Klassik vs. Moderne: Rapide im Doppelpack
Mit Aston Martin assoziiert man schnittige Sportwagen. Doch die Briten haben auch eine sportive Limousine im Angebot, die über eine lange Tradition verfügt. Zeit für eine Begegnung des Fünf-Meter-Riesen mit dem Ur-Rapide.

Großer Viertürer, einhundert Prozent Oberklasse-Ausstrahlung, sonor-schnaubender Sound – jetzt darf gerätselt werden. Dass der oberflächlich Autointeressierte diese Limousine namens Rapide aus dem Hause Aston Martin identifiziert, ist ähnlich wahrscheinlich wie die Chance, auf freier Wildbahn überhaupt einmal einem Exemplar zu begegnen. Denn es wurden nur 55 Fahrzeuge dieses raren Briten gebaut, der durch seine waagerecht angebrachten Scheinwerfer („Chinese Eyes“) recht markant auftritt.
Unter der auffällig gestreckten Motorhaube arbeitet der vom polnischen Ingenieur Tadek Marek überarbeitete, inzwischen auf vier Liter Hubraum gebrachte Reihensechszylinder (Lagonda-Motor) – ein Aggregat, das ursprünglich von Walter Owen Bentley entwickelt wurde. Eine wahrlich nette Idee von David Brown, auf der Basis eines veritablen Sportwagens eine Familienkutsche auf die Räder zu stellen.
Und er kam damit Maserati zwei Jahre zuvor – die Italiener verfolgten mit dem Quattroporte ein ähnliches Konzept in den frühen Sechzigern. Allerdings war der Rapide mit rund 57.000 Mark hierzulande ziemlich teuer. Maserati bot seinen Quattroporte trotz zweier Zylinder mehr für 49.500 Mark an. Nur um die Verhältnisse einmal klarzustellen: Ein maximal luxuriöses Mercedes 300 SE Cabriolet war 1964 für 33.350 Mark zu ergattern. Kein Wunder, dass der auf Wunsch von David Brown als Lagonda vermarktete Rapide nach so wenigen Exemplaren eingestellt wurde.
Genießen wir eine Ausfahrt mit dem Ur-Rapide. Auf der Website www.lagonda-rapide.com darf der stolze Rapide-User in einer Datenbank nachschauen, was sein Fahrzeug im Laufe seines inzwischen schon langen Lebens alles mitgemacht hat. Dort kann man beispielsweise nachlesen, dass unsere Leihgabe vom niederländischen Raritäten-Händler Houtkamp bereits eine Lenkrad-Verpflanzung über sich ergehen lassen musste und mittlerweile linksgesteuert durch die Lande rollt. Das macht es zumindest dem ungeübten Fahrer britischen Kulturguts etwas leichter, auf die Wurzelholz-Massen zu blicken, die das mächtige Armaturenbrett zieren.
Der umgerechnet 239 PS starke Vierliter hat keine Probleme, die trotz Aluminium-Einsatz 1,7 Tonnen wiegende Limousine wuchtig in Fahrt zu bringen. Mit der Drehmomentkeule aus dem Touren-Keller schiebt der fast quadratische Sechszylinder mächtig an und schlägt sonor-wummernde Töne an. Etwas behäbig findet der Schalthebel des manuellen Viergang-Getriebes seinen Weg in die richtigen Gassen. Immerhin weilt man bequem auf den dick gepolsterten Rindshaut-Fauteuils.
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