, die jedem zustehen, der einen Vertrag schließt. Dies kommt etwa im Erwägungsgrund 14 der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (ABl. EG Nr. L 144 S. 19) zum Ausdruck, wonach das Widerrufsrecht nicht die im einzelstaatlichen Recht vorgesehenen Rechte des Verbrauchers berührt. Dementsprechend hat der Verbraucher etwa ein Wahlrecht, ob er einen Fernabsatzvertrag nach §§ 312d, 355 BGB mit der Rechtsfolge einer Rückabwicklung nach §§ 346 ff. BGB widerruft oder ob er den Vertrag – gegebenenfalls – wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung gemäß §§ 119 ff., 142 BGB anficht und sich damit für eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung nach §§ 812 ff. BGB entscheidet (ebenso v. Westphalen/Emmerich/ v.Rottenburg, aaO; Bülow/Artz, aaO). Es besteht unter dem Gesichtspunkt des bei einem Fernabsatzvertrag gebotenen Verbraucherschutzes kein Grund, den Verbraucher schlechter zu stellen, wenn der Fernabsatzvertrag nicht anfechtbar, sondern nach §§ 134, 138 BGB nichtig ist. Auch in einem solchen Fall rechtfertigt es der Schutzzweck des Widerrufsrechts, dem Verbraucher die Möglichkeit zu erhalten, sich von dem geschlossenen Vertrag auf einfache Weise durch Ausübung des Widerrufsrechts zu lösen, ohne mit dem Unternehmer in eine rechtliche Auseinandersetzung über die Nichtigkeit des Vertrages eintreten zu müssen. Auch bei einer etwaigen Nichtigkeit des Vertrages hat der Verbraucher deshalb grundsätzlich die Wahl, seine auf den Abschluss des Fernabsatzvertrags gerichtete Willenserklärung zu widerrufen oder sich auf die Nichtigkeit des geschlossenen Vertrags zu berufen.
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