Kein Märchen: Mercedes-Werkstatt mit 250 Plätzen

Autor / Redakteur: Stefan Grundhoff / Jens Rehberg

Der Ausnahme-Automarkt in den reichen Golfstaaten präsentiert sich nach schwierigen Jahren spektakulärer denn je.

Service-Bereich des größten Mercedes-Händlers der Welt in Abu Dhabi.
Service-Bereich des größten Mercedes-Händlers der Welt in Abu Dhabi.
(Foto: Grundhoff)

Radwan Ogali kennt seine Pappenheimer aus dem Eff-Eff. „Wir kommen mit den Autos kaum nach“, sagt der Leiter des Brabus-Stützpunktes Middle East, „wir bauen die Autos daher hier mittlerweile auch. Heißt, wir kaufen die Grundmodelle beim Mercedes-Händler in Dubai oder Abu Dhabi und machen daraus dann zum Beispiel Fahrzeuge wie den Brabus B 63-620. Insgesamt verkaufen wir rund 50 Autos pro Jahr. Die Hälfte wird lokal umgebaut.“

Das Erfolgsrezept von Brabus in den Vereinigten Arabischen Emiraten ist eine perfekte Marktanpassung. Nirgends passen die PS-Protze aus Bottrop besser hin. „Unsere Techniker hier kommen alle aus Deutschland“, unterstreicht Radwan Ogali, „so garantieren wir die gleiche Qualität, die unsere Kunden aus der Bottroper Firmenzentrale kennen.“

Bildergalerie
Bildergalerie mit 17 Bildern

Die Brabus G-Klasse ist nach wie vor einer der großen Bestseller, erzählt Ogali und zeigt auf zwei schwarze und eine weiße G-Klasse von der Familie des Scheichs, die derzeit gewartet und mit mehr Leistung bestückt werden. „Am besten laufen die Zwölfzylinder wie der Brabus G V12“, so Ogali.

Das sieht bei Kamal A. Rafih, Chef des größten Mercedes-Autohauses der Welt in Abu Dhabi, rund 140 Kilometer weiter südwestlich, nicht viel anders aus. Sein Büro ist schlicht eingerichtet: großer Schreibtisch, Computer, iPad, Ledersofa und Bürostuhl – viel mehr gibt es nicht. „Wir hatten 2009, 2010 und auch Anfang 2011 schwere Zeiten“, erzählt der freundlich lächelnde Kamal A. Rafih, „doch mittlerweile läuft es wieder prächtig. 2012 war klasse und 2013 könnte ein Rekordjahr werden.“ Die Erfolgsmodelle sind die gleichen wie bei Edeltuner Bodo Buschmann und seinem Unternehmen Brabus. „Wir verkaufen besonders gut die neue S-Klasse und natürlich den G-Geländewagen. Absolutes Volumenmodell ist der E 300. Vierzylinder fährt hier keiner und alle wollen mittlerweile eine Limousine mit viel Leistung und Allradantrieb.“

Die Kennzahlen des größten Mercedes-Händlers der Welt, der Emirates Motor Company, stehen in großen Lettern in der verglasten Rotunde, wo sich die neuen Modelle im Sonnenlicht räkeln, zu lesen: 4.500 Quadratmeter Verkaufsraum, 7.000 Quadratmeter Ersatzteillager, 550 Tiefgaragenplätze und ein Servicecenter mit unglaublichen 21.000 Quadratmetern Arbeitsfläche. „Wir haben in unserer Werkstatt 250 Stationen, wo wir gleichzeitig an den Fahrzeugen arbeiten können“, erläutert Rafi, „2009 wurde dieses neue Center vor den Toren von Abu Dhabi gebaut. Wir haben sogar einen eigenen Werkstattbereich für Nobelmodelle wie Mercedes SLS, SLR und Maybach.“

Wenn es allerdings um Verkaufszahlen geht, wird der Firmenchef schmallippig. „Dazu sagen wir nichts.“ Bei Mercedes gibt es kaum bessere Informationen. 2012 wurden in der Region Mittlerer Osten knapp 20.000 Fahrzeuge verkauft – ein Rekordjahr. Bis Ende August dieses Jahres verkaufte Mercedes knapp 13.000 Fahrzeuge an die Kunden – die meisten bei der Emirates Motor Company. Wer einen Rundgang um die Hauptstelle des Autohauses macht, denkt eher an ein kleines Autowerk. Zudem gibt es noch vier Filialbetriebe.

Dennoch können Premiumhersteller wie Porsche, Audi, BMW und Mercedes oder Edeltuner wie Brabus in den Vereinigten Arabischen Emiraten nicht den ganzen Markt abdecken. Dort, wo Geld noch nie eine ernsthafte Rolle spielte, wollen die Kunden einfach mehr. „Auffallen um jeden Preis kann man mit einem normalen Auto hier nicht – so teuer er auch ist“, sagt Richard Lindup, der die Folierfirma Foilacar in Dubai leitet.

In der unscheinbaren Garage in einem Gewerbegebiet von Dubai stehen unter anderem eine Mercedes S-Klasse, ein Nissan GT-R, ein Aston Marton Vanquish sowie ein Porsche 911 GT2 und zwei Bugatti Veyron – alle foliert. Während der düstere GT2 seinem lokalen Spitznamen „Witwenmacher“ in einem matten Schwarz noch alle Ehre macht, präsentiert sich einer der 1.200 PS starken Bugatti im Wert von über eine Million Euro in Chrom mit roten Applikationen. „Mit einem Veyron kann man hier in diese Kreisen nichts mehr reißen“, erklärt Richard Lindup, „viele haben einen. Daher wird der Wagen foliert und Chrom ist nach wie vor der letzte Schrei.“

Bildergalerie
Bildergalerie mit 17 Bildern

Immer mehr Wagen werden in den Emiraten gar nicht gefahren, sondern im glühend heißen Sommer nach Europa gebracht, wo die Scheichfamilien überwintern. Da müssen die neuesten automobilen Spielzeuge natürlich mit. „Mit einem Honda oder einem Toyota muss man bei uns nicht ankommen. Die machen wir nicht“, sagt Lindup trocken, „wir haben genug zu tun und folieren nur exklusive Autos. Wir waren 2007 die ersten, die in Dubai mit dem Folieren angefangen haben.“ Das Preisspektrum beginnt bei rund 18.000 Dirham für eine einfache Folie bis zu über 50.000 Dirham (umgerechnet etwa 10.000 Euro) für einen Luxussportler, der in fünf bis sieben Tagen Arbeit ein Chromdress verpasst bekommt.

Dass der Automarkt in den Emiraten wieder boomt, sieht man auch bei Alain Class. Denn hier bekommt der Autofan alles, was sein Herz begehrt, auf einen Blick. „Bei uns kann man vergleichen. Wir haben die Luxusautos aller Marken unter einem Dach“, berichtet Verkaufsmanager Imran Ali Khan, „wir können alles besorgen.“ Weltweit werden die neuesten Autos aufgekauft und dann in die Emirate oder an Kunden in der ganzen Welt verkauft. „Ferrari hat in Dubai vielleicht gerade nur einen 458er in weiß im Showroom“, zeigt Khan auf seine Schar an Luxusmodellen, „wir haben meist mehrere Modelle des Typs zur Auswahl und können sofort liefern. Warten will hier keiner.“

In dem wenig auffälligen Verkaufsraum nahe der Scheich-Zayed-Schnellstraße in Richtung Abu Dhabi stehen mehrere Mercedes SLR, SLS, Rolls-Royce, Dodge Viper, Mercedes G-Klassen sowie das gesamte Lamborghini-Programm. „Der Ford GT da oben ist auch schon reserviert“, lacht Imran Ali Khan. Firmenchef Abdulla Al Ketbi hat einst sein Hobby zum Beruf gemacht: „Ich habe mich schon immer für Autos interessiert und mir Sport- und Geländewagen gekauft. Dann wollten immer mehr Freunde, dass ich ihnen auch solche Autos besorge. Das läuft jetzt seit 1995.“ Sein privater Fuhrpark umfasst 35 bis 40 Autos. So genau weiß das Abdulla Al Ketbi gar nicht. „Doch mein Lieblingsauto ist der Porsche Cayenne Turbo. Ein besseres Auto gibt es hier für den Alltag doch nicht.“ Die Uhren in den Emiraten gehen eben etwas anders.

(ID:42349233)