E-Fuels Sprit aus Strom: Die Alternative?

Von Steffen Dominsky sp-x

Immer wieder werden E-Fuels als Alternative zur Elektromobilität ins Spiel gebracht. Für die meisten Autofahrer werden sie das aber wohl nie sein. Doch für den kleinen Kreis der Sportwagenfahrer und Oldtimerbesitzer könnte der „künstliche“ Sprit eine ökologische Lösung sein.

Porsches Plan: Zukünftig sollen von E-Fuels sowohl aktuelle als auch historische Modelle der Bestandsflotte profitieren können.
Porsches Plan: Zukünftig sollen von E-Fuels sowohl aktuelle als auch historische Modelle der Bestandsflotte profitieren können.
(Bild: Porsche)

Die Idee hinter den Designer-Kraftstoffen, die aus regenerativem Strom und CO2 hergestellt werden, ist bestechend: Weil ihre Verbrennung unterm Strich klimaneutral abläuft, macht sie den Verbrennungsmotor zwar nicht emissionsfrei, aber deutlich umweltfreundlicher. An den heutigen Autos und der bestehenden Tankstelleninfrastruktur müsste kaum etwas geändert werden, um die deutschen, europäischen und weltweiten Klimaziele einzuhalten. Die Umstellung des Straßenverkehrs auf E-Mobilität wäre nicht nötig, gleichzeitig könnten Bestandsfahrzeuge noch jahrzehntelang relativ sauber weiterbetrieben werden. Darüber hinaus eignet sich der synthetische Sprit prinzipiell dazu, überschüssigen Wind- oder Sonnenstrom in lager- und transportierbarer Form zu speichern.

In der Praxis gibt es allerdings einige Probleme. Zunächst das offensichtliche: E-Fuels sind in Deutschland und anderswo kaum verfügbar, da die Produktion strombasierter Kraftstoffe derzeit nicht über das Maß von Demonstrations- und Pilotanlagen hinausgeht. 2019 lag die Produktion, die dem Umweltbundesamt gemeldet wurde, umgerechnet in den Energiegehalt bei 0,002 Petajoule pro Jahr. Der jährliche Verbrauch von Otto- und Dieselkraftstoffen lag 1,14 Millionen Mal so hoch (Energieverbrauch im deutschen Straßenverkehr 2019: 2.274 Petajoule). Selbst der denkbar rasanteste Ausbau der Raffineriekapazitäten könnte diese Lücke in absehbarer Zeit wohl nicht schließen. Auch optimistische Prognosen rechnen nicht vor 2030 mit einer nennenswerten Produktionsmenge. Vielen Experten scheint 2050 wahrscheinlicher.

In der Theorie gut, in der Praxis eher schwierig

Die Probleme der geringen Produktionsmengen sind dabei nicht unbedingt technischer Art. Funktionierende, in Kleinanlagen testweise probierte Verfahren zur E-Fuels-Herstellung gibt es zuhauf. Rein verfahrenstechnisch scheint die Synthese keine allzu großen Hindernisse aufzuwerfen, wenn auch beispielsweise noch vergleichsweise viel Entwicklungszeit für eine CO2-Abscheidung aus der Luft in industriellem Maßstab nötig ist. Steht die komplette Produktionskette erst einmal, ließe sich neben Diesel- und Benzinvarianten sogar Erdgas auf diese Weise herstellen, das sich ebenfalls zum Betrieb von Verbrennungsmotoren eignet.

Allerdings ist die Produktion von E-Fuels aktuell sehr teuer. Ein Liter synthetischer Kraftstoff kostet zurzeit 4 bis 4,50 Euro (ohne Steuern) und ist daher zu Mineralölsprit nicht konkurrenzfähig. Mit steigender Nachfrage und günstiger Entwicklung des Strompreises könnte sich der Preis für synthetische Kraftstoffe vor Energiesteuern bis 2030 aber auf voraussichtlich 1,20 bis 1,40 Euro vor Steuern reduzieren, rechnet etwa der Automobilzulieferer Bosch vor. Das ist deutlich weniger, aber für klassische Autofahrer immer noch viel. Zum Vergleich: Der Anteil der Produktionskosten am Preis eines Liters Benzin liegt aktuell bei rund 44 Cent. Die meisten Studien gehen daher davon aus, dass die Verbraucherpreise für E-Fuels immer deutlich über dem aktuellen Niveau konventioneller Kraftstoffe liegen werden.

Industrie fordert mehr Unterstützung

Teile von Politik und Industrie setzen allerdings trotzdem auf Kostensenkungen durch Nachfragesteigerung und fordern mehr politische Unterstützung für E-Fuels. Dazu zählen etwa die Anrechnung von synthetischen Kraftstoffen auf das deutsche Erneuerbare-Energien-Ziel sowie auf die CO2-Flottengrenzwerte in Europa. Zuletzt hatte die Bundesregierung mit den Änderungen bei der Treibhausgas-Minderungsquote auf entsprechende Forderungen reagiert. Zur Förderung von E-Fuels im Straßenverkehr ist daher künftig die Anrechnung von ausschließlich mit erneuerbaren Energien hergestelltem Kraftstoff und von grünem Wasserstoff zugelassen. So soll die Weiterentwicklung der Technik schneller vorangetrieben werden.

Die Sache mit dem Wirkungsgrad

Markthochlauf und mehr Nachfrage könnten die Probleme mit Verfügbarkeit und Preis schrumpfen lassen. Doch der eigentliche Knackpunkt ist ein anderer: E-Fuel-Mobilität hat einen schlechten Wirkungsgrad, der vor allem aus der energieaufwendigen Produktion resultiert. So bleibt von 1 kWh investierter Energie nach Wasserstoff-Elektrolyse, CO2-Gewinnung, Synthesegas-, Rohöl- und schließlich Benzinherstellung gerade noch einmal 0,5 bis 0,6 kWh flüssige Energie übrig. Hätte man den Strom direkt in das E-Auto geladen, wären trotz Ladeverlusten mindestens 0,8 kWh im Akku gelandet.

Weil der E-Motor außerdem effizienter mit der Energie umgeht, fällt der Gesamtvergleich am Ende sogar noch deutlicher aus. Aus 1 kWh Strom generiert das E-Mobil eine Reichweite von rund sechs Kilometern. Ein E-Fuel-Verbrenner käme mit der gleichen Menge Energie-Input nur rund 1,5 Kilometer weit. Wo aktuell ein Windrad steht, müssten also künftig vier stehen, um die zusätzliche Strommenge für E-Fuels zu generieren. Einige Experten gehen sogar von einer sechs- bis siebenmal schlechteren Energiebilanz des Designersprits aus.

Strom aus dem Ausland

Die höhere Gesamteffizienz spricht demnach beim Vergleich von E-Fuel-Motor und E-Auto klar für letzteres. Solange Strom aus erneuerbaren Quellen knapp ist, stehen E-Fuels beim Pkw in Konkurrenz zu anderen Stromverbrauchern – nicht nur in Industrie und Haushalten, sondern auch bei anderen Verkehrsträgern. Denn für Schiffe, Flugzeuge und möglicherweise auch Lkw sind die Designer-Kraftstoffe ebenfalls interessant. Und möglicherweise alternativlos, denn Batterie-E-Mobilität ist angesichts der nötigen Reichweiten in diesen Bereichen oft nicht möglich.

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Eine Lösung des Stromproblems könnte im Ausland liegen. Gigantische Solarparks etwa in der Sahara oder im Nahen Osten würden ausreichend saubere Energie erzeugen können, um große Mengen E-Fuels günstig herstellen zu können. Bestrebungen zur Errichtung derartiger Anlagen gibt es bereits seit mindestens Anfang des Jahrtausends, bislang mit überschaubarem Erfolg – zumindest, was Energieexporte nach Europa angeht. Der Grund dafür ist klar im Rohölpreis zu suchen. Solange er im Vergleich zu Alternativen so günstig ist und nicht etwa durch CO2-Abgaben verteuert wird, ändert sich nichts an seiner Attraktivität, sprich daran, weiterhin auf billiges Öl zu setzen.

E-Fuels eher Nischenprodukt

Auch optimistische Prognosen rechnen damit, dass bis 2050 maximal ein Viertel des europäischen Strombedarfs auf diese Art gedeckt werden kann. Ob die Kapazitäten in Nordafrika, der Mongolei und an anderen Standorten für den Kraftstoffbedarf weiter Teile der Welt ausreichen würden, ist komplett offen. Die notwendige Transport-Infrastruktur für Strom fehlt darüber hinaus genauso wie alternativ Elektrolyseure oder Raffinerien vor Ort. Die ließen sich jedoch jederzeit aufbauen. Die entsprechende Infrastruktur für den Transport fertiger E-Fuels beziehungsweise ihrer Ausgangsstoffe ist wiederum vielfach bereits vorhanden.

Eine echte Option für eine klimafreundliche Verkehrs- und Energiewende sind E-Fuels für Otto-Normal-Autofahrer auf absehbare Zeit eher nicht – des Preises wegen. Eine Alternative könnten sie jedoch für alle die sein, bei denen es nicht auf den Cent ankommt. Also bei Eignern von Sport- und Luxuswagen sowie Besitzern von Oldtimern. Nicht ohne Grund engagiert sich auch Porsche sehr aktiv in Sachen E-Fuels. Schließlich lebt und pflegt der Stuttgarter Autobauer den Nimbus, dass mehr als 70 Prozent der jemals von ihm gebauten Fahrzeuge noch immer fahren. Und von dem Engagement könnten letztlich auch Fans anderer Marken profitieren – auch nicht schlecht.

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