IAA 2011: Zulieferer verlängern die Reichweite
Der Motor ist eine der letzten Kernkompetenzen der Autohersteller. Mit ihren auf der IAA gezeigten Range Extendern wollen Mahle und Kolbenschmidt Pierburg in diese Bastion eindringen.
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Die letzte erkennbare Bastion der technischen Differenzierung der Automobilhersteller droht zu fallen. Derzeit unterscheiden sie sich technisch zu einem erheblichen Teil über die Ausgestaltung des Motors: Praktisch alle Marken leisten sich deshalb eine eigene Motorentwicklung. Ein komplettes Aggregat bei einem Zulieferer zu kaufen, wie es bei Getriebe oder Kupplung längst normal ist, wagen nur Newcomer aus Asien. Dies beispielsweise, wenn sie den in Europa wichtigen Diesel nicht im Programm haben.
Auf einem Umweg könnte die Zulieferindustrie nun trotzdem ins Geschäft mit den Automotoren einsteigen: Sie entwickelt Range Extender – kleine Verbrennungsaggregate, deren Aufgabe es ist, Strom zu erzeugen und damit die Reichweite von Elektroautos zu vergrößern. Die Hoffnung der Teilespezialisten auf Erfolg ist berechtigt: Wenn Range Extender klein und effektiv sein sollen, dürfen sie nicht von herkömmlichen Motoren abgeleitet sein und passen deshalb nicht auf die Fertigungsstraßen der OEM.
Platz in der Reserveradmulde
Auf der IAA stellen die deutschen Unternehmen Kolbenschmidt Pierburg (KSPG) und Mahle ihre Range-Extender-Studien vor. KSPG hat zusammen mit dem Ingenieurdienstleister FEV einen Zweizylindermotor mit 30 kW/41 PS entwickelt, dessen Zylinder in V-Form angeordnet sind.
Die Kurbelwelle steht senkrecht und treibt über Zahnräder zwei Generatoren an. Alle nötigen Komponenten (bis auf Tank und Kühler) sind in einen Rahmen eingebaut, dessen geringe Bauhöhe es zulässt, das Aggregat beispielsweise in der Reserveradmulde unterzubringen. Samt aller Nebenaggregate soll der Reichweitenverlängerer rund 60 Kilogramm wiegen.
Mahle plant Reihenmotor statt V2
Je nach Zylinderwinkel produzieren V2-Motoren jedoch unterschiedlich starke Vibrationen. Dem trägt Kolbenschmidt Pierburg mit „aktiver Schwingungskompensation und einer günstigen Lagerung“ Rechnung, wie es in einer Mitteilung heißt. Denn der Range Extender sollte den hohen Komfort des elektrischen Fahrens möglichst wenig beeinträchtigen.
Konkurrent Mahle hat sich ebenfalls für einen Zweizylinder entschieden – allerdings in Reihenbauweise. Aus 0,9 Litern Hubraum generiert er wie sein KSPG-Pendant 30 Kilowatt. Der elektrische Generator ist in das Kurbelgehäuse des Twins integriert. Das Aggregat läuft hauptsächlich unter Volllast, um möglichst geringe Drosselverluste zu erzeugen, und hat zwei Hauptbetriebspunkte: Soll die Batterie aufgeladen werden, ohne dass das Auto fährt, gibt der Motor nur 15 Kilowatt ab. Wenn die Batterieladung jedoch selbst bei schneller Fahrt konstant bleiben soll, muss der Range Extender seine vollen 30 Kilowatt leisten.
Range Extender: Viele Konzepte sind möglich
Mit seinen kompakten Abmessungen (416 x 327 x 481 Millimeter) soll auch dieses Aggregat zu jedem Fahrzeugkonzept passen; er lässt sich zudem in jeder beliebigen Lage einbauen. Seine Masse gibt Mahle mit 70 Kilogramm an.
Neben den Zulieferern arbeiten aber auch die Autohersteller selbst an Range-Extender-Motoren. Interessant ist, dass die Bandbreite der Konzepte viel größer ist als in der herkömmlichen Motorenfertigung und selbst totgeglaubte Konstruktionen wieder auf der Bildfläche erscheinen. So arbeitet Audi an einem Wankelmotor, während bei Jaguar sogar kompakte Gasturbinen der Stromerzeugung dienen sollen. Volvo setzt hingegen auf einen vergleichsweise konventionellen Turbo-Dreizylinder. Noch viel gewöhnlicher sieht der Range Extender des Chevrolet Volt aus – ein banaler Vierzylinder-Saugbenziner aus dem Corsa. Sein Vorteil: Anders als alle genannten Konzepte kann man ihn bereits kaufen.
Kolbenschmidt Pierburg: Halle 8.0, F04
Mahle: Halle 8.0, C30
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