Rolls-Royce Sweptail: Der teuerste Neuwagen der Welt
Auf Wunsch eines Kunden baute Rolls-Royce einen Phantom zum Einzelstück namens Sweptail um – ein vier Jahre dauernder Prozess. Das Luxus-Coupé mit dem Bootsheck geriet damit zum wohl teuersten Neuwagen der Neuzeit.
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Dass man bei Rolls-Royce so einiges gewohnt ist, was die automobilen Neigungen und individuellen Wünsche der Käufer angeht, versteht sich eigentlich von selbst. Der Kunde ist König. Kein Modell der britischen Luxus-Marke verlässt die Werkshalle ohne eine dicke Extraportion Sonderausstattung. Bei Rolls-Royce läuft das unter dem Namen Bespoke. Gemacht wird so ziemlich alles, was nicht gegen Sicherheit und gute Sitten verstößt.
Als jedoch 2013 ein gut betuchter britischer Geschäftsmann anklopfte, um sich einen Rolls-Royce komplett nach seinen Vorstellungen bauen zu lassen, war das selbst in der Zentrale in Goodwood etwas Außergewöhnliches. Vier Jahre später präsentieren die British Coachbuilders nun ihr Werk, den Sweptail.
Gezeigt wurde das Modell Ende Mai im Rahmen des jährlichen Oldtimer-Highlights Concorso d’Eleganza Villa d’Este. Ein durchaus passendes Ambiente. Am Comer See fährt jedes Jahr die Creme de la Creme der Klassik- und Oldtimer-Szene mit ihren Kostbarkeiten vor und genießt die Bewunderung der Besucher.
Mit dem Sweptail – der Name ist eine Reminiszenz an die 20er Jahren und bezeichnet den speziellen bootsähnlichen Heckschwung einiger Rolls-Royce-Modelle – zeigen die Briten nicht nur ein sogenanntes „One-of“ (Einzelstück), sondern geben gleichzeitig auch eine mögliche neue Marschrichtung vor: Die Maßanfertigung von Modellen gezielt nach den Wünschen der Kunden. „Wenn nicht wir, wer dann“, lautet die rhetorische Frage von Torsten Müller-Ötvos, Vorstandschef von Rolls-Royce Motor Cars. Noch in den 50er Jahren zählte diese individuelle Form des Karosseriebaus zu den Gepflogenheiten vieler Spezialfirmen vor allem in England und Italien, um reichen Kunden und berühmten Filmstars die passenden Gefährte zu dengeln.
Der Sweptail basiert auf dem Zwölfzylinder-Flaggschiff der Marke, dem Phantom – nebenbei mit 92 Jahren der älteste Modellname, den heute noch ein Auto trägt – und geriet nach dem Umbau zum größten zweisitzigen Grand Coupé der Welt. Der Besitzer, ein Yacht-Sammler, benötigt weder die hinteren Türen noch einen Fond mit Sitzen. Stattdessen ließ er den Phantom im Heckbereich wie ein Luxusboot mit edlen Hölzern ausstatten.
Sechs Monate Suche nach der passenden Form
„Bis auf die Motorhaube sind sämtliche Karosseriebleche in aufwendiger Handarbeit neu gefertigt worden“, sagt Alex Innes, Bespoke Design Manager. Statt Stahlblech wurde Aluminium in die passenden Holzformen getrieben. Allein sechs Monate hatte das Design-Team an einem Clay-Modell gearbeitet, bevor die endgültige Form freigegeben wurde, stets in ständiger Absprache mit dem Kunden. Markant sind zum einen die fast monumentale senkrechte Front und im Gegensatz dazu das weich abfallende Heck. Der Kühlergrill wurde aus massivem Aluminium gefräst und von Hand auf Hochglanz poliert. In der Seitenansicht unterbrechen den langen Wagenkörper nur die beiden senkrechten Fugen der Tür. „Dadurch wirkt der Sweptail wie aus einem Guss“, sagt Giles Taylor, der Designchef von Rolls-Royce.
Dass es auch vor dem Lenkrad nicht so bleiben kann, wie es normalerweise in einem Phantom aussieht, versteht sich bei diesem außergewöhnlichen Kunden von selbst. So mussten Alex Innes und seine Leute möglichst viele Knöpfe und Schalter vom Armaturenbrett verbannen. Der Kunde liebt es reduziert. Doch wohin damit? „Wir haben die meisten Schalter ins Handschuhfach verfrachtet“, so Innes.
Beeindruckt hat den Bespoke Manager die Lockerheit des Auftraggebers. Ein Einwand, etwas sei zu teuer, kam nie. Schon zu Beginn des Projektes wurde nicht wirklich über Geld geredet oder gar ein Fixpreis vereinbart. Zur Entspannung mag da sicher auch die Haben-Position auf dem Bankkonto des Kunden beigetragen haben. Innes verrät nur so viel: Der Kaufpreis des Sweptail liege ein Vielfaches über dem Üblichen im automobilen Luxusbereich.
Da bleibt viel Raum für Preisspekulationen. Während der Rolls-Royce-Mann britisch-diskret bleibt, sind im Internet Berichte über einen Preis von 10 Millionen Pfund zu finden (11,5 Mio. Euro) – ohne echte Quellenangabe natürlich, so viel Diskretion muss sein.
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