Autocheck Mercedes A-Klasse: MBUX, du Fuchs

Autor Christoph Seyerlein

Mit der neuen A-Klasse hievt Mercedes-Benz das Thema Multimedia in Autos auf ein neues Level. Das ist einerseits beeindruckend, andererseits aber auch nicht ungefährlich.

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Die vierte Generation der Mercedes-Benz A-Klasse trägt intern die Baureihenbezeichnung W 177.
Die vierte Generation der Mercedes-Benz A-Klasse trägt intern die Baureihenbezeichnung W 177.
(Bild: Seyerlein/»kfz-betrieb«)

„Autos werden immer mehr zu rollenden Smartphones.“ Dieser Satz hat exzellente Chancen, schon bald als abgedroschene Phrase etabliert zu sein, wird er von zahlreichen Herstellern aktuell doch inflationär genutzt. Auch Daimler macht da keine Ausnahme. Wirklich untermauern will die Premium-Tochter Mercedes-Benz das erstmals mit der neuen Generation der A-Klasse.

Ja, die Schwaben haben es sich tatsächlich in den Kopf gesetzt, ausgerechnet ihr Einstiegsmodell als erstes ihrer Autos mit der jüngsten Entwicklungsstufe an Unterhaltungstechnologie vollzupflastern. Spannender Ansatz, das muss man dem Hersteller lassen. Nach und nach soll das, was Mercedes „MBUX“ – kurz für Mercedes-Benz User Experience – nennt, nun in allen neuen Modellen mit Stern Einzug halten.

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Für den Autor bedeutet das: Erstmals wird sich ein Autotest mehr um ein Bediensystem als um nackte Fahreigenschaften drehen, schließlich hat Mercedes seine Technologie ja auch so angepriesen. Hinter dem Steuer stechen einem sofort die zwei 10,25 Zoll großen nebeneinander platzierten Displays ins Auge. Mit dem Drücken des Startknopfs fühlt man sich bei so viel Platz für Entertainment auch tatsächlich für einen Moment eher an das Hochfahren eines Smartphones oder Tablets erinnert als an das Starten eines Autos.

Ist das System dann so weit, wird man von der Vielzahl an Funktionen beinahe erschlagen. Die Kommandozentrale der A-Klasse ist so vollgepackt mit Schnickschnack, die zwei Wochen zum Testen haben tatsächlich kaum ausgereicht, um sich durch alles durchzuwühlen oder – besser gesagt – zu touchen.

Alexa heißt bei Mercedes „Mercedes“

Wenn der Fahrer schon überfordert ist, kann ein wenig künstliche Intelligenz nicht schaden, haben sich die Ingenieure wohl gedacht. Und so soll das System dem Hersteller zufolge tatsächlich mitlernen und sich auf die Eigenheiten seines Besitzers einstellen. Ein ganz schöner Fuchs also, dieses MBUX. Einen aktuellen Trend greift Mercedes auch mit der „natürlichen Sprachsteuerung“ auf. Was bei anderen Alexa, Siri oder Cortana heißt, hört bei Mercedes auf den Namen – und jetzt aufgepasst – „Mercedes“. Wenn man noch ein nettes „Hey“ davor setzt, hört die nette Dame im Bordcomputer fast immer auf's Wort. Tatsächlich funktioniert die Kommunikation über Sprache besser als in jedem anderen Fahrzeug, das der Fahrer bislang getestet hat. Kompliment dafür. Auf ausgedehnten Fahrten alleine kann man sich mit dem Mercedes sogar tatsächlich etwas unterhalten. Liebhaber tiefgründiger Gespräche sollten aber keine zu hohen Erwartungen haben.

Ebenfalls bleibenden Eindruck hat die Navigation mit Augmented-Reality-Elementen hinterlassen. Auf den Bildschirmen wird dem Fahrer ein Kamerabild der Straße bereitgestellt. Steht ein Richtungswechsel bevor, werden blaue Pfeile in das Bild projiziert, damit die kommende Kurve auch ja nicht verfehlt wird. Das hat etwas von Videorennspielen und ist wirklich cool gemacht. Es führt uns auch unweigerlich zu unserem nächsten Punkt, dem Fazit zum MBUX-System.

Das fällt durchaus beeindruckt aus, Mercedes-Benz hebt das Thema Infotainment und Bedienung mit der A-Klasse definitiv auf ein bislang nicht dagewesenes Level. Nun jedoch zum großen Aber: Hersteller schreiben sich seit Jahr und Tag auf die Fahnen, mit jeder neuen Entwicklung in dem Bereich die Ablenkung des Fahrers von der Straße verringern zu wollen. Auch Mercedes erzählte davon bei der Vorstellung der A-Klasse wieder. Das ist aber – gelinde ausgedrückt – Quatsch. Alleine bei der Augmented-Reality-Navigation blieb der Autor vor lauter Faszination mit den Augen beinahe mehr am Bildschirm kleben, als noch die Straße im Blick zu behalten. Die unzähligen weiteren Spielereien, die hier gar keine größere Erwähnung finden, tun da noch ihr Übriges.

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