„Prämie für E-Autos ist kein Allheilmittel“

Von Andreas Grimm

Die E-Prämie ist beschlossen, auch wenn noch die Zustimmung aus Brüssel fehlt. Was der Zuschuss bewirken kann und wie sich die Mobilität entwickelt, erläutert Karim Bortal vom Technologieberater Altran.

Karim Bortal ist Strategiemanager beim Beratungsunternehmen Altran.
Karim Bortal ist Strategiemanager beim Beratungsunternehmen Altran.
(Bild: Altran)

Redaktion: Die Bundesregierung hat sich für den Zuschuss beim Kauf eines Elektroautos entschieden. Ist der richtige Schritt in Richtung Elektromobilität nun getan?

Karim Bortal: Die Entscheidung der Regierung macht vor allem deutlich, dass die Mobilitätswende politisch gewollt ist. Höchste Priorität genießt sie jedoch nicht. Gleichzeitig werden die Hersteller mit in die Pflicht genommen, indem sie die Hälfte der Prämie eigenständig tragen müssen. Wobei dieser Anteil teilweise durch die höheren Verkaufszahlen kompensiert wird. Das Prämienpaket ist somit dynamisch, ein Kompromiss.

Wie wird sich dieser Kompromiss in den Verkaufszahlen niederschlagen – zumindest, wenn mal klar ist, ab wann die Förderung gezahlt wird?

Ich bin mir sicher, dass die Absatzzahlen im Sommer langsam aber stetig anziehen werden. Wer mit dem Gedanken spielt, sich ein elektrisches Fahrzeug anzuschaffen, hat natürlich auf eine Entscheidung in der Subventionsfrage gewartet. Diese Interessenten werden nun ein solches Fahrzeug kaufen. Ein Blick in unsere Nachbarländer dämpft die Erwartung jedoch. Franzosen, die ihr altes Fahrzeug gegen ein E-Auto tauschen, können Subventionen von bis zu 10.000 Euro erhalten. Die Elektrofahrzeuge legten infolgedessen um 81 Prozent auf 22.000 Einheiten zu.

Euphorisch machen diese Zahlen aber nicht ...

Richtig, man muss diese Zahlen in Relation zu den verkauften Autos mit Verbrennungsmotor betrachten. Dabei wird eines klar: Subventionen sind kein Allheilmittel. Die proklamierte „Millionen bis 2020“ rückt kaum näher. Attraktiv ist das Angebot vor allem für wohlsituierte Nutzer, die ein Zweit- oder Drittfahrzeug anschaffen möchten. Eine Massenerscheinung auf deutschen Straßen werden Elektroautos so in naher Zukunft also keinesfalls.

E-Auto-Prämie: Diese Autos werden gefördert
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Sind die 4.000 Euro also nicht mehr als nur ein Tropfen auf den heißen Stein?

Naja – die Subventionen sollen ja als Startschuss dienen. Die kleine Anzahl derer, die ohnehin mit einem Kauf liebäugelt, könnte sich nun überzeugen lassen. Aber jeder Autofahrer muss sich fragen, ob dieser Zuschuss für ihn das Zünglein an der Waage ist.

Wie schätzen Sie die Marktentwicklung ein?

Ich bin da sehr skeptisch. Viele Kunden werden den Verbrenner vorziehen – Elektroautos sind nach wie vor zu teuer und aufgrund der Reichweiten- und Ladezeitenproblematik schlicht zu unpraktisch. Diese Probleme können auch Hilfszahlungen nicht aus der Welt schaffen.

Mit geplanten 15.000 Ladestationen und zusätzlichen Mitteln im Bereich Batterieforschung sollen die bestehenden Probleme angegangen werden. Ist dieser Weg richtig?

Bei Subventionen stellt sich immer die Frage der Nachhaltigkeit. Allerdings braucht es einen Fingerzeig. Bislang war der Motor das Herzstück des Automobils. Dies wandelt sich nun. Software wird immer bedeutender. Deutsche Autobauer haben die Batterieforschung verwaisen lassen und müssen dringend aufholen. Insbesondere, weil die Batterie einen großen Teil der Wertschöpfung ausmacht. Der staatlich geförderte Aufbau der Ladeinfrastruktur durchbricht die „Henne-Ei-Problematik“. Ohne eine große Elektroflotte will niemand in Ladestationen investieren – ohne Ladestationen bleiben die Elektroautos Ladenhüter.

E-Auto-Prämie: Diese Autos werden gefördert
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Unternehmen suchen nach neuen Geschäftsmodellen rund um die Elektromobilität. Neue Kooperationen entstehen. Sind sie ein wegweisender Schritt?

Generell ist ein klarer Trend in unserer Industrielandschaft erkennbar – die Verflechtungen zwischen den einzelnen Branchen werden immer stärker. Inzwischen ist jeder mit jedem und alles mit allem vernetzt. Die dadurch entstehenden Daten werden zur Basis neuer Geschäftsmodelle. Auch die Mobilität der Zukunft wird gänzlich anders aussehen als heute. Konzerne werden ihr Geld zunehmend durch Dienstleistungen verdienen und verstärkt durch die Verwertung der Daten.

Wie sieht Ihrer Meinung nach Mobilität in zehn Jahren aus?

Im urbanen Bereich werden wir Mobilitätsprovider erleben. Unternehmen, die Pendlern und Passanten abgestimmte Mobilitätspakete anbieten. Wie bei der Telekommunikation werden Pakete je nach „User“-Bedarf verkauft: zum Beispiel U-Bahnfahrten, festgelegte Zugrouten, aber auch bestimmte Zeitkapazitäten für städtische Carsharing-Fahrzeuge. Intermodale Konzepte, die Sharing-Angebote über sämtliche Verkehrsmittel anbieten, treten dann an ihre Stelle.

Das klingt wie ein Abgesang aufs Automobil ...

Ja und nein, denn unterschieden werden muss zwischen urbaner Mobilität und Fernverkehr.

Gut, bleiben wir bei der urbanen Mobiliät, denn hier scheinen die meisten Probleme akut zu Tage zu treten, wie Staus und Luftverschmutzung.

Das private Automobil wird in den großen Städten mehr und mehr verschwinden. Amsterdam will bis 2025 alle Verbrenner aus der Stadt verbannen. Hier sind natürlich Lösungen für die letzte Meile gefragt. In einem solchen urbanen Kontext können E-Autos ihre Stärken ideal ausspielen. Sie verursachen lokal keine Feinstaub- und CO2-Emissionen und sind geräuscharm unterwegs.

Was bedeutet das für die Autobranche?

Neue Konzepte wie diese bieten Unternehmen große Chancen, zu Playern im Mobilitätsmarkt der Zukunft zu werden. Die Deutsche Bahn hat erst kürzlich ein Pilotprojekt gestartet: In Berlin kann das Elektroauto zur Bahnfahrt hinzugebucht werden, um auch am Zielort mobil unterwegs sein zu können. Innovative Lösungen sind weit wichtiger als die Debatte um staatliche Zuschüsse. Dies muss die Automobilindustrie erkennen und die eigenen Geschäftsmodelle anpassen. Dies wird zum Schlüsselfaktor für die Zukunftsfähigkeit der Branche.

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