BGH Daimler vermeidet vorerst juristisches Diesel-Desaster

Von dpa/Andreas Grimm

Im Zuge der Dieselaffäre von Volkswagen waren auch andere Hersteller unter Druck geraten. Der Vorwurf: Sie hätten die Abgasgrenzwerte nur mit unzulässigen Tricks geschafft. Zumindest diese Unzulässigkeit sieht der Bundesgerichtshof aber nicht.

Daimler nutzt in verschiedenen Modellen ein „Thermofenster“ in der Abgasreinigung. Dass also bei bestimmten Temperaturen mehr Schadstoffe ausgestoßen werden als zulässig, ist aber juristisch wohl nicht zu beanstanden.
Daimler nutzt in verschiedenen Modellen ein „Thermofenster“ in der Abgasreinigung. Dass also bei bestimmten Temperaturen mehr Schadstoffe ausgestoßen werden als zulässig, ist aber juristisch wohl nicht zu beanstanden.
(Bild: Daimler AG)

Autobesitzer, die wegen des sogenannten Thermofensters in vielen Mercedes-Dieseln gegen Daimler klagen, dürften eher schlechte Karten haben. Die obersten Zivilrichterinnen und -richter des Bundesgerichtshofs (BGH) machten am Dienstag in ihrer ersten Verhandlung dazu deutlich, dass sich aus dem Einsatz der Technik allein wohl keine Schadenersatz-Ansprüche ergeben (Az. VI ZR 128/20).

Ähnlich hatten der Vi. Zivilsenat sich im Januar schon einmal schriftlich geäußert, als aus angesetzten Verhandlungen nie etwas wurde – immer machten die Kläger einen Rückzieher. Damals sollte ein Fall des Oberlandesgerichts Köln in Karlsruhe vorgelegt werden. Die Kölner Richter hatten befunden, dass die Entwicklung und der Einsatz der temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems (Thermofenster) für sich genommen nicht ausreichen, um einen Schadensersatzanspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zu begründen. Das Thermofenster arbeite immer gleich, ob auf der Straße oder im Test. Volkswagen dagegen hatte in Millionen Diesel-Autos heimlich eine Software eingesetzt, die auf dem Prüfstand verschleierte, dass zu viele Schadstoffe ausgestoßen wurden.

Der nun vorliegende Verfahrensverlauf ist dem damaligen Fall sehr ähnlich. Trotzdem dürfte der Fall ans Oberlandesgericht Koblenz zurückverwiesen werden, weil dort anderen Manipulationsvorwürfen des Klägers gegen Daimler nach Auffassung des BGH zu Unrecht nicht nachgegangen wurde. Laut der anwaltlichen Vertretung des Klägers, der Kanzlei Rogert & Ulbrich, sieht der VI. Senat dezidierte Anhaltspunkte im Vortrag des Klägers „für das Vorhandensein und die Funktionsweise der von ihm behaupteten Abschalteinrichtung dargelegt, so dass wohl eine Beweisaufnahme über seine Behauptung erforderlich werde“.

Geklagt hatte im vorliegenden Fall der Käufer eines Mercedes-Benz C 220 CDI EU 5 (Baureihe OM 651), der im Jahr 2012 zum Preis von 34.958,99 Euro erworben wurde. Der Kläger sieht einerseits mehrere illegale Abschalteinrichtungen in dem Auto verbaut. In der Folge erreiche das Auto die die gesetzlich vorgeschriebenen NOx-Emissionswerte nach der EU 5 -Norm nur in bestimmten Außentemperatur-Bereichen. Zudem hatte das Kraftfahrt-Bundesamt im Herbst 2018 ein formelles Anhörungsverfahren wegen des Verdachts einer weiteren Abschaltvorrichtung gegen die Beklagte eingeleitet. Der Kläger fordert, dass Daimler das Auto zurücknimmt und – abzüglich der gefahrenen Kilometer – den Kaufpreis erstattet.

Das „Thermofenster“ ist Teil der Motorsteuerung und reduziert die Abgasreinigung, wenn es draußen kühler ist. Die Kläger sehen darin eine unzulässige Abschalteinrichtung – wie bei VW. Daimler hält die Technik für zulässig und erwartet, dass die BGH-Einschätzung „Leitcharakter für Tausende von Gerichtsverfahren“ hat.

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