Der Wirtschaftsfaktor Oldtimermarkt braucht Fachkräfte

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Welche Rahmenbedingungen – Zugangsvoraussetzungen, effektive Weiterbildungsdauer in Stunden, Gesamtdauer in Jahren, Charakter der Abschlussprüfung – sind zu beachten?

Die Voraussetzung für die Fortbildung ist zunächst eine erfolgreich abgelegte Meisterprüfung plus der Nachweis einer mindestens einjährigen Berufspraxis. Zugelassen werden kann aber auch, wer durch Vorlage von Zeugnissen oder auf andere Weise glaubhaft machen kann, dass er Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten erworben hat, die die Zulassung rechtfertigen. Die Fortbildung wird in circa 800 Stunden erfolgen. Dabei handelt es sich um Präsenzstunden. Abhängig von den Vorkenntnissen kommen entsprechende Selbstlernstunden dazu. Ob man die Fortbildung nur in Voll- oder auch in Teilzeit absolvieren kann, ist noch nicht festgelegt. Die Struktur der Fortbildung gliedert sich in übergreifende und spezifische Qualifikationen; diese beiden Teile werden schriftlich geprüft. Sie bestehen jeweils aus drei Aufgaben, abgeleitet aus einer praxisbezogenen Situation. Ein weiterer Prüfungsteil ist die Projektarbeit, die aus der Projektierung, der Ausführung von Erhaltungs-, Restaurierungs- und Konservierungsmaßnahmen, der Dokumentation, der Präsentation und einem Fachgespräch besteht. Es gibt eine umfängliche und zusammenhängende Fragestellung zur Erhaltung des handwerklich-immateriellen Kulturerbes sowie zur Restaurierung und Konservierung des materiellen Kulturerbes. Anzuwenden sind handwerkliche Verfahren und wissenschaftliche Methoden.

Wie lässt sich der deutsche Restaurator im Kfz-Handwerk auf europäischer Ebene einordnen?

Das kann schlussendlich erst nach der Verordnung festgelegt werden. Bei der Neuordnung sind wir mit dem Anspruch auf die Einstufung DQR 7 – akademische Ebene – innerhalb des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR) angetreten. Entsprechend wurden die Inhalte definiert. Doch erst nach der Verordnung ist es die Aufgabe der Bund-Länder-Koordinierungsstelle, die Zuordnung in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis DQR auf ihre Stimmigkeit zu prüfen. Daraufhin erfolgt die Einstufung.

In der Schweiz startete im November 2015 die Weiterbildung zum Fahrzeugrestaurator mit eidgenössischem Fachausweis. Hat die schweizerische Weiterbildung eine Vorbildfunktion für den deutschen Restaurator im Kfz-Handwerk inne?

Wir wissen aus Gesprächen mit Schweizern aus der Kfz-Branche, dass die dortige Weiterbildung erfolgreich läuft. Es wäre super, wenn wir das in Deutschland in drei Jahren auch sagen können. Von daher ist die schweizerische Weiterbildung schon ein Vorbild. Allerdings müssen wir zwischen Weiterbildung und Fortbildung unterscheiden. Eine Weiterbildung ist die Fortführung des Lernens. Eine Fortbildung erhält ihre Abgrenzung zu anderen Bildungsmaßnahmen durch das Berufsbildungsgesetz. Mit einer Fortbildung qualifiziert man sich zu einer höheren beruflichen Position. Vor diesem Hintergrund ist die schweizerische Weiterbildung nicht mit dem deutschen Restaurator gleichzusetzen. In Deutschland handelt es sich um eine Fortbildung nach Paragraf 42 a HwO mit einer Abschlussprüfung vor der Handwerkskammer. Die Inhalte der fachspezifischen Weiterbildung obliegen den Sachverständigen der jeweiligen Fachrichtungen. Den Rahmen gibt das Berufsbildungsgesetz vor. Das BIBB bereitet die Neuordnung einer Ausbildungsordnung vor. Es erarbeitet die Entwürfe gemeinsam mit Sachverständigen aus der Berufspraxis, die von den Arbeitgebern und Arbeitnehmern entsandt werden. Viele im Berufsbildungsgesetz festgelegte Vorschriften für die Ordnung der Berufsausbildung beruhen auf Regelungen, die zuvor in der Ausbildungspraxis entwickelt wurden und sich dort bewährt haben.

Führt man sich die heutige Kfz-Ausbildung in Deutschland vor Augen, in der mehr Erneuern als Instandsetzen gelehrt wird, entsteht der Gedanke, dass es einem späteren Restaurator des Kfz-Handwerks schwerfallen wird, tatsächlich zu restaurieren, also materialschonend und erhaltend zu arbeiten, statt handwerklich-produzierend zu erneuern. Sieht man auch beim ZDK diese Gefahr?

Im Grunde genommen wird schon heute in den Fachbetrieben restauriert, also materialschonend und erhaltend gearbeitet. Nicht vergessen darf man, dass es rechtliche Bestimmungen und Regelwerke im Kulturerbekontext gibt; auch das Denkmalschutzgesetz greift. Da heißt es beispielsweise: Kulturerbe kultur- und handwerksgeschichtlich einordnen und sichern, aufbereiten und an die nächste Handwerksgeneration weitergeben. Auszubildende, die sich für historische Fahrzeuge interessieren, werden auch lernen, erhaltend zu arbeiten. Das eine schließt das andere nicht aus.

In diesem Zusammenhang: Die im »kfz-betrieb« Mitte Juni online veröffentlichten Sollfähigkeiten eines Restaurators im Kfz-Handwerk erwecken einen eher theoretischen als praktischen Eindruck. Ist dieser Eindruck falsch?

Nein, dieser Eindruck ist nicht falsch. Wie schon erwähnt setzt die Fortbildung den Meister voraus. Wollen wir dem Meister noch die Praxis, also sein Handwerk beibringen? Das sollte er doch beherrschen. Wir bewegen uns auf der Bildungsstufe DQR 7, was bedeutet, hier wird wissenschaftlich gearbeitet. Für Handwerker hört sich das sehr hochgestochen an. Das ist es aber nicht. Wer sich intensiv mit der Restaurierung, Konservierung, Instandhaltung, Instandsetzung etc. beschäftigt, handelt bereits wissenschaftlich, ohne es zu wissen. Zum Beispiel, wer Versuche macht, wie sich Material unter bestimmten Bedingungen verhält, hat schon wissenschaftlich gearbeitet.

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