Der Fall Porsche „P1“: Stunde der Gutachter

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Ideenklau war auch in der Gründerzeit nicht gänzlich unbekannt. Zu den vielen Unterlagen, welche die Gutachter vorlegten, gehört auch eine brisante Porsche-Notiz von 1940. Ferdinand Porsche, der 1951 starb, erinnerte sich, dass der Schwiegersohn des Kutschenfabrikanten Egger seine Entwicklung unter eigenem Namen zum Patent anmeldete. Danach hätte der Fabrikant nie wieder eine Konstruktion beim Amt eingereicht. FP verließ das Unternehmen, nachdem es Streit unter den Pionierpersönlichkeiten gegeben hatte.

Einzigartige Kontroverse

Als Restauratorin schmunzelt Gundula Tutt über den „Fetisch der Einschläge“. Sie hat die Materialien und Oberflächen des Porsche-Phaeton untersucht, zum Teil mit der Spektralanalyse. Der abblätternde gelbliche Lack konnte nicht später als 1898 aufgetragen worden sein. Nicht zuletzt, weil in diesem Jahr Kaiser Franz Josef sein 50. Thronjubiläum feierte und das Kutschenunternehmen als Hoflieferant das Gelb der Habsburger würdigen wollte. Auch die Bestandteile des Auftrags entstammen dieser Zeit, ebenso wie die Reste von Glimmer im oberen Vorbau des Fahrzeugs. Dieser mineralische Stoff wurde um die Jahrhundertwende als elektrisches Isoliermittel eingesetzt. Erste Zeichnungen des Versuchsfahrzeugs zeigen, dass hier ursprünglich die Batterie aufgesetzt worden war. Das umfangreiche Gutachten zeigt unter anderem auch Messkurven, die mit der Infrarotspektroskopie entstanden sind.

Ur-Porsche: 116 Jahre im Dornröschenschlaf
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Wenn man erlebt, welches Instrumentarium den Automobildetektiven zur Verfügung steht, um Alter, Urheberschaft und Provenienz festlegen zu können, fragt man sich, weshalb einige der namhaftesten Museen der Welt auf den berühmten Kunstbetrüger Wolfgang Beltracchi hereinfallen konnten? Ferdinand Porsche wurde nicht vom jungen Picasso inspiriert. Soviel steht wohl fest. Mit dem P1 stach man aber in ein Wespennest. Ob jetzt im Gegenzug nach den jüngsten Gutachten die Hornissen losgelassen werden, muss man abwarten. Aber: Wann je hat ein verstaubtes Vehikel eine derartige Kontroverse ausgelöst?

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