Bundesgerichtshof Diesel-Entschädigung auch ohne Auto-Rückgabe

Von dpa/gr

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Nach den bisherigen Erfahrungen beteiligter Anwälte können betroffene Volkswagenkunden auf dem Weg des „kleinen Schadenersatzes“ Summen in Höhe von mindestens 20 Prozent des ursprünglichen Autokaufpreises durchsetzen. Diese Praxis hat Deutschlands oberstes Gericht kürzlich bestätigt.

Der Bundesgerichtshof hat sich einmal mehr mit den beanstandeten Dieselmotoren aus Wolfsburg auseinandergesetzt.
Der Bundesgerichtshof hat sich einmal mehr mit den beanstandeten Dieselmotoren aus Wolfsburg auseinandergesetzt.
(Bild: Pressestelle Bundesgerichtshof)

Auch Diesel-Kläger, die ihr von der Abgas-Affäre betroffenes Auto behalten wollen, haben Anspruch auf Schadenersatz von Volkswagen. In ihrem Fall ist der Minderwert auszugleichen, wie der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe bereits im Juli entschieden hatte und am Donnerstag mitteilte. Wie viel Geld das ist, wird im Einzelfall bestimmt.

Dabei ist nach dem Urteil der obersten Zivilrichter zu klären, welcher Betrag aus heutiger Sicht beim Kauf zu viel ausgegeben wurde. Wurde die unzulässige Prüfstandserkennung, die den VW-Dieselskandal ausgelöst hatte, durch ein Software-Update entfernt, sind auch die dadurch entstandenen Vor- und Nachteile mit einzuberechnen (Az. VI ZR 40/20).

Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin im Juli 2015 von einem Autohaus einen gebrauchten VW Passat Variant gekauft, der mit einem 2,0-Liter Dieselmotor des Typs EA189 gemäß der Schadstoffnorm Euro 5 ausgestattet ist. Nach dem angeordneten Rückruf durch das Kraftfahrt-Bundesamt entwickelte VW ein Software-Update, das auch im Fahrzeug der Klägerin aufgespielt wurde. Die Klägerin wollte von VW den Ersatz des Minderwerts des Fahrzeugs erstreiten und des Weiteren über den Minderwert hinausgehenden Schäden ebenfalls ersetzt bekommen.

Dass betroffene Diesel-Käufer grundsätzlich Anspruch auf Schadenersatz haben, hatte der BGH bereits im Mai 2020 entschieden (Az.: VI ZR 252/19) und damals die vorsätzlich sittenwidrige Schädigung der VW-Kunden festgestellt. Die rechtliche Ausgangslage dieses Urteils war aber anders. Der Rechtsstreit war daran geknüpft, dass das Auto zurückgegeben wird. Im Gegenzug können Kläger von Volkswagen den ursprünglichen Kaufpreis verlangen, müssen sich aber die gefahrenen Kilometer anrechnen lassen. Juristen nennen das „großen Schadenersatz“.

Infolge dieses Urteils hatte sich der Hersteller mit Zehntausenden Klägern auf einen Vergleich geeinigt. Die Vereinbarungen sahen vor, dass sie weniger Geld zurückbekamen und dafür das Auto behalten konnten.

In dem Fall, den der BGH jetzt entschied, hatte die Autobesitzerin vor Gericht einklagen wollen, dass sie im Besitz des Autos bleibt. Nach dem neuen Urteil aus Karlsruhe haben betroffene Kläger nun alternativ Anspruch auf einen solchen „kleinen Schadenersatz“. „Die Klägerin kann das Fahrzeug behalten und von der Beklagten den Betrag ersetzt verlangen, um den sie das Fahrzeug – gemessen an dem objektiven Wert von Leistung und Gegenleistung – zu teuer erworben hat“, heißt es in einer Mitteilung des BGH vom Donnerstag.

Für die Bemessung dieses kleinen Schadensersatzes sei zunächst der Vergleich der Werte von Leistung (Fahrzeug) und Gegenleistung (Kaufpreis) im Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblich, so die Karlsruher Richter. Ein Software-Update sei im Rahmen der Vorteilsausgleichung jedoch zu berücksichtigen. Für die Forderung der Klägerin, auch für mögliche andere Schäden wegen der illegalen Motorsteuerung eine Ersatzzahlung zu bekommen, sieht der BGH keinen Raum: In der Berechnung seien alle Nachteile bereits „eingepreist“.

Damit bestätigte der BGH im Grundsatz ein Urteil des Stuttgarter Oberlandesgerichts. Dort muss nun als Nächstes bestimmt werden, ob es hier einen Minderwert gibt und wie viel Geld die Frau bekommt.

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