»kfz-betrieb«-Auto-Check: Citroën C4 Cactus – Der Spaßvogel wird ernst
Der Cactus hat mit seiner Modellüberarbeitung gleichzeitig eine neue Aufgabe übernommen: Er löst den „normalen“ C4 ab. Wie schlägt sich der Sonderling in der Kompaktklasse?
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In vielen Familien gibt es ihn: Den sympathischen Sonderling, der auf der Geburtstagsfeier die besten Witze reißt, dem man aber nicht unbedingt die Organisation der Party anvertrauen würde. In der Citroën-Modellfamilie spielte die Rolle des Spaßvogels der C4 Cactus. Mit seiner Mischung aus niedrigem Preis, unverwechselbarem Design und praktischen Details hat er viele Freunde gefunden. Doch nun muss er ganz schnell erwachsen werden, denn eine neue Aufgabe erwartet ihn: Er soll die Citroën-Party in der Kompaktklasse allein schmeißen; der bisherige Cheforganisator, der C4, geht in den vorzeitigen Ruhestand.
Dafür hat Citroën das Design geglättet und einige prägende Merkmale zurückgenommen, etwa die riesigen Schutzpolster (Airbumps) an den Türen. Auch fällt das Design jetzt, wo fast die gesamte Modellpalette so aussieht, nicht mehr wirklich aus dem Rahmen. Gleichzeitig wurde der Grundpreis auf normales Kompaktklasseniveau angehoben. Der C4 Cactus startet bei 17.490 Euro statt 13.990 Euro (wenn auch mit einem stärkeren Motor).
Doch spürt man die Höherpositionierung im Vergleich mit dem Vorgänger auch beim Fahren? Den Testwagen schickte PSA Deutschland mit der gleichen Motorisierung ins Rennen: ein turbogeladener Dreizylinder-Ottomotor mit 81 kW/110 PS, allerdings mit Sechsgang-Handschaltgetriebe.
Der Dreizylinder liefert trotz des etwas eckigen Laufverhaltens bei niedrigen Drehzahlen beachtliche Fahrleistungen, die man dem knuffigen Auto gar nicht zutraut. Dabei bleibt er so leise, dass der Fahrer manchmal das Hochschalten vergisst. Im stets eiligen Testbetrieb von »kfz-betrieb« verbrauchte der Benziner akzeptable 7,3 Liter Sprit auf 100 Kilometern.
Hoher Komfort dank neuer Dämpfertechnik
Nicht nur der leise Motor, sondern auch der gute Federungskomfort macht lange Strecken im Cactus zum Vergnügen. Citroën verwendet ein neues, zusammen mit Tenneco entwickeltes Dämpferkonzept namens Advanced Comfort mit progressivem hydraulischen Anschlag. Damit erwacht das schwebende Fahrgefühl, für das französische Autos früher berühmt waren, wieder zum Leben – ganz ohne Hydropneumatik. Die sesselartigen Sitze sind jetzt durch eine zusätzliche Schaumstoffauflage noch bequemer als früher.
Unverändert ließ hat Citroën das Bedienkonzept des Cactus, obwohl durch neue Fahrerassistenzsysteme mehr Funktionen zur Verfügung stehen als bisher. Das große Display hinter dem Lenkrad zeigt nur wenige Informationen an. Tacho, Tankuhr, Schalthinweis – das ist alles. Einen Drehzahlmesser – obwohl bei diesem Motor wirklich nötig – gibt es nicht. Akute Warnmeldungen wie die vor einer drohenden Kollision werden hier auch nicht eingeblendet, sondern im zentralen Infotainment-Display, das aber nicht im direkten Sichtfeld liegt. Das ist nicht die beste Lösung.
In Sachen Ausstattung und Verarbeitung zeigt der Wagen an einigen Stellen ein Niveau, das man dem früheren Spaßvogel wegen seines niedrigen Preises noch zugestanden hat, die aber eines seriösen Kompaktwagens nicht mehr würdig sind. Ein Beispiel sind die hinteren Ausstellfenster, ein anderes die windige Auskleidung des Kofferraums. Das bekommt selbst Dacia besser hin. Ein Witz sind die Zurrösen, die nicht an der Karosserie, sondern am Bodenteppich befestigt sind. Was will man hier bitte festschnallen?
Und so bleibt die Erkenntnis, dass sich Citroën bei der Überarbeitung des C4 Cactus nicht recht entscheiden konnte, was nun sein Charakter sein soll: Ernsthafter Kompaktklässler oder sympathischer Sonderling. Ein echtes Alleinstellungsmerkmal im Citroën-Programm besitzt er jedenfalls nicht mehr.
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