Digitalisierung in der Kfz-Branche: Wird alles anders?

Von Frank Schlieben

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Die Corona-Krise hat die Art zusammenzuarbeiten und miteinander zu kommunizieren verändert. Einige der digitalen „Notlösungen“ dürften die Krise überdauern. Auch kleine und mittlere Betriebe sollten das Thema Digitalisierung anpacken.

(Bild: Pro Motor)

Die Vorzüge digitalisierter Prozesse führt die Corona-Krise seit Wochen vielen Berufstätigen in der Kfz-Branche vor Augen. Interne und externe Kommunikationsprozesse und der Austausch von Informationen sind oftmals nahezu vollautomatisch möglich. Ob bei der elektronischen Vermittlung von Terminen, der automatisierten Teilebestellung bei der Unterschreitung eines Mindestlagerbestands oder bei dem Monteur, der seine Checklisten mit dem Scan eines fahrzeugspezifischen QR-Codes direkt auf seinem Tablet verfügbar hat.

Aufgrund der Pandemie haben zahlreiche technische Lösungen, die man sich in der Vergangenheit vielleicht schon einmal angeschaut, für den eigenen Betrieb aber als (noch) nicht relevant befunden hatte, eine andere Bedeutung bekommen. Freilich, nicht alles, was möglich ist, macht auch wirklich für jeden Betrieb Sinn.

Notlösungen haben das Zeug zur Dauereinrichtung

Doch manche Notlösung hat nach Corona das Zeug zur Dauereinrichtung. Warum den Werkstattkunden künftig morgens um 7:30 Uhr zur hektischsten Fahrzeug-Abgabezeit in die Werkstatt bestellen, wenn man das Auto auch beim Kunden zu Hause abholen und nach getaner Arbeit wieder vor die Tür stellen kann? Warum die Mitarbeiter für Organisation und Administration künftig morgens ab 7:00 Uhr zur Anwesenheit im Büro verpflichten, wenn die in der Lockdown-Phase ihren Job gewissenhaft und effizient im Homeoffice erledigt haben?

„Einige Dinge wird man schlicht nicht zurückdrehen können“, ist Jörg Gudat überzeugt. Der Experte für IT-Systeme und Digitalisierungslösungen hat sich mit seinem Unternehmen in den letzten Jahren auf Digitalisierungslösungen für Autohäuser, K&L-Betriebe und Werkstätten spezialisiert. Das Unternehmen aus Bochum führt unabhängig von Endgeräten Daten aus unterschiedlichen Softwaresystemen eines Betriebs in einer Cloudanwendung zusammen.

Über diese sind die Daten unabhängig vom Ursprungssystem miteinander vernetzt und lassen sich auf jedem digitalen Endgerät über eine einheitliche Bedienoberfläche bearbeiten. Die Vernetzung sorgt auch dafür, dass in der Cloud bearbeitete Daten in Echtzeit nachgelagerte Prozesse steuern.

Fachberater an Bord holen

Beispiel: Der Kunde bucht online einen Werkstatttermin mit Wunschdatum und -uhrzeit und möchte für die Dauer des Termins ein Werkstattersatzfahrzeug nutzen. Die digitale Plattform löst, angestoßen vom Vorgang, automatisch eine Terminbuchung im Internet aus, plant für die nachgelagerten Vorgänge Werkstattkapazität ein, blockt Monteurszeit und reserviert ein Ersatzfahrzeug.

„Wollen Kfz-Unternehmer in das Thema Digitalisierung investieren, holen sie sich am besten einen Fachberater mit ins Boot. Der kennt nicht nur die Digitalisierungslösungen und -produkte; er kann auch die betriebliche Praxis einer Werkstatt beurteilen und deren Prozesse analysieren und wo erforderlich mit dem Unternehmer optimieren“, empfiehlt Jörg Gudat. Einfach mal ein paar Tablets anzuschaffen und auf gut Glück Prozessdigitalisierung in Eigenregie zu probieren, führe selten zum gewünschten Ergebnis.

Unterstützung beim Einstieg in die Digitalisierung

Thomas Brückner teilt diese Einschätzung. Als betriebswirtschaftlicher Berater beim Landesverband des Kfz-Gewerbes Bayern führt er selbst keine Beratungen zu Digitalisierungslösungen in den Betrieben durch. „Dazu habe ich neben dem klassischen Beratungsspektrum nicht mehr genug Kapazitäten. Allerdings empfehle ich interessierten Unternehmern, dass sie sich einen Spezialisten für das Thema ins Haus holen.“ Gute Informationen hierzu biete beispielsweise die Plattform Go-digital des Bundeswirtschaftsministeriums, die mit Informationen gezielt kleine und mittlere Unternehmen beim Einstieg in die Digitalisierung unterstützt.

Brückner beobachtet allerdings auch, dass der Handlungsdruck in Sachen digitale Prozesse gerade bei kleinen und mittleren Betrieben (noch) nicht sehr ausgeprägt sei. „Viele haben auch jetzt in der Corona-Krise erstaunlich volle Auftragsbücher und kommen gar nicht dazu, sich mit anderen Dingen zu beschäftigen, als ihre Aufträge abzuarbeiten“, sagt Brückner. Zudem beobachtet er bei vielen Unternehmern eine gewissen Schwellenangst. „Das grundsätzliche Interesse bei allen Unternehmern an der Digitalisierung ist nach meiner Beobachtung hoch. Viele zögern aber aus Angst, sie würden zu wenig von dem Thema verstehen und darum der Verhandlung mit einem spezialisierten Anbieter nicht gewachsen sein.“

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Solche Bedenken kennt auch Jörg Gudat, hält sie aber für unbegründet. Wichtiger ist für ihn, dass der Unternehmer zuvor seine Strategie – entweder aus eigener Kraft oder mit Unterstützung eines Branchenberaters – definiert hat. Fahrlässig sei es, das Thema Digitalisierung wegen eigener Berührungsängste nicht anzupacken. Jörg Gudat: „Nach Corona wird vielleicht nicht alles anders sein. Der Digitalisierung in Unternehmen hat es aber schon jetzt einen erheblichen Schub verliehen.“ Und der dürfte nach der Krise anhalten.

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