Kfz-Gewerbe Hessen Einbrüche im Neuwagen- und Werkstattgeschäft
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Die Verluste im Jahr 2020 sind für das Kfz-Gewerbe Hessen bitter, auch wenn es Gewinner gab. Für 2021 hält Präsident Jürgen Karpinski eine Erholung für denkbar, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Dazu müssten vor allem die Verkaufsflächen uneingeschränkt geöffnet sein.

Das Kfz-Gewerbe Hessen hat seine Zahlen für das vergangene Jahr vorgelegt. Ähnlich wie im bundesweiten Trend sind die Einbrüche vor allem im Neuwagensegment bitter. Aber auch das Werkstattgeschäft ging zurück. Gewinner ist der Gebrauchtwagenhandel. Unterm Strich sind die Umsatzverluste mit einem Minus von 3,6 Prozent angesichts des Krisenjahres noch moderat.
Im ersten Corona-Jahr 2020 brachen die Pkw-Neuzulassungen um gut 23 Prozent ein und bescherten einen Umsatzverlust von 2,4 Milliarden Euro (minus 17,9 Prozent). Obwohl die Kfz-Werkstätten während der Pandemie nicht von Schließungen betroffen waren und sind, sank der Umsatz um gut 8 Prozent auf 1,9 Milliarden Euro und ähnlich stark wie schon 2019. Grund hierfür war die fehlende Mobilität der Kunden im Corona-Jahr. Der Gesamtumsatz im Pkw-Markt sank um 6,8 Prozent auf rund 21 Milliarden Euro. Die Umsatzrendite sank um 0,1 Prozent auf 1,2 Prozent.
Sondereffekte verschleiern Situation
Laut Jürgen Karpinski, Präsident des Kfz-Landesverbands Hessen, verschleiere jedoch die Umsatzbilanz des Kfz-Gewerbes in Hessen die wahre Situation der Betriebe. „Die Stellflächen in und vor den Autohäusern laufen voll, sei es mit Leasing-Rückläufern, Vorführwagen oder im Jahr 2020 bestellten Lagerfahrzeugen. Es kann kaum Ware abfließen“, sagte Karpinski. Vor allem Sondereffekte wie die gestiegenen Preise für Neu- und Gebrauchtwagen und staatliche Subventionen für die Elektromobilität verdeckten die „automobile Realität“.
Eine Entspannung sei nicht in Sicht. Auch die jüngsten Lockerungsbeschlüsse brächten der Branche keine große Erleichterung, weil es keine uneingeschränkte Öffnung der Verkaufsflächen gebe. Das so dringend benötigte Frühjahrsgeschäft könne so nicht anlaufen. Karpinski rechnet deshalb nur mit begrenzten Nachholeffekten.
Starker Rückgang bei den Verbrennern
Die Neuzulassungsstatistik zeigt Gewinner und Verlierer: Drastische Einbußen gab es bei den Verbrennern. In Hessen wurden 37 Prozent weniger Benziner und 30 Prozent weniger Dieselfahrzeuge zugelassen. Der Anteil der reinen Elektrofahrzeuge stieg um 217 Prozent und der der Plug-in-Hybride um 316 Prozent.
Positiv schlug der Gebrauchtwagenmarkt des Kfz-Gewerbes zu Buche mit einem Umsatzplus von 18,9 Prozent (6,3 Milliarden Euro). Der Privatmarkt büßte drei Prozentpunkte ein und hat nun noch 30 Prozent Anteil, während der Handel um 3 Prozent auf 70 Prozent Marktanteil zulegte. Allerdings ist auch hier der starke Anstieg der Fahrzeugpreise Hauptgrund für die Umsatzsteigerung.
Laut Michael Kraft, Vizepräsident des Kfz-Landesverbands Hessen, seien die Neuzulassungen im Nutzfahrzeugmarkt 2020 um 13,2 Prozent auf 46.451 Einheiten zurückgegangen. Dabei sei bei leichten Nutzfahrzeugen bis sechs Tonnen das Minus geringer, während die Rückgänge bei schweren Nutzfahrzeugen deutlich höher gewesen seien. Der Markt für gebrauchte Nutzfahrzeuge hingegen habe Zuwächse von 4,1 Prozent auf 53.931 Fahrzeuge bilanziert.
Mehr Kurzarbeit und weniger Auszubildende
Der bundesweite Einbruch auf dem Ausbildungsmarkt zeigt sich auch in Hessen mit einem Minus von 14,2 Prozent bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen für Kfz-Mechatroniker. Dafür könne laut Kraft nicht allein die Pandemie verantwortlich gemacht werden. Vielmehr sei dies auch auf die sinkende Zahl der Schulabgänger zurückzuführen. Wie die Ausbildungssituation sei auch die Beurteilung des Kfz-Arbeitsmarktes nur eine „Momentaufnahme mit einigen Unwägbarkeiten“. Viele Betriebe konnten durch Kurzarbeit ihre Beschäftigtenzahl auch in der Lockdown-Phase stabil halten. Doch die Kurzarbeit nehme wieder zu.
Prognose mit Fragezeichen
Wie das Autojahr 2021 ausfalle, könne nur schwierig prognostiziert werden, meint Karpinski. Das Jahr stehe auf tönernen Füßen. Steigerungen zwischen vier und sechs Prozent seien möglich, wenn die Rahmenbedingungen im „Superwahljahr 2021 passen“. Allerdings gebe es wenig Gründe, mit zu optimistischen Erwartungen auf den weiteren Jahresverlauf zu schauen.
Einer aktuellen Umfrage in der Branche zufolge erwarten lediglich 12 Prozent der Befragten in diesem Autojahr bessere Geschäfte. Jeder Zweite (53 Prozent) erwartet indes eine Fortsetzung der Talfahrt, und 35 Prozent erwarten ähnliche Ergebnisse wie 2020. Karpinski rechnet für das Autojahr 2021 mit etwa 315.000 Neuzulassungen und 540.000 Besitzumschreibungen. „Über unserer Branche schweben aber viele Fragezeichen“, sagte der Präsident.
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