Verkehrsminister prophezeit bis 2030 verbrennerfreie Innenstädte
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Der Diesel steht kräftig unter Druck. Mehr und mehr Gerichte zwingen Städte, mit Fahrverboten gegen dreckige Luft vorzugehen. Auf dem Herbstforum der Kfz-Innung Region Stuttgart prophezeite Verkehrsminister Winfried Hermann nun verbrennerfreie Innenstädte bis 2030.

Die in Stuttgart drohenden Fahrverbote verärgern viele Kfz-Betriebe und Dieselfahrer. Doch das könnte erst der Anfang sein. Geht es nach der Einschätzung des baden-württembergischen Verkehrsministers Winfried Hermann, sind die „Innenstädte bis zum Jahr 2030 verbrennerfrei“.
Statt sich gegen die Veränderungen zu stellen, forderte Hermann beim Herbstforum der Kfz-Innung Region Stuttgart Autohäuser und Werkstätten auf, sich um ihre Zukunft zu kümmern. „Das Klagen gegen die Verordnungen hilft nicht“, betonte der grüne Verkehrsminister vor rund 600 Zuhörern.
Dies zeigt die jüngste Entwicklung. Stuttgart, Frankfurt, Köln, Bonn, Essen. In zahlreichen Urteilen forderten Richter Städte auf, im Rahmen der Luftreinhaltung auf Fahrverbote zurückzugreifen. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen ordnet gar für Essen ein Fahrverbot an, das auch ein Teilstück der Bundesautobahn A40 betrifft. Aus Hermanns Sicht kosten die Klagen nur Zeit, die sinnvoller in Maßnahmen wie Dieselnachrüstung und Planung neuer Verkehrskonzepte gesteckt werden sollte.
Hermann forderte die Autohäuser und Werkstätten auf, sich auf alternative Antriebe einzustellen. Darauf gelte es die Aus- und Weiterbildung auszurichten. „Sonst sind Sie ein zweites Mal der Verlierer in der Dieselkrise!“
In Stuttgart droht ab nächstem Jahr älteren Dieseln ein Fahrverbot. Zunächst ab Anfang 2019 sollen Diesel bis Euro 4 und in der zweiten Jahreshälfte zusätzlich Euro 5 verbannt werden. Obermeister Thorsten Treiber sieht große Probleme auf Autohäuser und Werkstätten zukommen und spricht von einer massiven Existenzbedrohung der Kfz-Betriebe in der Region Stuttgart. Nach den Ankündigungen der Deutschen Umwelthilfe, auch den Verkauf von Euro-6-Dieseln (6a bis 6c) verbieten zu wollen, befürchtet Treiber, dass zahlreiche Arbeitsplätze in Stuttgart bedroht sind.
Für eine gewisse Entspannung würde die Nachrüstung ältere Dieselfahrzeuge sorgen. Diese fordert die Kfz-Innung Region Stuttgart im Einklang mit dem Landesverband und ZDK. Sonst drohen hohe Verluste für die Besitzer. „Es gibt Euro-5-Diesel, die sind erst drei bis vier Jahre alt“, erklärte Treiber. Ohne Nachrüstung sind deren Restwerte im Keller.
Hermann sieht Handlungsbedarf bei der Industrie
Weniger pessimistisch stufte der Verkehrsminister die Situation ein. Er bezeichnete die Ausnahmeregelungen für die Fahrverbotszonen in Stuttgart als „sehr umfangreich“. Einzelheiten nannte er indes nicht. Und die Frage von Obermeister Treiber, wie defekte Fahrzeuge zu ihrer Werkstatt in der Stadt kommen sollen, beantwortete der Minister eher ausweichend.
Er verwies drauf, dass die immer wieder geäußerten Einwände gegen die Höhe der Emissionsgrenzwerte und die Standorte der Messstellen nicht weiterhelfen. Die Gesetzgebung gilt und wurde mit einer mehrjährigen Übergangszeit eingeführt. „Die Aufstellorte der Messstellen sind nach EU-Recht erfolgt und bereits mehrfach überprüft worden“, stellte der Verkehrsminister klar.
Hermann sieht den Handlungsbedarf nicht beim Gesetzgeber, sondern bei der Automobilindustrie. Es sei ihm unverständlich, dass die Hersteller nicht für ihre Fehler einstehen müssen. Zudem kritisierte er den Umgang der Hersteller mit ihren Vertragshändlern. Von der Politik forderte er, Klarheit zu schaffen: Die Nachrüstung für alte Dieselfahrzeuge müsse kommen, und der Euro-6-Diesel dürfe nicht angetastet werden. Und ist als Nächstes der Benziner dran? Nein, hier schloss Hermann Maßnahmen aus, denn „sonst machen wir die Leute ganz verrückt“. Dafür reichen die aktuellen Dieselmaßnahmen samt dem Schlingerkurs der Politik schon aus.
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