Tokio Motorshow 2017: Japans Autovisionen
Die Zeiten, in denen die Tokio Motorshow eine weltweite Bedeutung hatte, sind schon länger vorbei. Die ehemals so wichtige asiatische Leitmesse hat den Anschluss zur Weltspitze verloren. Ein paar internationale Stars und spannende Studien gibt es in Big Sight trotzdem zu sehen.

In den turbulenten 80er Jahren zitterte die ganze Autowelt vor der japanischen Autoindustrie und in den opulenten 90ern sah es kaum anders aus. Doch so kometenhaft der Aufstieg ab Ende der 70er Jahre, umso unbedeutender ist der japanische Automarkt zumindest aus internationaler Sicht geworden. Das ist allemal schade, denn kaum ein Land hat ein derart spannendes Spektrum an Automobilen zu bieten. Von den unzähligen Kei-Cars mit winzigen Abmessungen und ebensolchen Antrieben bis hin zum Luxusmodell schlechthin, dem Toyota Century, wird einem auf der japanischen Insel alles geboten, woran man sich kaum sattsehen kann. So auch bei der aktuellen Ausgabe der Tokio Motorshow.
Nach vielen Jahren feiert der neue Century, eine Luxuslimousine vom Schlage eines BMW 760 Li oder eines Mercedes S 600 L auf der Messe Weltpremiere. Das klassische Styling ist geblieben; der überbordende Luxus auch. Statt Leder bettet man sich im Fond auf Liegesitzen unverändert im flauschigen Flockverlours, während sich der Fahrer erstmals vom imageträchtigen V12-Triebwerk verabschieden muss. Stattdessen arbeitet mit Vorderwagen ein Fünfliter-V8 mit Hybridmodul. Nur ein paar Meter weiter zeigt Toyota mit dem Concept-I in strahlendem weiß mit mächtigen Schwenktüren, dass die automobile Zukunft autonom und elektrisiert auch anders fahren und aussehen kann.
Neben der Luxuslimousine von Toyota ist das Mazda Vision Coupé Concept der große Star der Messe. Die knapp fünf Meter lange Studie gibt einen hoffentlich realitätsnahen Ausblick auf den kommenden Mazda 6. Wer sich die Proportionen des viertürigen Coupés mit der nicht enden wollenden Motorhaube, der weit nach hinten gesetzten Fahrgastzelle und dem scharfen Hinterteil sieht, mag daran zweifeln, wie diese coole Karosseriemütze mit einer Familienlimousine zusammenpassen soll. Immerhin: Gesetzt scheinen beim kommenden Mazda 6 Sechszylinder mit effizienter Skyactiv-Technologie, Hinterrad- bzw. Allradantrieb und ein Formenspiel aus konvexen und konkaven Formen. Dieses Formenspiel trägt auch die Studie des Mazda Kai in sich, die deutliche Anleihen zum neuen Mazda 3 zeigen soll, der im Herbst 2018 seine Premiere feiert.
Nissan legt bei seinem jüngst vorgestellten Elektromodell Leaf II auf der Messe eine sportliche Nismo-Variante nach und lässt SUV-Fans mit Sternenkreuzer-Ambitionen von einer Serienversion des 435 PS starken IMX träumen. Mitsubishi, mittlerweile unter Regie von Renault-Nissan, geht mit dem E-Evolution Concept sogar noch etwas weiter.
In erster Linie nationale Leistungsschau
Doch die zahlreichen Studien in den Hallen des Messezentrums Big Sight im Südosten der Stadt sollen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Tokio Motorshow in ihrer mittlerweile 45. Auflage nicht mehr derart bunt, abwechslungsreich und verrückt ist, wie noch vor ein paar Jahren. Trotzdem ist die 2017er-Auflage spannender und innovationsgetriebener als noch vor zwei oder vier Jahren.
Unverändert ist die Tokio Motorshow dabei eine nationale Leistungsschau, auf der die ausländischen Hersteller nichts zu melden haben. So satt gerade die deutschen Premiumhersteller hier im Saft stehen, um die Kundennachfragen zu bedienen, auf der Messe haben sie nichts zu bieten.
Aus dem Westen nichts Neues
Audi legt seinen neuen A8 sowie die beiden Energieriegel RS4 und RS5 auf, BMW zeigt die Konzeptstudien von Z4 und 8er sowie den neuen 6er GT. Volkswagen schreibt die Tokio-Messe mit Japan-Erstauftritten von Polo und I.D. Buzz ebenso ab wie Porsche, mit den Neuauflagen von Panamera Hybrid und Cayenne. Viele andere internationale Hersteller sind gar nicht auf der Messe vertreten.
Daimler zeigt viele bunte „Smarties“ und den vorletzten Messeauftritt der legendären Mercedes G-Klasse. Sie wird im Januar auf der Detroit Motorshow 2018 von einer komplett neu entwickelten Neuauflage mit Einzelradaufhängung und mehr Innenraumkomfort abgelöst. In Tokio wird dagegen noch einmal stürmisch für das Urgestein applaudiert – wenn auch in unglücklichem rot lackiert.
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