Ford Siesta Fiesta – das Ende einer Ära
Ursprünglich sollte er bis 2024 in Köln vom Band laufen – jetzt endet die Produktion früher als geplant. Der Ford Fiesta zählt zu den traditionsreichsten Kleinwagenbaureihen – und war eines der erfolgreichsten Autos in Europa.

Der Autobauer Ford wird die Produktion des Kleinwagens Fiesta in Köln ein Jahr früher einstellen als bisher geplant. Die Produktion werde im Juni kommenden Jahres auslaufen, teilte die Ford-Werke GmbH am Mittwoch mit. Ursprünglich sollte der Kleinwagen bis 2024 in Köln vom Band laufen. Ein Stellenabbau sei mit dem Schritt aber nicht verbunden, betone das Unternehmen. Der Fiesta mache Platz für das neue E-Fahrzeug, das ab Ende 2023 in Köln produziert werde.
Ford habe bereits im Sommer nach den Werksferien mit einer Trainingsoffensive für die Mitarbeiter begonnen. Über 3.200 Beschäftigte würden sukzessive auf die Fertigung der neuen E-Fahrzeuge und den Umgang mit der Hochvolttechnik vorbereitet.Insgesamt wurden weltweit seit 1976 über 22 Millionen Fiestas produziert. Doch waren die Verkaufszahlen zuletzt deutlich rückläufig. Ford hatte erst im Frühjahr ein milliardenschweres Investitionspaket angekündigt, mit dem das Kölner Werk auf die Produktion von E-Autos vorbereitet werden soll.
Acht Fiesta-Generationen liefen vom Band
Für die Fachwelt kam der Ford Fiesta viel zu spät. Schließlich schienen alle Fahrspuren der kleinen Klasse längst besetzt, als am 11. Mai 1976 die Fertigung des in Köln entwickelten City-Cars anlief. Nicht weniger als 30 europäische Konkurrenten kämpften damals bereits um die Gunst der Kleinwagenkäufer. Allerdings war Europa für den Fiesta nicht genug. Er sollte als erster Ford im Kurzformat auf allen Kontinenten verkauft werden – sogar in Nordamerika. Immerhin war der Fiesta die wichtigste Neuentwicklung seit dem legendären Modell T von 1908, wie Ford-Köln-Chef Bob Lutz bei der Premiere vollmundig verkündete. Weshalb es sich Konzernlenker Henry Ford II – noch kurz zuvor überzeugter Kleinwagen-Kritiker – nicht nehmen ließ, persönlich zu einer Probefahrt an den Rhein zu kommen. Eine Testfahrt, die er mit dem lobenden Urteil „good job“ abschloss.
Die Kleinwagenfans fanden Fords Verdikt offenbar noch untertrieben. Jedenfalls schickten sie den vom italienischen Designstudio Ghia inspirierten und von Ford-Designer Uwe Bahnsen finalisierten Fiesta auf einen beispiellosen Höhenflug, der ihn – nach deutscher Zählweise – über acht Fahrzeuggenerationen tragen sollte. Zunächst zog der blitzartig startende Ford Mitte der 70er-Jahre mit dem VW Golf gleich, als er nach nur 31 Monaten zum Club der Produktionsmillionäre zählte, anschließend wurde er Messlatte für alle Kleinwagen. Insgesamt 18,2 Millionen Exemplare wurden in knapp einem halben Jahrhundert weltweit ausgeliefert.
Fiesta auch in Valencia produziert
Spannend fast bis zum letzten Moment blieb die Namensfindung für Fords Kleinsten, der zunächst unter dem Namen „Bobcat“ (Rotluchs) durch die Medien geisterte. Nach dem Luchs war allerdings bereits ein kompakter Mercury benannt und so suchte Henry Ford II nach weiteren Namensideen. Denn die Taufe jedes neuen Fahrzeugmodells war für ihn Chefsache. Wie er später erklärte, sei er dabei auf die Alliteration Ford und Fiesta gestoßen, für ihn eine perfekte Kombination. Zumal der neue Ford auch in einem eigens errichteten Werk im spanischen Valencia gefertigt werden sollte.
Einziges Problem: Die Rechte für Fiesta lagen beim Erzrivalen General Motors (GM). Ein kurzer Anruf bei GM-Präsident Tom Murphy habe das Problem gelöst. Vielleicht wäre Murphy mit der Namensfreigabe weniger entgegenkommend gewesen, wenn er geahnt hätte, dass er so Taufpate des künftigen Königs der Kleinwagen wurde.
„Wundercar built in Germany“
Ob in Valencia für Südeuropa gebaut, in Dagenham für die Briten oder in Saarlouis und in Köln für weitere 70 Märkte, der Kleine wurde zur anhaltenden Fiesta für Ford. Allein der Export in die USA fuhr nicht die erhoffte Ernte ein, obwohl US-Medien den Ford als besten Import-Kleinwagen priesen: ein „Wundercar built in Germany“ für den „San Diego Freeway“ ebenso wie für die „high-speed-autobahn“. Es nützte nichts, 1977 war die erste Ölkrise bereits überwunden und so blieb der gegen VW Rabbit (Golf) und Honda Civic positionierte Sparmeister im Land der Straßenkreuzer chancenlos. Erfolgreicher sind dort erst seit 2010 Fiesta aus mexikanischer Produktion, die zusätzlich als klassischer Sedan angeboten werden.
In Deutschland hätte der Start dagegen nicht besser sein können, erlebte Ford dort doch dank des Fiesta 1977 das bis dahin beste Ergebnis aller Zeiten. Das 1979 startende Kölner Fiesta-Stammwerk gilt in Branchenkreisen als eine der bestausgelasteten Fabriken weltweit mit einer Exportquote von 80 Prozent. Einzigartig ist schließlich die künstlerische Krönung der Karriere des Weltautos: Der Aktionskünstler HA Schult gestaltete 1991 einen Fiesta als goldenen Vogel mit mächtigen Adlerschwingen, der seinen Horst auf dem Dach des Kölnischen Stadtmuseums fand.
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