Continental: Milliardenverlust und erneute Diesel-Razzia

Von dpa

Obwohl sich das Tagesgeschäft des Autozulieferers nach dem Corona-Einbruch schrittweise erholt, verzeichnet Continental auch im dritten Quartal ein herbes Minus, wie das Unternehmen mitteilte. Zudem wurden beim Zulieferer zum wiederholten Male Diesel-Ermittler vorstellig.

Während das eigentliche Geschäft des Zulieferers Continental wieder verhältnismäßig gut läuft, schlagen andere Faktoren mit zusammengenommen gut 1,3 Milliarden Euro zu Buche.
Während das eigentliche Geschäft des Zulieferers Continental wieder verhältnismäßig gut läuft, schlagen andere Faktoren mit zusammengenommen gut 1,3 Milliarden Euro zu Buche.
(Bild: Continental)

Im Zusammenhang mit dem Abgasskandal rund um Volkswagen haben Ermittler erneut den Zulieferer Continental durchsucht. Betroffen waren am 22. September die Standorte Hannover und Regensburg, wie ein Conti-Sprecher am Donnerstag bestätigte. „Wir kooperieren unverändert vollumfänglich.“ Zuvor hatte die „Wirtschaftswoche“ über die Ermittlungen berichtet.

Bereits Anfang Juli hatte es in der Sache erste Durchsuchungen bei Conti gegeben. Daraus hätten sich Hinweise ergeben, dass weitere Unterlagen benötigt werden und weitere Personen betroffen sein könnten, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Hannover am Donnerstag. Anfang Juli hatten die Ermittler mitgeteilt, dass sieben Ingenieure sowie zwei Projektleiter unter Verdacht stehen. Ermittelt wird wegen des Verdachts der Beihilfe zum Betrug und der mittelbaren Falschbeurkundung in den Jahren 2006 bis 2015.

Konkret geht es um die Frage, ob Mitarbeiter der früheren Siemens-Autotechnik-Sparte VDO – von Conti 2007 übernommen – möglicherweise den Auftrag für die Motorsteuerung einer Ausgabe des späteren Skandal-Dieselmotors EA 189 in dem Wissen annahmen, dass VW damit betrügerische Absichten verfolgen wollte. Zudem werde Hinweisen nachgegangen, dass die Dokumentation der Software entsprechend beeinflusst worden sein soll.

Auch im dritten Quartal rote Zahlen

Zuvor hatte Continental am Mittwoch nach Börsenschluss vermeldet, trotz einer allmählichen Erholung nach dem Corona-Einbruch auch im dritten Quartal in die rote Zahlen gerutscht zu sein: Wertminderungen wegen des absehbar schwächeren Geschäfts in den kommenden Jahren sowie Umbaukosten für das Sparprogramm schlagen im dritten Quartal mit zusammengenommen gut 1,3 Milliarden Euro zu Buche. Daher werde Conti trotz eines besser verlaufenden Tagesgeschäfts einen Verlust beim Ergebnis vor Zinsen und Steuern sowie unter dem Strich ausweisen, hieß es.

Im eigentlichen Geschäft sah es hingegen wieder ganz ordentlich aus: Im dritten Quartal erzielte Conti laut vorläufigen Zahlen einen Umsatz von 10,3 Milliarden Euro nach 11,1 Milliarden vor einem Jahr. Vor Wechselkurseinflüssen sowie Zu- und Verkäufen habe der Rückgang rund 2,7 Prozent betragen, rechnete das Unternehmen vor. Zum Vergleich: Wegen des wochenlangen Lockdowns im Frühjahr hatten die Hannoveraner im zweiten Quartal noch ein Umsatzminus von über 40 Prozent verkraften müssen.

Sparmaßnahmen sorgen für Profitabilität

Einschnitte bei den Kosten sorgten auch bei der Profitabilität für einen Aufschwung. Um Sonderkosten bereinigt betrug die Marge des operativen Ergebnisses 8,1 Prozent und lag damit 2,5 Prozentpunkte höher als ein Jahr zuvor. Analysten hatten nach Angaben von Continental im Schnitt lediglich mit einem Anstieg auf 6,1 Prozent gerechnet.

Der Zufluss finanzieller Mittel (Free Cashflow) vor Zukäufen und Kosten für die Abspaltung des Antriebsgeschäfts lag bei 1,8 Milliarden Euro. Ein Jahr zuvor waren es nur 343 Millionen Euro gewesen. Der normalisierte Geschäftsverlauf habe die negativen Effekte, die noch im Vorquartal auf die Entwicklung des betriebsnotwendigen Kapitals gewirkt hätten, nun neutralisiert.

Im zweiten Quartal waren noch 1,8 Milliarden Euro aus den Konzernkassen abgeflossen, weil Autobauer ihre Produktion über viele Wochen gestoppt und die Teileabrufe bei den Zulieferern wie Conti auf Eis gelegt hatten. Typischerweise entwickelt sich die finanzielle Lage von Konzernen dann negativ, wenn die Lager volllaufen und den Kunden nichts verkauft werden kann.

Weltweit stehen bis zu 30.000 Stellen zur Disposition

Conti-Chef Elmar Degenhart hatte schon vor der Krise ein hartes Sparprogramm angestoßen, das angesichts der Pandemie aber noch einmal spürbar verschärft. Die jährlichen Bruttokosten sollen ab 2023 um eine Milliarde Euro niedriger liegen. Dafür stehen in den nächsten Jahren weltweit bis zu 30.000 der gut 230.000 Stellen zur Disposition, allein in Deutschland rund 13.000. Mehrere Werke werden ganz geschlossen.

Das kostet den Konzern zunächst Geld, unter anderem weil Mitarbeiter früher in den Ruhestand gehen oder Abfindungen bekommen. Diese Restrukturierungsaufwendungen und Abschreibungen, die im Rahmen des Sparprogramms auf Sachanlagen anfallen, belasten demnach im dritten Quartal mit 687 Millionen Euro.

Auch im vierten Quartal erwartet das Management um Degenhart und Finanzchef Wolfgang Schäfer in diesem Bereich weitere Sonderkosten - wie hoch, das steht allerdings noch nicht fest.

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Ausblick am 11. November

Weil Conti in den kommenden fünf Jahren nicht mehr damit rechnet, dass die weltweite Autoproduktion sich wesentlich erhöhen wird, fallen darüber hinaus noch weitere Wertminderungen auf die Geschäfte mit der Vernetzung von Fahrzeugen an. 649 Millionen Euro schreibt Conti daher auf die Bilanzwerte im Wesentlichen von übernommenen Firmen ab.

Einen konkreteren Ausblick auf das laufende Geschäftsjahr will Conti erst mit dem kompletten Zwischenbericht am 11. November geben. Bisher hat das Management lediglich deutliche Rückgange bei Absatz, Umsatz und bereinigtem operativen Ergebnis (bereinigtes Ebit) angekündigt.

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