Halbleitermangel Chip-Krise wird Autobauer wegen steigender Nachfrage noch härter treffen

Quelle: ampnet

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Der Chipmangel wird wohl länger andauern als Experten und die Hersteller selbst bislang dachten. Eine Studie der Unternehmensberatung Roland Berger geht davon aus, dass die Situation vermutlich auch bis nach 2023 bestehen bleibt.

Bosch produziert in Dresden Halbleiter.
Bosch produziert in Dresden Halbleiter.
(Bild: Auto-Medienportal.Net/Bosch)

Der Chip-Mangel wird die Automobilbranche wohl noch länger als gedacht beschäftigen. Der Grund liegt auf der Hand, wie aus einer Untersuchung der Unternehmensberatung hervorgeht: Während die Chip-Nachfrage von 2020 bis 2022 um 17 Prozent pro Jahr steige, werde das verfügbare Angebot nur um 6 Prozent jährlich wachsen, heißt es darin. Angesichts einer Auslastung der Halbleiterfertigungen von 97 Prozent ist eine zügige Ausweitung der Produktion kaum möglich.

„Die Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage von Halbleitern wird immer größer“, erklärt Michael Alexander, Partner bei Roland Berger. „Eine baldige Besserung ist nicht in Sicht. Denn der Engpass hat strukturelle Gründe, die in der aktuellen Ausgestaltung der Lieferketten liegen. Die Knappheit der Chips wird bis in das Jahr 2023 und wahrscheinlich darüber hinaus bestehen bleiben. Die angekündigten zusätzlichen Kapazitäten reichen nicht aus, um den Bedarf zu decken.“

Die derzeit vielfach geäußerten Hoffnungen der Automobilbauer auf eine Entspannung der Liefersituation dürften vor diesem Hintergrund unrealistisch sein. Erst jüngst hatte das „Manager Magazin“ berichtet, dass der Volkswagenkonzern seine eigenen Produktionsplanungen wohl nicht erfüllen kann – insbesondere nicht bei VW Pkw und Skoda.

Keine neuen Kapazitäten für ältere Chipgenerationen

Im Automobilbau wird sich die Situation sogar eher verschärfen, weil der größte Mangel bei Chips der älteren Generationen herrscht, die in der Autobranche hauptsächlich eingesetzt werden. Zusätzliche Fertigungskapazitäten würden jedoch vorrangig in neueren Generationen aufgebaut und bringen somit für die Automobilindustrie kaum Entlastung, analysiert Michael Alexander.

Die Halbleiter der älteren Generation stellen aktuell mit rund 95 Prozent den Löwenanteil der in den aktuellen Elektronik-Architekturen der Autos mit Verbrennungsmotoren arbeitenden elektronischen Helfer. Die restlichen fünf Prozent entfallen auf Chips der neuesten Generation.

Verschärft wird der Versorgungsengpass aktuell zusätzlich, weil einige Autobauer in der Produktion von einem 'Just-in-Time' auf einen 'Just-in-Case'-Ansatz umstellen. Das heißt, sie bauen derzeit Bestände von Halbleitern auf. Dies verschärft den Versorgungsengpass kurzfristig zusätzlich.

Unternehmen mit neuen Chips im Vorteil

Zwar ist die Automobilindustrie gerade auf dem Weg, die Elektronik der Modelle neu aufzustellen. Doch, so die Untersuchung, werden die traditionellen Unternehmen für diese Umstellung noch mehr als fünf Jahre benötigen. „Langfristig“, so Thomas Kirchstein, Principal bei Roland Berger, „müssen die Hersteller und ihre Zulieferer ihre Design-Philosophie umstellen, um mit den dynamischen Kapazitätsveränderungen in der Halbleiterindustrie Schritt zu halten.“ Die neue Chip-Generation wird vor allem für autonomes Fahren, Infotainmentsysteme und die Antriebssteuerung benötigt.

Während die etablierten Hersteller also noch auf die älteren Halbleiter setzen, profitieren die neu gegründeten Unternehmen, die sich vor allem auf Elektroautos konzentrieren, von der Entwicklung der neuen Halbleiter-Generation und verschaffen sich so einen Vorsprung gegenüber den etablierten Marken.

„Die von den neuen Anbietern produzierten Modelle vertrauen auf fortschrittliche Architekturen und setzen die neuesten Chips ein. Diese Halbleiter nehmen den größten Anteil der Investitionen ein, so dass diese Unternehmen im Vorteil sind“, stellt die Studie fest. Und: „Daher sollten die Automobilhersteller nicht auf ein Ende der Krise warten, sondern eigene Strategiemaßnahmen einführen.“

Klimawandel führt zu Produktionspausen

Doch nicht allein technische Gründe können die Versorgungskrise verlängern, stellen die Autoren der Untersuchung fest. Der Klimawandel und politische Unsicherheiten machen die Lieferkette zunehmend unberechenbar. So leiden zum Beispiel die Hersteller in Südostasien zunehmend unter Tropenstürmen, die ihre Produktion unterbrechen, und in Taiwan stellen Dürreperioden, die den Wasserbedarf der Fertigungen gefährden, die Hersteller vor Probleme.

So benötigt zum Beispiel der weltweit drittgrößte taiwanesische Chip-Produzent TSMC 156.000 Tonnen Wasser – pro Tag. Hinzu kommen Probleme der internationalen Schifffahrt und damit verbundene steigende Transportkosten. Eine Entspannung ist also nicht in Sicht.

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