Fahrzeugdaten ZDK fordert fairen Zugang

Von Doris Pfaff

Der Plan der Automobilhersteller, wie sie den Zugriff auf die Fahrzeugdaten regeln wollen, stößt weiter auf Widerstand. Das Kfz-Gewerbe fordert eine sektorspezifische Regulierung und wendet sich mit anderen Verbänden erneut an die Bundesregierung, die dafür bei der EU werben soll.

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Schon jetzt generieren moderne Fahrzeuge ständig Daten, die sich vermarkten lassen, aber für Kfz-Betriebe unverzichtbar für Reparatur und Wartung sind.
Schon jetzt generieren moderne Fahrzeuge ständig Daten, die sich vermarkten lassen, aber für Kfz-Betriebe unverzichtbar für Reparatur und Wartung sind.
(Bild: gemeinfrei / Pixabay )

Erst im November hatte der Verband der Automobilindustrie (VDA) sein „Adaxo-Konzept“ vorlegt und seine Position erläutert, wie Autohersteller mit den Daten ihrer Fahrzeuge umgehen und wie sie diese anderen Marktteilnehmern, beispielsweise Kfz-Betrieben, Versicherungen und Behörden, zugänglich machen wollen.

Das Konzept stößt allerdings auf großen Widerstand, vor allem im Kfz-Gewerbe. „Über zukünftige digitale Geschäftsmodelle rund um das Auto dürfen nicht nur die Automobilhersteller entscheiden“, sagt ZDK-Vizepräsident Wilhelm Hülsdonk. Denn: „Alle Kfz-Betriebe, ganz gleich ob fabrikatsgebunden oder frei, sowie Unternehmen des Kfz-Aftermarkets, der Industrie und Mobilitätsdienstleister müssen gleichberechtigte Zugangsmöglichkeiten zu allen im Fahrzeug vorhandenen und dort generierten Daten und Funktionen erhalten, die den Automobilherstellern zur Verfügung stehen, und dies auf der Grundlage von wettbewerbswahrenden Kosten. Daneben muss im Sinne des Verbraucherschutzes sichergestellt sein, dass Endkunden freie Wahl bei der Auswahl ihrer Dienstleister haben“, betont er.

Das Kfz-Gewerbe hat sich deshalb mit einem erneuten Positionspapier dazu in Stellung gebracht und fordert von der Politik, den Datenzugang durch eine sektorspezifische Regulierung zu gewährleisten. Der sei mit der bestehenden On-Board-Telematikplattform umsetzbar.

Unterstützung von anderen Verbände wie ADAC, GVA, BRV und GDV

Unterstützt wird die Position auch von anderen Verbänden, darunter der ADAC, der Gesamtverband Autoteile-Handel (GVA), der Gesamtverband der Deutschen Versicherungen (GDV) und der Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk (BRV). Das neue Positionspapier ließ der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) am heutigen Donnerstag den Spitzenpolitikern und zuständigen Ministerien in Berlin zukommen, mit dem Auftrag, diese Position zu unterstützen und dafür in Brüssel zu werben.

EU-Regelung zum Datenzugriff steht aus

Zum Hintergrund: Bislang gibt es keine rechtliche Regelung darüber, wie die vielen Daten, die Autos heute produzieren, verwendet werden dürfen. Dabei liegt das Thema schon lange in Brüssel auf dem Tisch. Die von der EU-Kommission fürs dritte Quartal 2021 angekündigte Konsultation unter dem Titel „Zugang zu im Fahrzeug generierten Daten“ fand bis heute nicht statt.

Dabei brennt das Thema mit Blick auf das fortschreitende autonome Fahren unter den Nägeln. Das Interesse an den Autodaten ist groß, schließlich verraten sie sehr viel über den jeweiligen Fahrer. Die Autohersteller wollen den direkten Zugriff auf die Daten ihrer Fahrzeuge haben und sie nur kontrolliert weitergeben.

ZDK-Vizepräsident Wilhelm Hülsdonk fordert einen fairen und gleichberechtigten Zugang zu den Fahrzeugdaten.
ZDK-Vizepräsident Wilhelm Hülsdonk fordert einen fairen und gleichberechtigten Zugang zu den Fahrzeugdaten.
(Bild: Zietz/»kfz-betrieb«)

Das Kfz-Gewerbe wie auch andere Verbände befürchten, zukünftig keinen direkten Zugang mehr zu den Daten ihrer Kunden und deren Fahrzeuge zu haben, um Wartungen und Reparaturen durchführen zu können. Auch Versicherer haben großes Interesse an diesen Informationen. Die zentralen Fragen, wem die Daten gehören und wer darauf Zugriff haben darf, bedürfen deshalb der Klärung.

Um welche Daten handelt es sich? Schon jetzt verraten die von modernen Fahrzeugen gesammelten und gespeicherten Informationen eine ganze Menge, so über den Fahrstil, den Kraftstoffverbrauch, aber auch über Vorlieben des Nutzers während der Fahrt. Je weiter das automatisierte Fahren voranschreitet, desto mehr Daten wird das Auto generieren und zum Hersteller schicken.

Damit lässt sich Geld verdienen. Das Geschäft mit den Daten ihrer Autos wollen deshalb die Hersteller selbst abwickeln und haben im November ihr Adaxo-Konzept vorgestellt, Nachfolger der 2016 entwickelten Plattform Nevada. Alle Fahrzeugdaten sollen auf der neuen Plattform Adaxo (Automotive data access, extended and open) einlaufen und anschließend der Zugriff durch andere Nutzer auf ausgewählte Daten geregelt werden.

Anders als der VDA hält der ZDK das Adaxo-Konzept der Autohersteller für einen fairen Wettbewerb unzureichend, da es anderen Wettbewerbern keine gleiche Wettbewerbssituation eröffne. Denn von der Adaxo-Plattform sollen Daten ausschließlich vom Automobilhersteller als Gatekeeper gegen hohe Kosten und in mangelhaftem Umfang sowie unzureichender Qualität weitergegeben werden.

Der ZDK hält deshalb folgende Faktoren für einen fairen Wettbewerb unabdingbar:

  • Der Datenzugang darf nicht nur auf der Grundlage von vordefinierten, offenzulegenden Anwendungsfällen (Use Cases) möglich sein. Damit würden Teilnehmer des Kfz-Aftermarkets in ein Korsett gezwängt, während der Automobilhersteller vollen Zugriff auf alle Daten und Funktionen des Fahrzeugs hätte. Unter anderem drohe hier die Gefahr, dass dadurch sensible Geschäftsdaten und Geschäftsmodelle der Marktteilnehmer unrechtmäßig offengelegt und vervielfältigt würden.
  • Der direkte Kontakt im Fahrzeug zum Kunden muss gewährleistet sein, beispielsweise für die Vereinbarung einer Wartung oder im Schadensfall. Bisher ist das den Automobilherstellern vorbehalten.

ZDK hält an On-Board-Telematik fest

Im Gegensatz zum Adaxo-Konzept würden diese Faktoren durch das bereits bestehende Konzept der „Sicheren On-Board Telematik-Plattform“ (S-OTP) gewährleistet. „Durch bereits heute in Fahrzeugen vorhandene Ressourcen ist die direkte Verarbeitung der Daten im vernetzten Fahrzeug durch eine Sichere On-Board Telematik-Plattform (S-OTP) technisch und wettbewerbsgerecht umsetzbar. Das Konzept der Sicheren On-Board Telematik-Plattform (S-OTP) bedarf keiner zusätzlichen Hardware. Die S-OTP setzt sich aus einer Summe von Basisdiensten im Fahrzeug (z. B. Rechenleistung, Speicherplatz, Schnittstellen zu Aktuatoren, Sensorik (Daten)), den Schnittstellen zum Fahrer (Fahrzeugdisplay und Bedienelemente) sowie einem klaren Zugangs- und Berechtigungskonzept für eine transparente und sichere Regelung des Zugangs zu Fahrzeugdaten und -funktionen zusammen“, heißt es im vorgelegten Positionspapier.

Nun hoffen die Unterzeichner auf positive Reaktionen aus der Politik, zumal die neue Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag versprochen hat, sich für eine faire Ausgestaltung einzusetzen. Hülsdonk: „Jetzt kommt es darauf an, dass die konkrete Ausgestaltung auf europäischer Ebene im Sinne der Wettbewerbsfreiheit und der Sicherung der Auswahlmöglichkeiten der Verbraucher erfolgt. Dafür werden wir uns im Verbund mit weiteren Verbänden und Organisationen einsetzen, sowohl in Berlin als auch in Brüssel.“

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