VW: In Zukunft ohne die kleinen Servicebetriebe

Autor Christoph Baeuchle

Volkswagen bereitet seine Servicepartner auf die Zukunft vor. In der haben allerdings kleine Werkstätten keinen Platz mehr. Betrieben, die weniger als 5.000 Werkstattstunden verkaufen, droht das Aus.

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(Foto: Wehner)

Volkswagen sieht keine Zukunft für kleine Kfz-Betriebe in seinem Servicenetz. 5.000 verkaufte Werkstattstunden „ist die kritische Größe, ab der wir für einen Servicepartner die Balance aus Investitionsvermögen und Profitabilität gewahrt sehen – wohlgemerkt auf Basis der heutigen Kostenstruktur“, schreibt Anke Köckler, Leiterin des Ressorts Service-Organisation von Volkswagen Service Deutschland, im VW-internen Partnermagazin „Dialog“, das »kfz-betrieb« vorliegt.

In dem Beitrag begründet Köckler die vorgegebene Messlatte mit entsprechenden Renditeberechnungen. Für kleinere Betriebe sieht die Serviceexpertin keinen Platz, denn für diese Betriebe „werde es sehr schwer werden, die künftig auf sie zukommenden Hürden zu überwinden“.

Welche Hürden dies im Einzelnen sind, welche Investitionen Volkswagen von seinen Servicepartnern verlangt, das lässt Köckler offen. „Wir möchten vermeiden, dass Betriebe aufgrund wachsender Anforderungen in eine wirtschaftliche Schieflage oder gar existenzielle Bedrohung geraten“.

Dass dies vor allem Familienbetriebe betrifft, die der Marke seit Jahrzehnten die Treue halten und sie in schwierigen Zeiten unterstützten, ist in Wolfsburg klar. Das ändert nichts an den VW-Plänen. Denn „aus den aktuellen Änderungen des Marktes lassen sich keine anderen Schlüsse ziehen“.

Das weitere Vorgehen lässt Köckler offen. Klar ist jedoch: „Kündigungen wird es nicht geben“, teilt ein VW-Sprecher mit. Volkswagen gehe mit diesem Thema gerade jetzt – frühzeitig – sehr offen und transparent auf die Organisation zu. VW wolle sicherstellen, „dass frühzeitig Klarheit über den weiteren Weg und die eigenen Perspektiven besteht – innerhalb oder auch außerhalb der Volkswagen Serviceorganisation“.

Dies bestätigt Dirk Weddigen von Knapp, Geschäftsführer und Vorsitzender des Volkswagen und Audi Partnerverbands, auf Anfrage von »kfz-betrieb«. Im Frühjahr hatte der Verband zu diesem Thema eine Konferenz in Kassel mit rund 600 Teilnehmern organisiert und über die neuen Standards informiert. Ein Thema seien die Rückverdienstmöglichkeiten der Servicepartner gewesen und die Möglichkeit, die geforderten Standards durch Mehrstunden finanziell zu schultern. Entsprechende Chancen für den Mehrverdienst im Service zeigte eine Unternehmensberatung auf. Aus Sicht der Partner sei es eine aufklärende und betriebswirtschaftlich orientierte Veranstaltung gewesen.

Mit den Plänen bringt Köckler ein weiteres Mal Unruhe ins Netz. Die kleinen betroffenen Betriebe nehmen die Aussagen mit großer Skepsis auf. „In Amerika werden die Kunden mit Tausenden Dollars entschädigt, die VW-Vorstände stecken sich Boni in Millionenhöhe ein, dann sollen sie uns wenigstens faire Ausgleichszahlungen anbieten“, stellt ein Inhaber eines kleinen VW-Servicebetriebs klar, der namentlich nicht genannt werden will.

Allgemeine Entwicklung in den Servicenetzen

Brancheninsider sind weniger über die Pläne verwundert – der Trend zu größeren Betrieben ist auch bei anderen Marken da, schließlich erfordern die technischen Entwicklungen häufig Investitionen. Vielmehr überrascht der Zeitpunkt der Ankündigung: mitten im größten Rückruf der Unternehmensgeschichte, bei dem Volkswagen auf jeden Servicepartner angewiesen ist.

Auch das Netz der Audi-Servicepartner könnte künftig deutlich dünner werden. Wayne Griffiths, Leiter Vertrieb Deutschland von Audi, erläuterte im vergangenen Jahr im Interview mit »kfz-betrieb« zwar, dass es auch künftig zusätzlich zu den 440 Händlerstandorten „eine Anzahl an reinen Servicestandorten geben“ werde. Klar sei aber, dass die Händler den Service als Ertragssäule bräuchten.

In den kommenden Jahren seien Investitionen in neue Technologien nötig, betonte Griffiths. Da brauche es „eine gewisse Zahl an Servicestunden, damit sich diese Investitionen rechnen“. Auch für die Servicepartner müsse das Geschäft profitabel sein. In der Branche gelte mit Blick auf die Servicestandorte „das Prinzip der qualitativen Selektion“. Wenn ein Partner die Standards erfülle, habe er das Recht auf einen Vertrag.

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