Euro-6-Nachrüstung für Diesel? Geht doch!
Wenn Euro 6 für Diesel in Umweltzonen Pflicht wird, dann bedeutet das das Aus für viele noch fast neue Euro-5-Autos. Findige Nachrüster wie Twintec Baumot wittern schon gute Geschäfte.

Der Abgastechnikhersteller Twintec Baumot hat ein Nachrüstsystem vorgestellt, mit dem ältere Diesel die Stickoxid-Grenzwerte der Abgasnorm Euro 6 einhalten können. Und das zu vertretbaren Kosten: 1.500 Euro soll das sogenannte BNOX-System kosten, das die Stickoxide mithilfe der Selektiven Katalytischen Reaktion (SCR) abbaut. Dabei handelt es sich um die aktuell leistungsfähigste Methode zur Bekämpfung dieser Schadstoffklasse. Die Automobilindustrie hat bislang bezweifelt, dass eine solche Nachrüstung wirtschaftlich darstellbar wäre.
Der Einbau könnte sich lohnen, falls wirklich ab 2018 die sogenannte Blaue Plakette eingeführt wird. Als erste Stadt hatte Stuttgart eine solche Maßnahme ins Spiel gebracht, die zur Folge hätte, dass nur noch Dieselmotoren in die Umweltzone einfahren dürfen, die die Abgasnorm Euro 6 erfüllen. Diese ist aber erst seit September 2015 Pflicht für alle Neuwagen – ergo würden sehr viele noch neuwertige Dieselautos ihre Zufahrtsberechtigung verlieren. Auch wenn die grün-schwarze Landesregierung diese Verschärfung bereits wieder in Frage gestellt hat, wittern findige Firmen wie Twintec Baumot bereits gute Umsatzchancen – die in der Folge auch die einbauenden Kfz-Betriebe hätten.
90 Prozent weniger Nox-Emission
Das Nachrüstsystem reduziert laut Hersteller die Stickoxid-Emission um über 90 Prozent, und zwar nicht nur im Prüfstandszyklus, sondern auch im realen Fahrbetrieb. In Tests mit einem umgebauten VW Passat 1,6 TDI ergaben sich folgende Messwerte:
- Originalzustand Euro 5: 680 Milligramm pro Kilometer auf dem Prüfstand (WLTC) und 1.030 mg/km im Straßenbetrieb (RDE).
- Nachrüstung mit BNOX: 68 mg/km (WLTC) und 79 mg/km (RDE)
Damit sinken die Emissionen um 88 bis 93 Prozent und unterschreiten sowohl den Prüfstandswert der Euro 6 (80 mg/km) als auch die ab September 2017 geltenden RDE-Grenzwerte (168 mg/km).
Die Leistungsfähigkeit des BNOX-Konzepts soll laut Hersteller Folge einer neuartigen Konstruktion der Adblue-Zumischung sein. Anders als bei herkömmlichen SCR-Systemen in der Erstausrüstung wird das Reduktionsmittel nicht direkt in den Abgasstrang eingedüst, sondern in einen separaten Ammoniak-Generator. Durch diesen fließt Abgas, das aus dem Krümmer vor dem Turbolader entnommen wird und entsprechend heiß ist. Zusätzlich ist der Generator mit einem Heizkatalysator ausgestattet, um weitere Wärme zuführen zu können. Das entstandene Ammoniak wird dann über einen Mischer in den Haupt-Abgasstrang eingebracht.
Höhere Leistung bei niedrigen Abgastemperaturen
Der Vorteil dieser aufwendigen Konstruktion ist die bessere Verteilung des Ammoniaks im Abgasstrom und die höhere Leistungsfähigkeit bei niedrigen Abgastemperaturen. Der Einbau dürfte allerdings nicht ganz trivial sein, müssen doch sowohl der zusätzliche Ammoniakgenerator als auch der Adblue-Tank im Fahrzeug verstaut werden. Auch die Verrohrung und die Ausleitung des Abgasteilstroms am Krümmer klingen nicht gerade einfach. Twintec Baumot gibt eine Einbauzeit von etwa vier Stunden an.
Der Hersteller rechnet noch 2017 mit einer Entscheidung, ob die Blaue Plakette eingeführt wird, und will dann zügig Nachrüstkits für die relevanten Fahrzeuge auf den Markt bringen. Es ist anzunehmen, dass andere Nachrüstspezialisten wie HJS folgen werden.
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