Sachmangelhaftung ab 2022 „Das kann kein Durchschnittshändler stemmen“
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Mit dem neuen Gewährleistungsrecht kommen ab dem 1. Januar 2022 Veränderungen auf den Handel zu, die fatal werden können. Markus Müller, Geschäftsführer des Garantieanbieters Intec, und Justiziar Carl Kalmbach geben Tipps, wie sich Händler absichern können.

Redaktion: Ab dem 1.1.2022 gilt das neue Gewährleistungsrecht. Branchenverbände rechnen mit gravierenden Folgen für den Autohandel. Was ist denn dran an der befürchteten Pleitewelle?
Carl Kalmbach: Der Gesetzgeber erfindet das Rad nicht neu, auch wenn das in einigen Publikationen so anklingt – da ist ja teilweise sogar vom Ende des Gebrauchtwagenhandels die Rede. Richtig ist aber, dass es für den freien Gebrauchtwagenhandel nicht einfacher wird.
Könnten Sie als Jurist kurz erläutern, was diese Gesetzesänderung für die Gebrauchtfahrzeughändler genau bedeutet?
Kalmbach: Im Zentrum des Gesetzesentwurfs steht die Verlängerung der sogenannten Beweislastumkehr. Das bedeutet: Zeigt sich ein Sachmangel nach Übergabe des Fahrzeugs, wird zugunsten des Käufers vermutet, dass er bei Übergabe bereits vorlag und der Händler somit gewährleistungspflichtig ist. Der Verkäufer muss dann darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass das Fahrzeug bei Übergabe mangelfrei war. Dies gilt bei der aktuellen Rechtslage für die Dauer von sechs Monaten ab Übergabe des Fahrzeugs, wenn der Käufer ein Verbraucher ist. Nach dem Gesetzentwurf soll sich diese Frist dann auf zwölf Monate verlängern.
Herr Müller, Sie können auf jahrzehntelange Erfahrungen in der Gebrauchtfahrzeugbranche zurückgreifen – sowohl aus Sicht des Garantieversicherers als auch aus der des Fahrzeughändlers. Was meinen Sie, wie sich diese Änderung auf dem Markt auswirkt?
Markus Müller: Natürlich bringen solche Veränderungen immer eine gewisse Unsicherheit mit sich. Aber was kann dem Fahrzeughändler schon passieren, wenn er gewissenhaft seine Fahrzeuge prüft und diese mit einem umfassenden Garantieprodukt anbietet?
Also gibt es doch kein Problem?
Müller: Oh doch: Stellen Sie sich vor, ein Gebrauchtwagen würde ohne Garantie verkauft werden. Der Käufer würde sich in den folgenden zwölf Monaten bei jedem auftretenden Problem an den Händler wenden, der ihm den Wagen verkauft hat und Nachbesserung verlangen. Damit würde jedes Mal ein mühseliger Akt der Beweisführung angetreten werden, in dem es darum geht, festzustellen, ob es sich um einen Gewährleistungsfall handelt oder nicht. Das kann kein Durchschnittshändler stemmen.
Und was bedeutet das für die Händler, die ihre Fahrzeuge mit Garantie anbieten?
Müller: Besteht eine Garantieversicherung, wird im ersten Schritt geprüft, welche Art von Schaden vorliegt. Alle anderen Schäden werden entsprechend den Garantiebedingungen ausgeglichen. Es entsteht erst gar keine Diskussion über eventuelle Gewährleistungsfragen.
Verdoppeln sich dadurch die Gewährleistungsansprüche?
Müller: Natürlich gibt es Gewährleistungsschäden, die im Zuge der Garantiebearbeitung aufgedeckt werden. Hierbei handelt es sich jedoch meistens um Fälle, die bereits innerhalb der ersten Monate nach Fahrzeugverkauf auftreten. Eine Verdoppelung der Gewährleitungsansprüche gegen die Händler wird es durch die doppelte Dauer der Beweislastumkehr daher sicher nicht geben.
Hat der Fahrzeughändler mit der Gebrauchtfahrzeuggarantie eine reelle Chance, Mehrkosten, die möglicherweise auf ihn zukommen, abzufangen?
Müller: Durch den Abschluss einer Gebrauchtfahrzeuggarantie wird der Händler auf mehrere Arten entlastet. Da wir für den Fahrzeughalter der erste Ansprechpartner sind, übernehmen wir erst einmal alle Arbeiten, von der Aufnahme des Schadens, der Prüfung, der Feststellung des Anspruchs bis hin zur Auszahlung in gedeckten Schadenfällen. Das alles sind Arbeiten und Kosten, die der Händler nicht mehr zu stemmen braucht.
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