VW will im ländlichen Raum bleiben
Zunächst hatte Volkswagen geschwiegen, als Mitte März der Vorsitzende des Volkswagen/Audi-Partnerverbandes, Dirk Weddigen von Knapp, vor einer kritischen Netzausdünnung gewarnt hatte. Jetzt kommt die Entgegnung.
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Die Kernmarke des Wolfsburger Autobauers plant in Deutschland keinen Rückzug aus der Fläche. VW-Vertriebsvorstand Jürgen Stackmann trat am Donnerstag im Gespräch mit »kfz-betrieb« Aussagen des Volkswagen- und Audi-Partnerverbands entgegen, wonach im Zuge der aktuellen Vertragsverhandlungen Befürchtungen laut geworden waren, VW wolle das Händlernetz so stark ausdünnen, dass die Flächenabdeckung in Deutschland gefährdet sei.
Das deutsche Partnernetz sei vielmehr schlicht „zu granular“ aufgestellt. Die kleinteilige Netzstruktur sei eine Eigenheit gerade hierzulande – insbesondere für das künftige Handelsgeschäft mit Volkswagen müsse der einzelne Handelsbetrieb allerdings eine gewisse Größe haben. Daher sei die aktuelle Netzreduzierung nicht anders einzuordnen als die seit langem beobachtbaren Konsolidierungstendenzen.
Bereits am Vorabend des Automotive Trend Forums in Wolfsburg hatte Stackmann in einem Grußwort die Vertragspartner in den für ihn zentralen Erfolgsfaktor bei der E-Mobilität mit einbezogen: „Respekt habe ich vor der Größe ‚lokales Business‘“ – das ortsspezifische Know-how der Vertragspartner ist also laut dem Top-Manager ein hoch gehandeltes Gut in der Wolfsburger Konzernzentrale. Bleibt zu hoffen, dass sich dies auch im Verhandlungsergebnis um die neuen Händlerverträge des Herstellers niederschlägt.
Hierzu versicherte Jürgen Stackmann gegenüber »kfz-betrieb«, man mache gute Fortschritte. Der Manager ist zuversichtlich, die Meilensteine in der geplanten Zeitlinie einhalten zu können. Ende Juni sollen die Vertragsverhandlungen mit den Händlervertretern abgeschlossen sein. Ende August sollen die deutschen VW- und Audi-Händler dann die Verträge auf dem Tisch haben.
„Handel ist das Rückgrat“
„Es braucht Intensität, Reibung und auch Zeit“, so Stackmann wörtlich. Gerade sei man in einer gemeinsamen Runde mit den drei Fabrikaten VW, Audi und VW Nutzfahrzeuge ein gutes Stück vorangekommen.
Auch Konzernvertriebsleiter Fred Kappler hatte im Vorfeld des Mobilitätskongresses am Mittwochabend die Rolle der Vertriebspartner hervorgehoben: „Der Handel ist das Rückgrat unseres Geschäftsmodells“ – Kappler bezeichnete die deutschen Händler ausdrücklich als „sehr zukunftsfähig“. Auch er sprach davon, die lokale Kompetenz sei ein „Knock-Out-Faktor“ – daher wolle man mit den besten Partnern zusammenarbeiten.
Im Hinblick auf die kommende Elektro-Offensive und die fortschreitende Digitalisierung sagte Kappler, Volkswagen sei hierbei besonders auf den Handel angewiesen, um die E-Antriebstechnologie „in der Fläche zu penetrieren“. Außerdem sagte er, „beim Flashen kann auch mal was nicht funktionieren“ – in so einem Fall sei es dann gut, wenn ein Partner in der Nähe ist, der helfen kann.
In seinem Vortrag anlässlich des Automotive Trend Forums nannte Jürgen Stackmann erneut die zentralen Handlungsfelder für einen aus seiner Sicht nötigen Wandel des Vertriebs. Unter anderem sagte er zum Thema Kundenorientierung und Effizienz: „Wir lernen gerade von unseren Händlern, wo wir Unproduktivität in den Prozessen geschaffen haben“. Man werde versuchen, die Abläufe nun deutlich zu verschlanken – das gelte nicht zuletzt für die Standards.
Stackmann räumte zudem ein: „Volkswagen liebt Komplexität“ – der Kunde aber nicht, daher solle die künftige Angebotsstruktur gerade für E-Fahrzeuge ausgesprochen einfach gestaltet werden. Ein Single-Sign-On (bleibende einmalige Authentifizierung) bei dem Dienste-übergreifenden Kundenportal „Volkswagen We“ – mit mittlerweile laut VW weltweit rund 1,4 Millionen Usern – müsse zwingend funktionieren.
Im Hinblick auf Kundenloyalität mahnte Stackmann: „E-Mobile haben dramatisch weniger Servicewert“ – der Handel werde hierunter unvermeidbar leiden, sobald das E-Volumen deutlich ansteige. Handel und Hersteller müssten deshalb jetzt gemeinsam agieren, um eine größere Loyalität zu erreichen und damit die voraussichtlichen Verluste im Werkstattgeschäft zumindest teilweise auszugleichen.
In einer abschließenden Podiumsdiskussion über neue Mobilitätskonzepte machte sich ZDK-Vizepräsident Thomas Peckruhn auf der Tagung für den Individualverkehr stark. „Die meisten unserer Kunden sind auf individuelle Mobilität angewiesen“, bekräftigte der Händler. „Die deutsche Politik hat Leute verschreckt, die Diesel-Modelle gekauft haben, bietet aber keine vernünftigen und verfügbaren Alternativen.“ Länder wie Norwegen hätten gezeigt, dass konsequente staatliche Regelungen die Elektromobilität auch sichtbar voranbringen könnten.
Nach Ansicht von Thomas Peckruhn wird der stationäre Handel auch zukünftig nötig sein. Denn auch die Elektromobilität sei durchaus wartungsintensiv.
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