Mercedes-Benz: Kunde ist nicht gleich Kunde
Mit »kfz-betrieb« spricht der Servicechef von Mercedes-Benz Vertrieb Deutschland (MBVD) über guten und schlechten Service sowie seine Auswirkungen für Kunden, Autohäuser und den Konzern selbst.
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Redaktion: Werfen wir zu Beginn des Gesprächs einen Blick zurück. Seit 2004 verantworten Sie das Aftersales-Geschäft von Mercedes-Benz in Deutschland. Was waren in den vergangenen sieben Jahren die größten Veränderungen im automobilen Service?
Hans-Bahne Hansen: Am meisten haben sich seit 2004 die Bedürfnisse der Servicekunden geändert. So sind die Ansprüche an die Mobilität gestiegen, ihr Kaufverhalten hat sich verändert und der Anspruch an den Service ist gewachsen. Dies erfordert von uns eine Differenzierung im Service.
Was meinen Sie mit Differenzierung im Service?
Zum einen spielt die Preissensibilität eine entscheidende Rolle. Wobei damit nicht gemeint ist, dass alles billig sein muss. Für ausgewählte Leistungen gibt es aber ein anderes Preisempfinden als für die übrigen Angebote. Darauf reagieren wir unter anderem mit Festpreisen für bestimmte Servicetätigkeiten sowie mit Serviceverträgen oder Anschlussgarantien. Zum anderen stellen unsere Kunden sehr unterschiedliche Ansprüche, welche nicht über ein einheitliches Produkt oder ein Konzept abgedeckt werden können.
Welche Ansprüche?
Da ist beispielsweise der Hol- und Bringservice zu nennen. Den hat es in dieser Ausprägung vor sechs Jahren nicht gegeben. Diesbezüglich steigen die Bedürfnisse künftig sicher weiter.
Guter Service kostet auch gutes Geld. Ist es da nicht ein Fehler, dass die Branche immer häufiger Serviceleistungen zu Dumpingpreisen offeriert?
Premiumprodukte verlangen nach einem Premiumservice – Serviceangebote nur zum Billigpreis anzubieten, passt nicht zu unserer Strategie. Preis und Leistung müssen zusammenpassen. Das gilt es, den Kunden verständlich zu machen.
Aber selbst Mercedes-Benz hat nicht mehr nur zahlungskräftige Kunden.
Das stimmt. Deshalb sprechen wir seit vielen Jahren jene Kunden gezielt an, die einen Wagen aus zweiter oder dritter Hand fahren. Aber auch hier geht es nicht darum, Serviceangebote zum Tiefstpreis anzubieten. Bei diesen Kunden greifen unsere gezielten und fairen Festpreisangebote. Denn ein toller Preis mit Sternchen und Kleingedrucktem passt ebenfalls nicht zu Mercedes-Benz.
Wer entwickelt diese Festpreisangebote?
Wir haben gemeinsam mit unseren Servicepartnern sehr viel Zeit und Energie verwendet, um diese Kundengruppen mit intelligenten Angeboten für uns zu gewinnen. An dieser Stelle möchte ich mich bei unseren Servicepartnern dafür bedanken.
Und wie erreichen Sie die richtigen Kunden?
Mithilfe unseres Programms „Marktbearbeitung mit System“ ermittelten wir Fahrzeughalter und sprechen sie ganz gezielt an, zum Beispiel mit einem Angebot für einen Ölwechsel.
Gibt der Hersteller die Festpreise deutschlandweit vor?
Als selbstständige Unternehmer sind unsere Servicepartner auch für ihre Festpreisangebote verantwortlich. Wir unterstützen sie dabei, die Arbeitswerte und Ersatzteilpakete zu ermitteln. Das Ganze ist in einem Online-Festpreisrechner hinterlegt. Dort kann jeder Partner seinen Nachlass für Teile und Serviceleistungen eingeben. Aus alledem ergibt sich der jeweilige Festpreis.
Das heißt, Festpreise für die gleiche Tätigkeit variieren?
Wie gesagt, die Kalkulation obliegt dem Servicepartner – und so macht dies auch Sinn.
Bei den Analysen fragen Sie unter anderem, ob die Kunden mit der Höhe der Stundenverrechnungssätze oder der Verfügbarkeit der Ersatzteile zufrieden waren. Bei negativen Ergebnissen geht das zulasten der Händler, die mitunter daran nichts ändern können. Warum ist die Abfrage so aufgebaut?
In unserer Befragung stellen wir nicht die Frage nach dem Stundenverrechnungssatz, sondern nach der Zufriedenheit mit dem Preis für die erbrachte Leistung. Bezüg-lich Teileverfügbarkeit glaube ich mit Recht behaupten zu können, dass wir mit unseren fünf dezentralen Großlagern hervorragend aufgestellt sind. Und die Frage an den Kunden bezieht sich auch nicht auf die Teileverfügbarkeit, sondern Reparaturdauer. Das Argument Teileverfügbarkeit ist diesbezüglich eines von vielen.
Sie würden sagen, die Fragen, die gestellt werden, sind sehr praxisrelevant.
Wir passen unsere Fragebögen jährlich an. Zum 1. Dezember 2010 haben wir sie erneut deutlich verbessert.
Welche Rolle spielt zukünftig die Schnelligkeit der Terminvergabe? Wie zufrieden sind Sie diesbezüglich heute?
Diesen wichtigen Punkt im Werkstattprozess haben wir genau unter die Lupe genommen. Den Termin mit dem Kunden zu klären, heißt eben nicht zwangsläufig, alle Ter-mine auf 7, 8 oder 9 Uhr zu legen. Die Termine zu entzerren, ist in der Kundendienstannahme zwingend notwendig. Natürlich muss dabei der Wunsch des Kunden im Fokus stehen. Aber insbesondere am Nachmittag kann der Betrieb mithilfe der Mobilitätsfahrzeuge die Terminsituation entspannen. Ein weiterer wichtiger Punkt bei der Terminvergabe ist, bei der telefonischen Annahme den Umfang des Auftrags richtig zu erfassen.
Hat Mercedes-Benz nach wie vor ein Teuer-Image im Service?
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