Widerruf eines Darlehensvertrages eineinhalb Jahre nach Fahrzeugfinanzierung
Erforderliche Pflichtangaben nicht zur Verfügung gestellt
| Autor: autorechtaktuell.de
Bei finanzierten Fahrzeugkäufen steht dem Verbraucher zusätzlich ein Widerrufsrecht zur Seite. Für den Widerruf bedarf es keines Grundes. Für den Kfz-Betrieb kann dies zu erheblichen finanziellen Einbußen führen. Dies gilt umso mehr, wenn das erworbene Fahrzeug einen längeren Zeitraum genutzt worden war. Zwar hat der Kfz-Betrieb grundsätzlich einen Anspruch auf Nutzungsvergütung. Dieser Betrag reicht allerdings häufig nicht aus, um die durch die Zulassung und Nutzung des Fahrzeugs eingetretene Wertminderung zu kompensieren.
Eine aktuelle Entscheidung des Landgerichts (LG) Berlin vom 5. Dezember 2017 zeigt, dass die von Banken genutzten Widerrufsbelehrungen nicht zwingend einer gerichtlichen Prüfung standhalten müssen. Autohäuser, die von Kunden auf Rücktritt in Anspruch genommen werden, sind gut beraten, sich von Anfang an anwaltlicher Hilfe zu bedienen.
In dem konkreten Fall erwarb der Kläger im Sommer 2014 für 22.800 Euro einen VW Touran (AZ: 4 O 150/16). Ein Teil des Kaufpreises wurde vermittelt durch das Autohaus über die Bank des Herstellers finanziert. Dem Darlehensvertrag beigefügt waren die europäischen Standardinformationen für Verbraucherkredite sowie eine Widerrufsbelehrung.
Am 30.3.2016 widerrief der Kläger schriftlich den Darlehensvertrag und forderte die Bank binnen gesetzter Frist auf, den Vertrag rückabzuwickeln. Als die Bank dem nicht nachkam, verklagte er diese und machte unter anderem die Rückzahlung von 17.300 Euro geltend (8.000 Euro Anzahlung sowie bisher gezahlte Raten).
Zur Zahlung eines Geldbetrages für die langjährige Nutzung des Fahrzeuges sah sich der Kläger nicht verpflichtet.
Der Kläger obsiegte vor dem LG Berlin teilweise. Das LG Berlin bestätigte dessen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Anzahlung nebst Raten, zog aber aus dem Darlehensvertrag geschuldete Zinsen wie auch einen Nutzungsvorteil ab.
Zunächst setzte sich das LG Berlin mit der Frage auseinander, ob der Kläger noch widerrufen konnte, nachdem die Widerrufsfrist von zwei Wochen bei Verbraucherdarlehensverträgen bereits abgelaufen war. Das LG Berlin war der Ansicht, dass die Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen habe, weil dem Kläger als Verbraucher nicht die erforderlichen Pflichtangaben zur Verfügung gestellt worden seien.
Man habe den Kläger nicht klar und verständlich über alle bestehenden Kündigungsmöglichkeiten aufgeklärt. So fehle der Hinweis, dass der Vertrag als sogenanntes Dauerschuldverhältnis aus wichtigem Grund gekündigt werden könne. Hier folgte das LG Berlin nicht der gegenteiligen Ansicht anderer Gerichte (LG Braunschweig, AZ: 6 O 1858/16; LG Stuttgart, AZ: 12 O 256/16; LG Köln, AZ: 21 O 23/17). Der Verbraucher müsse über diese Kündigungsrechte informiert werden. Dies gebiete eine Auslegung, welche sich am europäischen Recht orientiere und die Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG berücksichtige.
Nicht ausreichend gewesen seien auch die Angaben, wie die Bank die sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung im Falle einer vorzeitigen Kündigung berechne. Nicht notwendig sei zwar eine detaillierte Wiedergabe der finanzmathematischen Formel, zumindest müsse allerdings für den Verbraucher erkennbar sein, welche Modelle die Bank zur Berechnung anwenden wolle. Dahingehend beinhaltete der Vertrag zur Kauffinanzierung keine Angaben.
Zulasten des Klägers anspruchsmindernd seien allerdings die nach dem Darlehensvertrag geschuldeten Zinsen in Höhe von ca. 1.000 Euro zu berücksichtigen. Außerdem schulde der Kläger Wertentschädigung für die mit dem Fahrzeug zurückgelegten Kilometer. Der Kläger habe das Fahrzeug dauerhaft genutzt. Grundsätzlich soll der Kunde durch die Verpflichtung zur Entrichtung von Wertersatz nicht von seinem Widerrufsrecht abgehalten werden. Dies gelte allerdings dann nicht, wenn der Kunde die Ware nicht nur prüfe, wie ihm das auch in einem Ladengeschäft möglich sei, sondern auch dauerhaft nutze.