ZDK-Jahresbilanz Verband unterstützt Klagen zur Öffnung des Handels
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Die Verantwortlichen des deutschen Kfz-Gewerbes blicken ernüchtert auf das Autojahr 2020 zurück. Zwar sank der Gesamtumsatz nur wenig, jedoch ging die Rendite zurück. Angesichts des andauernden Lockdowns fordert der ZDK nun nachdrücklich ein verbindliches Öffnungsdatum für den Handel. Andernfalls werde der Kampf um die Zukunft der Branche juristisch ausgetragen.

Das Corona-Jahr und der andauernde Lockdown gehen an die Substanz des Automobilhandels. Das schlägt sich in den Zahlen der Jahresbilanz nieder, die der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) auf seiner ersten Online-Jahrespressekonferenz vorlegte: Die durchschnittliche Rendite im Kfz-Gewerbe ist schwach und sank 2020 weiter von 1,3 auf 1,2 Prozent.
Schlimmer noch: Aufgrund der geschlossenen Verkaufsräume bleibt die Lage stark angespannt. Eine Prognose fürs laufende Jahr sei schwierig, sagte ZDK-Präsident Jürgen Karpinski. Derzeit sei es kaum möglich, die Fahrzeugbestellungen für das extrem wichtige Frühjahrsgeschäft zu kalkulieren. „Bleiben die Händler auf bestellten Autos sitzen, reden wir hier bundesweit über drohende finanzielle Belastungen in Milliardenhöhe. Dadurch werden viele Existenzen gefährdet“, mahnte der Präsident.
Karpinski forderte mit Blick auf den nächsten Corona-Gipfel am 3. März „eine klare, bundesweit verbindliche Regelung zur Wiedereröffnung des Automobilhandels“. Er warnte vor einem erneuten „regionalen Flickenteppich von Insellösungen, der abhängig ist vom Erreichen bestimmter Inzidenzwerte“. Diese Vorgehensweise biete dem Handel keine verlässliche Perspektive.
Sollte es von der Politik keine klaren Signale geben, die Verkaufsräume nach dem 3. März wieder zu öffnen, und sollte die vom Kfz-Gewerbe vorgelegte Öffnungsstrategie ignoriert werden, werde der ZDK klagewillige Betriebe in Abstimmung mit den jeweiligen Kfz-Landesverbänden unterstützen, kündigte Karpinski an.
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Lockdown im Autohandel
ZDK schlägt Wirtschaftsminister differenzierte Öffnungsstrategie vor
Neuwagengeschäft im Sturzflug
Im Jahr 2020 war der Gesamtumsatz des Kfz-Gewerbes um 0,7 Prozent auf rund 185 Milliarden Euro gesunken. Das Minus resultierte vor allem aus dem Neuwagengeschäft. Hier brach der Umsatz um 14,4 Prozent auf 62,7 Milliarden Euro ein. Als Hauptgrund nannte der ZDK-Präsident die Schließung der Autohäuser im Frühjahr und Dezember 2020 aufgrund die Corona-Pandemie.
Das derzeitige Öffnungsverbot und die fehlende Perspektive mache den Betrieben zunehmend zu schaffen. Es werde immer schwieriger, Aufträge zu generieren. Selbst finanzstarken Händlern gehe langsam die Puste aus, schilderte der ZDK-Präsident die Situation: „Die Stellflächen laufen voll, sei es mit Leasing-Rückläufern, Vorführwagen oder im Jahr 2020 bestellten Lagerfahrzeugen. Aber es kann kaum etwas von dieser vorfinanzierten Ware abfließen.“
Wie die Stimmung aktuell im Autohandel ist, zeigt eine vor wenigen Tagen durchgeführte Blitzumfrage des ZDK. Vizepräsident Thomas Peckruhn stellte sie vor. Gut 2.000 Autohäuser hatten sich daran beteiligt und Rückgänge von durchschnittlich fast 60 Prozent im Neuwagengeschäft angegeben. Auch der Gebrauchtwagenverkauf brach demnach um die Hälfte ein. Peckruhn stellte fest, dass trotz beschleunigter Digitalisierung die meisten Kunden am Ende den Kauf im Autohaus abschließen möchten. Und deshalb: „Wir brauchen dringend wieder den geöffneten Handel vor Ort.“
Die markengebundenen Händler mussten laut Peckruhn beim Verkauf ihrer Neuwagen gar einen Rückgang von 20,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr verkraften. Das Gesamtvolumen aller Pkw-Neuzulassungen sank um 19,1 Prozent.
Fehlende Richtlinie für die Innovationsprämie
Eine positive Ausnahmeerscheinung zeigte sich beim Verkauf von E-Fahrzeugen. Ihr Absatz kletterte um 131 Prozent, ausgelöst durch die Umweltprämie und Innovationsprämie. Diese Entwicklung setze sich 2021 fort, berichtete der ZDK-Vizepräsident. Schon jetzt seien einige Händler bei elektrisch betriebenen Fahrzeugen ausverkauft.
Problematisch ist aus Peckruhns Sicht, dass immer noch eine Richtlinie fehlt für die Innovationsprämie, die 2021 ausläuft, aber nach dem Beschluss des Autogipfels bis Ende 2025 verlängert werden soll. Peckruhn kritisierte zudem die mangelnde Transparenz, wann der Fördertopf leer sein wird. Diese Unsicherheit mache den Händlern zu schaffen, weil Kunden eine verbindliche Aussage erwarteten, ob ihr Autokauf gefördert werde.
Das Gebrauchtwagengeschäft florierte trotz Krise. Der Gesamtumsatz stieg um fast 19 Prozent auf rund 82 Milliarden Euro. Der freie Handel verzeichnete dabei ein Plus um 32,8 Prozent, der Markenhandel um 14,8 Prozent. Peckruhn hob neben dem Mengenzuwachs vor allem den um gut 18 Prozent gestiegenen Durchschnittspreis für Gebrauchtwagen hervor.
Noch ein Umstand spielte dem Gebrauchtwagenhandel in die Hände: Weil wegen des Lockdowns im Frühjahr zunächst Neufahrzeuge fehlten, entschieden sich mehr Kunden für einen jungen Gebrauchten.
Einbußen im Service
Zwar dürfen die Kfz-Werkstätten auch im Lockdown geöffnet bleiben. Sie sind als systemrelevant für die Erhaltung der Mobilität eingestuft. Dennoch sank der Umsatz bei Service und Reparatur im Jahr 2020 um 8,3 Prozent auf rund 27,5 Milliarden Euro. Die Kontaktbeschränkungen besonders im März und April hätten zu einer deutlich reduzierten Werkstattauslastung geführt, erläuterte ZDK-Vizepräsident Wilhelm Hülsdonk. Im Jahresdurchschnitt habe die Auslastung 4 Prozentpunkte unter dem Wert von 2019 gelegen.
Der aktuelle Lockdown wirkt sich zudem, wie die aktuelle ZDK-Blitzumfrage bestätige, erneut im Service aus: In den Monaten Januar und Februar beklagten die Werkstätten einen Umsatzrückgang um bis zu 35 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Zahl der Markenbetriebe schrumpft
Trotz der Krise blieb 2020 die Zahl der Kfz-Betriebe mit 36.580 nahezu stabil. Allerdings gab es eine leichte Verschiebung zwischen den Betriebsarten. So schrumpfte die Zahl der fabrikatsgebundenen Betriebe um 2,9 Prozent, während die Zahl der Freien um 1,9 Prozent wuchs.
Die Zahl der im Kfz-Gewerbe Beschäftigten ging um 0,6 Prozent auf 436.200 zurück. Durch den starken Einbruch bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen im Herbst 2020 gibt es mit derzeit 90.600 Berufsanwärtern 2,5 Prozent weniger Auszubildende im Kfz-Gewerbe.
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