Mercedes-Transporter: Auf die Umbauer kommt es an

Autor / Redakteur: Wolfgang Pester / Jens Scheiner

Die Individualisierung ist bei Transportern das Maß der Dinge. Auf einer Spezial-Messe zeigten Ausrüster vor kurzem ihre Varianten, die nahezu jeden erdenklichen Kundenbedarf abdecken können.

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Der Pritschenwagen Oberaigner 6x6 schließt mit einer Nutzlast bis vier Tonnen, die Lücke im Sieben-Tonnen-Segment am Markt der leichten Transporter.
Der Pritschenwagen Oberaigner 6x6 schließt mit einer Nutzlast bis vier Tonnen, die Lücke im Sieben-Tonnen-Segment am Markt der leichten Transporter.
(Foto: Daimler)

Die Individualisierung ist bei Transportern das Maß der Dinge. Deshalb arbeiten die Autohersteller mit unterschiedlichsten Experten zusammen, um dem Gewerbekunden das passende Fahrzeug zu liefern.

Welchen Stellenwert diese Kooperationen erreichen, erläuterte jüngst der Leiter des Daimler-Geschäftsbereichs Mercedes-Benz Vans, Volker Mornhinweg. Er beziffert den Aus- oder Aufbauanteil durch Spezialbetriebe bei allen neu zugelassenen Sprintern weltweit auf rund 50 Prozent; in den USA, wo für den Sprinter 2016 ein Produktionswerk errichtet wird, sind es sogar 75 Prozent. Beim Vito betrage die Umbaurate etwa 25 Prozent und der Citan erreiche einen Wert von rund 20 Prozent.

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Die Spezialausrüster tragen so wesentlich zum Erfolg von Mercedes-Benz Vans bei. Bis einschließlich September 2015 etwa sind mehr als 220.000 Einheiten ausgeliefert worden – ein Plus von sechs Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. „Unser Umsatz für die ersten neun Monate des Jahres lag mit acht Milliarden Euro um elf Prozent im Plus – das EBIT konnten wir sogar um 19 Prozent auf 642 Millionen Euro steigern.“

Aufbauhersteller sind notwenig

Und es soll wirtschaftlich weiter bergauf gehen. Denn seit 2012 sind die Stuttgarter mit dem Citan als Full-Line-Anbieter unterwegs – vom Stadtlieferwagen bis zum großen Van. „Für uns wäre es unmöglich, alle diese Lösungen im Alleingang anzubieten“, sagte Mornhinweg auf dem „Tec-Forum Clever Bodybuilder Solutions 2015“ in Hamburg. Er verwies darauf, dass bei Mercedes-Benz Vans weltweit rund 3.500 Aufbauhersteller registriert sind. Rund 1.500 Firmen davon befassen sich mit dem Werkstattausbau und dem Aufbau von Baufahrzeugen auf Basis der gelieferten Einheiten von Mercedes-Benz.

Einen Einblick gaben Mercedes-Benz Vans und seine Partner auf dem Tec-Forum mit mehr als vierzig aus- und aufgebauten Fahrzeugen auf Basis von Sprinter, Vito und Citan. Die Angebotsbreite reichte dabei von Ambulanzwagen bis zur Zweiradwerkstatt.

Zu den Neuheiten gehören Umbauten für Menschen mit eingeschränkter Mobilität, die Mercedes-Benz Vans 2016 ab Werk liefert. Die Stuttgarter bieten dies unter der Bezeichnung „Van Solution“ – so wird es beispielsweise sowohl für den Stadtlieferwagen Citan als auch für die Großraumlimousine der V-Klasse auf Wunsch Fahrhilfen geben. Mit Lenkraddrehknauf über ein Handbediengerät für Gas und Bremse bis zum Multifunktionsdrehknopf – als funkbasierte Fernbedienung für Licht, Blinker und Scheibenwischer – ist eine Vielzahl von Handicaps auszugleichen. Die Fahrhilfen werden im Mercedes-Car-Modification-Center im Werk Sindelfingen eingebaut.

Regelmäßiger Informationsaustausch

Generell läuft alles, was mit Aus- und Aufbauten zu tun hat, im Mercedes-Aufbauhersteller-Zentrum zusammen. Für dessen Leiter Peter Strobach ist es das Bindeglied zwischen Daimler und den Aufbauherstellern (ABH). Die ABH erhielten alle relevanten technischen Daten zu Sprinter, Vito & Co. – und zwar in der Regel bereits während der Entwicklungsphase neuer Modelle. So werde laut Strobach sichergestellt, „dass unsere Fahrzeuge und die jeweiligen Anpassungen nahtlos ineinandergreifen“.

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Als Informations- und Kommunikationsplattform in der Zusammenarbeit mit den Aufbauherstellern der Stuttgarter wird das ABH-Portal des Geschäftsbereichs genutzt. Das derzeit überarbeitete Portal ist seit 2004 online und arbeitet mit dreizehn Sprachen. Inzwischen sind dort fast 6.000 Hersteller aus über 86 Ländern registriert. Mehr als 20.000 Besuche und 2,2 Millionen Seitenaufrufe pro Monat unterstreichen die enge Beziehung zwischen Mercedes und den Herstellern von Aus- und Aufbauten.

Sollte beispielsweise eine Drive-by-Wire-Steuerung in Autos für Menschen mit eingeschränkter Mobilität die Richtlinie nicht einhalten, wird speziell überprüft. Verträgt sich die Aufbaulösung mit dem Grundfahrzeug, stellen die ABH-Experten eine sogenannte Unbedenklichkeits-Bescheinigung aus.

Der Sprinter als Alleskönner

Was die Basis für den Umbau ist, verdeutlicht in der Vielfalt der Sprinter. Er ist Synonym für Transporter mit rund 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht und bietet eine sehr große Vielseitigkeit: Drei Radstände, vier Längen, drei unterschiedliche Dachhöhen sowie das zulässige Gesamtgewicht von drei Tonnen bis fünf Tonnen geben dem Umbauspezialisten viele Möglichkeiten.

Mercedes-Benz Vans kann mit den ABH-Partnern für nahezu jeden Bedarf ein Fahrzeug anbieten. Das belegten die Fahrzeuge auf dem Tec-Forum – wie zum Beispiel der Oberaigner 6x6 auf Sprinter-Basis – eindrucksvoll. Mit einer Nutzlast bis vier Tonnen, extremer Traktion und der Verwendung von Großserientechnik von Mercedes schließt Oberaigner die Lücke im Sieben-Tonnen-Segment der leichten Transporter.

Der Rettungswagen WAS 500 ist ein Sprinter 516 Blue-Tec mit einem Kofferaufbau aus Sandwichwänden und beschichteter Alu-Außendeckschicht. Alle Türen und Klappen werden fast lautlos elektrisch zugezogen, um Lärm vom Kranken abzuhalten. Neu ist eine in die Decke integrierte Desinfektionsanlage, die den Behandlungsraum von Keimen und Krankheitserregern befreit.

Oder auch der Senzati Jet: Luxus in höchster Ausprägung präsentiert der englische Ausrüster in einem Sprinter 519 Blue-Tec mit 7G-Tronic und langem Radstand. Von außen „Black Beauty“, selbst die Fenster im Fond sind nicht auszumachen, innen lässt sich die elektrochrome Doppelverglasung auf Knopfdruck verdunkeln – wie die üppige Dachverglasung. Zwischen Fahrerhaus und Passagierraum gibt es eine Tür. Die maximal sechs Fahrgäste sitzen in elfenbeinfarbigen Leder-„Fauteuils“ mit Massagefunktionen. Eine Bar ist ebenso an Bord wie der Wasch- und Toilettenraum im Heck. Preis: rund 320.000 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer.

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