VW-Abgas-Affäre

„Wenn wir schon bescheißen, dann richtig“

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In der Sitzung sei der Umfang drohender Strafzahlungen für 500.000 betroffene Fahrzeuge in den Vereinigten Staaten diskutiert worden. Der „befürchtete Wutausbruch“ Winterkorns sei jedoch ausgeblieben. Ein ebenfalls angeklagter hoher Entwickler habe daraufhin bemerkt: „Shit, voll schiefgelaufen.“

„Lasst euch nicht erwischen!“

Der Ursprung des wohl größten deutschen Industrieskandals geht weiter zurück. VW wollte demnach in den USA gegenüber der Konkurrenz aufholen, der dort noch wenig verbreitete Diesel sollte dabei helfen.

Dann habe eine Serie von Verschleierungen rund um den Software-Trick eingesetzt – mit dem Ergebnis, das den fünf früheren Managern und Ingenieuren heute gewerbs- und bandenmäßiger Betrug vorgeworfen wird. Schlimmstenfalls stehen hierauf bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe.

Ein langjähriger, mitangeklagter Leiter der VW-Antriebstechnik soll laut Staatsanwaltschaft ab 2006 eine zentrale Rolle beim Design der Software eingenommen haben. Zur Absicherung habe er die Zustimmung eines Vorgesetzten einholen wollen. Der Einsatz sei abgesegnet worden: „Lasst euch nicht erwischen!“ Allen Teilnehmern eines Treffens in jenem Jahr sei bewusst gewesen, dass der geplante US-Dieselmotor die Grenzwerte ohne Testerkennung nicht schaffe.

„Wenn wir schon bescheißen, dann richtig“

Im Laufe der Zeit seien auch andere „über den gesamten Sachverhalt im Bilde“ gewesen. Vor Gericht stehen daher zudem ein ehemaliger Entwicklungschef der Kernmarke VW, ein Hauptabteilungsleiter der Dieselmotoren-Entwicklung und ein Abteilungsleiter für die Diesel-Abgasreinigung. Letzterer soll die Täuschungen gegenüber den US-Behörden – entgegen Weisungen aus Wolfsburg – selbst eingeräumt und bei der Aufklärung geholfen haben, erklärte sein Verteidiger.

Zuvor sind die Akteure und Mitwisser noch weiter gegangen: Die Software hat bald auch erkannt, ob jemand am Steuer saß, nachdem sie auf langen Autobahnfahrten irrtümlich den Testmodus registriert hatte – verstopfte Partikelfilter waren die Folge.

In einer Runde soll laut Staatsanwaltschaft der Satz gefallen sein: „Wenn wir schon bescheißen, dann machen wir es richtig.“ Und auch diese Manipulationen seien weiter gedeckt worden.

230 Milliarden Euro Schaden

Am 20. September 2015 räumte Winterkorn die Täuschungen dann ein. Gesamtschaden durch das Zusammenwirken der Fünf über all die Jahre laut Anklage: über 230 Milliarden Euro. Andernorts laufen noch Zivilverfahren, der Bundesgerichtshof wies am Donnerstag etwa Klagen von Dieselkunden auf Rückzahlung von Leasingraten im Regelfall ab.

Wann Winterkorn in Braunschweig dazukommt, ist offen. Ein Verteidiger mahnte, man dürfe nicht nur seinen Mandanten zur Rechenschaft ziehen – und kritisierte die Prozessabtrennung gegen den einst bestbezahlten deutschen Konzernlenker wegen einer Hüft-OP scharf: „Sich der Verantwortung für das eigene Handeln zu stellen, sieht anders aus.“

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