Ranger Raptor und Focus ST: Performance für Fords Markenimage

Autor Julia Mauritz

Dem aktuellen Sparkurs von Ford fallen die PS-starken Modelle Ranger Raptor und Focus ST vorerst nicht zum Opfer. Sie sollen auch jenseits von Gelände und Rennpiste eine gute Figur machen – und damit Signalwirkung für ganz andere Zielgruppen haben.

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Mit Performance-Modellen wie dem Ranger Raptor will Ford etwas tun fürs Markenimage.
Mit Performance-Modellen wie dem Ranger Raptor will Ford etwas tun fürs Markenimage.
(Bild: Ford)

Wenn Autohersteller einen radikalen Sparkurs fahren, werden Nischenmodelle in aller Regel in einem besonderen Maße hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit unter die Lupe genommen – angesichts der überschaubaren Verkaufszahlen wären der Focus ST und Ranger Raptor somit eigentlich zwei klassische Wackelkandidaten. Doch Ford hat sich anders entschieden: Die beiden Performance-Modelle haben die wichtige Aufgabe, das Markenimage des amerikanischen Herstellers emotional aufzuladen.

Nicht nur dieses gemeinsame Ziel eint die beiden Modelle, sondern auch die spitze Zielgruppe: Während das Focus-Topmodell ST die sportlich ambitionierten Individualisten anspricht, zielt der wuchtige Pick-up Ranger Raptor auf gutbetuchte Offroad-Enthusiasten, die ein kompromissloses Gefährt suchen, das sie sicher durch Bäche und über Stock und Stein führt.

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Rund 1.000 Einheiten des mindestens 66.771 Euro kostenden Ranger Raptor will Ford in Deutschland jährlich verkaufen. Dem ab 31.900 Euro erwerbbaren Focus ST der vierten Generation traut der Hersteller einen jährlichen Absatz von rund 3.000 Einheiten zu. Zum Vergleich: 2018 wurden hierzulande knapp 49.300 Focus neu auf die Straße gebracht. Der Ranger wurde im ersten Halbjahr gut 5.000 Mal ausgeliefert.

Vertriebschef hält Performance weiter für sinnvoll

Hans-Jörg Klein, Geschäftsführer für Marketing und Vertrieb der Ford-Werke, glaubt, dass die Käufer auch in Zeiten von Fahrverbot- und CO2-Debatten offen sind für sportliche Modelle. So entscheide sich immerhin jeder vierte Focus-Käufer für die sportliche Ausstattungsvariante, die ST-Line. Diese bildet gewissermaßen den Sockel für die Performance-Modellpyramide des Herstellers: Über ihr stehen die ST-Modelle und der Ranger Raptor, und darüber die RS-Baureihe. An der Spitze thront der weltweit streng limitierte Supersportwagen GT.

Die ST-Käufer haben stets die Wahl zwischen zwei Optionen: Erhältlich ist das sportliche Kompaktklassemodell als fünftürige Schräghecklimousine und als Kombi mit einem leistungsstarken 2,3-Liter-Vierzylinder-Benziner, der 206 kW/280 PS leistet, oder einem 140 kW/190 PS starken Diesel. Serienmäßig verbaut ist ein knackiges Sechsganggetriebe, ab Oktober ist der ST-Benziner optional auch mit einem 7-Gang-Automatikgetriebe erhältlich. Die gerade beim Diesel recht überschaubare PS-Zahl macht im ST das hohe Drehmoment von 400 Nm wett, das bei 2.000 Touren anliegt. Während der durchzugsstarke Selbstzünder 7,6 Sekunden braucht, um von Null auf 100 Stundenkilometer zu beschleunigen, erledigt das der ST Benziner in 5,7 Sekunden. Das Drehmomentmaximum von 420 Nm liegt zwischen 3.000 und 4.000 Umdrehungen konstant an.

Extrem direkte Lenkung

Wer keinen tiefergelegten, brettharten Sportboliden mit Spoiler braucht, sondern sich damit begnügt, sportlich zu fahren, der ist mit dem Focus ST bestens bedient: Er ist der klassische Wolf im Schafpelz. Die Karosserie unterscheidet sich vom Serien-Focus nur durch subtile Modifikationen, beispielsweise am Kühlergrill oder am Heck. Die offensichtlichsten Hinweise, dass man ein sportliches Modell vor sich hat, sind neben dem roten Schriftzug ST und der Doppelrohrauspuffanlage, die im optionalen Stylingpaket enthaltenen knallrot lackierten Bremssättel. Die wahre Identität des ST verbirgt sich unter der Karosserie: Zu erwähnen sind vor allem das serienmäßige Sportfahrwerk mit Mehrlenkerhinterachse, eine beeindruckend direkte Lenkung, sowie der im Vergleich zum Serien-Focus zehn Millimeter tiefere Fahrzeugschwerpunkt und die entsprechend abgestimmten Stoßdämpfer.

Ebenfalls serienmäßig verbaut im ST ist der selektive Fahrmodusschalter am Lenkrad mit den drei Programmen „Normal“, „Sport“ und „Rutschig.“ Je nach gewähltem Fahrmodus passt die Elektronik unter anderem das Ansprechverhalten des Gaspedals, der Lenkung, des ESP, des elektronischen Sperrdifferenzials und der elektronischen Dämpferregelung an. Per Druck auf den „Sport“-Fahrmodusschalter verwandelt sich der ST von Dr. Jekyll in Mr. Hyde: Während bei manch einem Wettbewerber die Unterschiede zwischen den verschiedenen Fahrmodi kaum zu spüren sind, hat man beim ST den Eindruck, in einem anderen Auto zu sitzen. Untermalt wird dies akustisch durch den elektronischen Motorsoundverstärker.

Ausschließlich bei der ST-Limousine mit Benzinmotor serienmäßig verbaut ist zudem ein Fahrwerksystem mit elektronischer Dämpferregelung und einer Schlaglocherkennungsfunktion.Bei der Limousine mit Selbstzünder ist das interaktive Fahrwerk optional erhältlich, beim Kombi ist es konstruktionsbedingt gar nicht verbaut. Tragisch ist das jedoch nicht: Auch bei dieser Karosserievariante ist Ford eine perfekte Balance gelungen zwischen einem sportlichem Fahrgefühl und langstreckentauglichem Komfort. Nur in puncto Kraftstoffeffizienz glänzt der ST nicht: Auf der Testfahrt, die vorwiegend auf kurvigen Landstraßen stattfand, zeigte der Bordcomputer des ST-Kombi mit Dieselantrieb einen Verbrauch im zweistelligen Bereich. Aber schließlich spielt der Verbrauch laut Ford bei der ST-Kundschaft keine tragende Rolle.

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