»kfz-betrieb« Auto-Check: Opel Ampera-E – Detroits Model 3

Autor Dipl.-Ing. (FH) Jan Rosenow |

E-Autos aus den USA heißen nicht mehr nur Tesla. Mit dem Chevrolet Bolt – hierzulande als Opel Ampera-E vermarktet – gibt es eine günstigere Alternative. Aber niemand kauft ihn.

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Mit rund 380 Kilometern Reichweite ist der Opel Ampera-E erstwagentauglich.
Mit rund 380 Kilometern Reichweite ist der Opel Ampera-E erstwagentauglich.
(Bild: Jan Rosenow/»kfz-betrieb«)

Der Verkauf von Elektroautos kommt in Schwung. Tesla hat die Produktion des Model 3 nun hochgefahren und konnte im März allein in Deutschland unglaubliche 2.224 Exemplare absetzen. Erstaunlich bei einem Grundpreis von anfangs 56.380 Euro. Dabei gibt es aus Teslas Heimat USA eine bezahlbare Alternative, die dem Model 3 in Sachen Reichweite und Fahrleistungen zwar nicht ganz das Wasser reichen, aber doch ansatzweise mithalten kann: den Chevrolet Bolt, hierzulande als Opel Ampera-E ab 42.990 Euro im Angebot.

Trotzdem entschieden sich im März gerade einmal sechs Käufer für den Ampera. Damit dürfte er im Ranking der meistverkauften Elektroautos mit Abstand den letzten Platz belegen. Sicher hat der von GM produzierte Wagen in der neuen, von PSA definierten Opel-Welt nicht mehr den Stellenwert, den er früher gehabt hätte. Schließlich arbeiten die Franzosen derzeit an einer eigenen E-Auto-Plattform. Trotzdem ist es schade, dass der kleine Amerikaner hierzulande unter Wert geschlagen wird. An seinen Qualitäten kann es nicht liegen.

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GM hat sich bei seinem ersten Elektroauto für ein Konzept entschieden, das die Vorteile des E-Antriebs besonders gut zur Geltung kommen lässt: Einen kompakten Van für die Nutzung im Stadtverkehr. Für ein amerikanisches Automobil passt der Ampera-E deshalb auch gut ins europäische Straßenbild. Der Fünftürer in der Größe des früheren Opel Meriva schwimmt unauffällig im Verkehr mit und überzeugt im Stadtverkehr mit Handlichkeit und exakter Lenkung. Nur die Übersicht ist durch die Van-typisch schräg angeordneten A-Säulen und die breiten C-Säulen recht eingeschränkt.

Vorn und hinten sitzen erwachsene Personen bequem, und durch den flachen Boden ist auch der Fußraum hinten sehr geräumig. 381 Liter Gepäckraum sind okay, aber nicht üppig. Das Platzangebot entspricht einem konventionellen Kompaktvan, profitiert aber nicht so sehr vom platzsparenden Elektroantrieb, wie man sich das wünschen würde.

Riesiger Bildschirm, aber kein Navi

Der Fahrer blickt an seinem Arbeitsplatz auf zwei Bildschirme, die vielfältige Informationen über den Fahrzeugstatus bereithalten. Auf dem mit über zehn Zoll beachtlich großen Mittendisplay fehlt allerdings ein fahrzeugintegriertes Navigationssystem. Der Fahrer muss per Android Auto oder Apple Car-Play sein Mobiltelefon koppeln, um navigieren zu können. Das ist möglicherweise hipper, und viele Nutzer bevorzugen diese Lösung ohnehin, weil sie so an aktuellere Verkehrsinfos kommen; trotzdem passt es nicht so recht zu einem Auto für deutlich mehr als 40.000 Euro.

Doch nun zum wichtigsten: dem elektrischen Antriebsstrang. Mit 60 kWh besitzt die Batterie ein Speichervermögen, das den Ampera-E erstwagentauglich macht. Bei 380 Kilometern Reichweite nach WLTP lassen sich auch längere Strecken angehen, zudem ist der Ampera E mit einem CCS-Ladeanschluss ausgestattet und kann an Gleichstromladesäulen bis zu 50 kW ziehen. Doch diese Anlagen sind selten und befinden sich meist an autobahnnahen Standorten; in der Innenstadt ist der Ampera-E auf Wechselstromstationen angewiesen, und ausgerechnet hier schwächelt er: Mit maximal 4,6 kW Ladeleistung dauert es mindestens 15 Stunden, bis die große Batterie aufgeladen ist. An der klassischen Haushaltssteckdose sind sogar nur 2,3 kW möglich.

Der dynamischste Pampersbomber auf dem Markt

Im Alltag von Privatnutzern dürfte diese Einschränkung nur eine untergeordnete Rolle spielen. Bei 380 Kilometern Reichweite nutzt kaum jemand die volle Batterieladung jeden Tag aus – wie es im Dauereinsatz als Testfahrzeug bei »kfz-betrieb« der Fall ist.

Zu den guten Seiten des Elektroantriebs gehört auch beim Ampera-E der ansatzlose Schub und der fast geräuschlose Lauf der Maschine. Mit 150 kW/204 PS Spitzenleistung und 360 Newtonmetern Drehmoment sind beachtliche Fahrleistungen möglich: In wenig mehr als sieben Sekunden sprintet der Kompaktvan auf 100 km/h und verblüfft damit regelmäßig die Ampelkonkurrenten, die dem nichtssagend gestalteten Pampersbomber eine solche Dynamik nie zugetraut hätten.

Mit nur 150 km/h Höchstgeschwindigkeit muss er sich auf der Autobahn allerdings hinten anstellen. Doch in keinem Fahrzeug stört einen das so wenig wie in einem E-Auto: Wer zusieht, wie schnell die Kilowattstunden bei über 130 dahinschmelzen, der hält sich von selbst an jedes Tempolimit.

Eigentlich ist der Ampera-E ein überzeugendes Angebot in seinem Segment: geräumig, leistungsfähig, langstreckentauglich und nicht zu teuer. Mal sehen, wie lange sein Gastspiel auf dem deutschen Markt noch dauert. Denn obwohl der Ampera-E laut Rüsselsheim „weiterhin verfügbar ist und auch im weiteren Verlauf des Jahres verkauft wird“, berichten Händler von einer noch eingeschränkteren Verfügbarkeit als es ohnehin schon seit dem Marktstart der Fall ist. PSA hat offensichtlich wenig Interesse daran, auch nur geringe Stückzahlen des Fahrzeugs weiterhin vom Konkurrenten GM zuzukaufen.

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