Nachweisgesetz Darauf kommt es jetzt in Arbeitsverträgen an

Von Dr. Eva Rütz und Lukas Gallenkämper, Luther Rechtsanwaltsgesellschaft |

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Prämienauszahlungen, Arbeitszeiten, Sondervereinbarungen: Seit dem 1. August 2022 muss das alles im Arbeitsvertrag explizit und detailliert festgehalten werden. Ansonsten droht ein Bußgeld von bis zu 2.000 Euro pro Vertrag. Konkret bedeutet das für Arbeitgeber, ihre Arbeitsvertragsmuster zu überarbeiten. Hier ist zusammengefasst, worauf es dabei ankommt.

Mühselig, aber notwendig: Wegen des neuen Nachweisgesetzes müssen Arbeitgeber ihre Muster für Arbeitsverträge überprüfen. Wer das versäumt, muss mit einem Bußgeld rechnen.
Mühselig, aber notwendig: Wegen des neuen Nachweisgesetzes müssen Arbeitgeber ihre Muster für Arbeitsverträge überprüfen. Wer das versäumt, muss mit einem Bußgeld rechnen.
(Bild: Drazen Zigic - de.freepik.com)

Am 1. August 2022 ist das neue Nachweisgesetz (NachweisG) in Kraft getreten. Auch bisher waren Arbeitgeber verpflichtet, dem Arbeitnehmer bestimmte Arbeitsbedingungen schriftlich nachzuweisen. Diese Pflicht wurde meist mit dem Abschluss eines schriftlichen Arbeitsvertrags erfüllt. Doch die Anforderungen haben sich verschärft, sodass die Arbeitsvertragsmuster überarbeitet werden müssen. Denn Verstöße gegen das NachweisG können nun mit einem Bußgeld von bis zu 2.000 Euro pro Verstoß bzw. pro Vertrag geahndet werden. Das kann also schnell recht teuer werden. Letztlich ist der Aufwand in den meisten Fällen überschaubar, wenn auch lästig. Er kann jedoch auch als Chance und willkommener Anlass gesehen werden, die Vertragsmuster auf den neuesten Stand zu bringen.

Nachweisgesetz gilt jetzt auch für Aushilfen

Der Anwendungsbereich wurde auf alle Arbeitnehmer ausgeweitet. Die Ausnahme für vorübergehende Aushilfen entfällt. Dadurch müssen nun auch Arbeitnehmer, die nur für eine sehr kurze Dauer tätig werden, einen schriftlichen Nachweis über ihre Arbeitsbedingungen erhalten. Für Azubis und Praktikanten gelten weiterhin Sonderregelungen mit ähnlichem Inhalt.

Alles muss im Detail festgehalten werden

Der Katalog des § 2 Abs. 1 Satz 2 NachwG enthält nun zusätzlich zu den ohnehin bestehenden Nachweispflichten folgende verpflichtenden Vorgaben:

  • Enddatum der Befristung,
  • Bei mobilem Arbeiten: Die Angabe, dass der Arbeitsort frei gewählt werden kann,
  • Dauer der Probezeit,
  • Vergütung von Überstunden,
  • Art der Auszahlung des Arbeitsentgelts,
  • Vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten,
  • Bei vereinbarter Schichtarbeit: das Schichtsystem, den Schichtrhythmus und Voraussetzungen für Schichtänderungen,
  • Bei Arbeit auf Abruf nach § 12 TzBfG: Die Vereinbarung, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat, sowie die Zahl der mindestens zu vergütenden Stunden, den Zeitrahmen für die Erbringung der Arbeitsleistung (bestimmt durch Referenztage und Referenzstunden) und die Frist, innerhalb derer der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit im Voraus mitzuteilen hat,
  • Sofern vereinbart: die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen,
  • Einen etwaigen Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildungen,
  • Bei betrieblicher Altersversorgung über einen Versorgungsträger: Name und Anschrift des Versorgungsträgers, sofern nicht der Versorgungsträger zu dieser Information verpflichtet ist,
  • Die Vorgaben zum Verfahren bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses: mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses und zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage,
  • Ein allgemeiner Hinweis auf die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Regelungen paritätisch besetzter Kommissionen, die auf Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber festlegen.

Dies mag auf den ersten Blick unübersichtlich wirken und nach viel Arbeit klingen. Aber die meisten Punkte werden sich bereits in den Arbeitsverträgen finden. Wahrscheinlich müssen einige Aspekte lediglich präziser formuliert werden. Dies gilt insbesondere bei Schichtarbeit, freier Wahl des Arbeitsplatzes bei mobilem Arbeiten (z. B. im Außendienst) und Bonusvereinbarungen.

Besonders die korrekte Darstellung eines Schichtsystems bedarf häufig längerer Ausführungen. Es ist empfehlenswert, dies in einem separaten Nachweisschreiben darzulegen, wenn der Arbeitgeber nicht auf einschlägige kollektivrechtliche Regelungen (Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung) verweisen kann. Ein solcher Verweis ist auch für das Entgelt bei vorhandenen kollektivrechtlichen Regelungen möglich.

Achtung: Jetzt muss auch die Kündigung geregelt sein

Die wichtigste Neuregelung, die vermutlich auch der sorgfältigste Arbeitgeber bislang nicht in seine Arbeitsvertragsmuster aufgenommen haben wird, ist der Nachweis über das Verfahren bei Kündigungen. Das Gesetz fordert als Mindestangaben die Schriftform, die Kündigungsfristen sowie einen Hinweis auf die Klagefrist für Kündigungsschutzklagen. Bis es eine andere explizite Rechtsprechung gibt, empfiehlt es sich, einen pragmatischen Ansatz zu wählen und sich auf diese drei Mindestangaben zu beschränken.

Nachweise am ersten Arbeitstag bereithalten

Die Nachweise müssen nun unterschiedlich schnell geliefert werden, teilweise bereits am ersten Tag der Arbeitsaufnahme. Idealerweise sollte der Nachweis über alle Arbeitsbedingungen am ersten Tag schriftlich vorgenommen werden; alles andere ist fehleranfällig und administrativ aufwendig. Der Nachweis ist schriftlich zu erbringen, das heißt in Papierform mit originaler Unterschrift.

Jede Änderung braucht einen schriftlichen Nachweis

Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis vor dem 1. August 2022 begonnen hat, erhalten einen Nachweis nur auf Anforderung. Die Frist beträgt sieben Tage ab Anforderung.

Ändern sich die Arbeitsbedingungen müssen sie nun am ersten Tag, an dem sie gelten, dem Arbeitnehmer schriftlich nachgewiesen werden (z. B. Gehaltserhöhungen, Positionsänderung bei Beförderung, Wechsel in Teil-/Vollzeit). Eine Ausnahme besteht weiterhin für Änderungen von Gesetzen, Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen. Diese müssen nur mitgeteilt werden, wenn diese Kollektivvereinbarungen erstmals angewendet werden, aber nicht bei deren Änderung.

Angemessene Probezeit bei befristeten Arbeitsverhältnissen

Neu ist darüber hinaus, dass die Probezeit eines befristet beschäftigten Arbeitnehmers nun im Verhältnis zu Dauer und Art der Tätigkeit stehen muss. Bei kurzen Befristungen wird also die Vereinbarung einer Probezeit von sechs Monaten nicht mehr zulässig sein. Wichtig ist jedoch, dass die Probezeit nur die Dauer der Kündigungsfrist, nicht jedoch die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) beeinflusst. In der Probezeit braucht man also noch immer keinen Grund, um das Arbeitsverhältnis kündigen zu dürfen.

Arbeitgeber, die bislang gut aufgestellt waren, werden mit wenigen Anpassungen in ihren Musterarbeitsverträgen die neuen Anforderungen erfüllen. Auf Arbeitgeber, die bislang keine ausreichenden Vertragsmuster verwenden oder die Arbeitsverträge nur digital abschließen, wird ein größerer administrativer, aber letztlich lösbarer Arbeitsaufwand zukommen.

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