Urteil Nur qualifizierte Kfz-Betriebe dürfen in Fahrzeug-Elektronik eingreifen

Von Andreas Grimm

Das Kfz-Gewerbe gehört zum zulassungspflichtigen Handwerk. Mindestens jene Tätigkeiten, die ein essentieller Teil des Berufsbilds sind, dürfen daher auch nur von jenen Betrieben erbracht werden, die per Eintrag in die Handwerksrolle ihre fachliche Qualifikation nachweisen. Das stellte das OLG Stuttgart auf Antrag der Wettbewerbszentrale nun klar.

Die Arbeiten an der Elektronik und Fehlerspeicher eines Fahrzeugs sind laut Aussage des OLG Stuttgart dem eingetragenen Kfz-Techniker-Handwerk vorbehalten.
Die Arbeiten an der Elektronik und Fehlerspeicher eines Fahrzeugs sind laut Aussage des OLG Stuttgart dem eingetragenen Kfz-Techniker-Handwerk vorbehalten.
(Foto: Dominsky)

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat mit einem Hinweisbeschluss vom 9. April 2020 klargestellt, dass Arbeiten an einem Kraftfahrzeug, die in dessen Bordcomputer eingreifen, nur Betrieben vorbehalten sind, die fachlich qualifiziert sind. Dies gilt etwa, wenn der Betrieb in die Handwerksrolle als Kraftfahrzeugtechniker-Betrieb eingetragen ist (Az. 2 U 10/20).

Im verhandelten Fall hatte der Inhaber einer Kfz-Werkstatt im Internet für die elektronische Nachrüstung von Fahrzeugen mit „Park Distance Control“, „Rückfahrkamera“, „Navigation Professional“ oder „Head-Up-Display“ geworben. Auch die Codierung von Steuergeräten und das Auslesen der Fehlerspeicher nannte er als Leistungen. Eine Eintragung mit dem Kraftfahrzeugtechnikerhandwerk in der Handwerksrolle bestand nicht. Aus Sicht der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs gehören die beworbenen Leistungen aber zum Kernbereich des Kraftfahrzeugtechnikerhandwerks und dürfen daher nur von in die Handwerksrolle eingetragenen Betrieben geleistet werden.

Die Wettbewerbszentrale mahnte den Betrieb erstmals bereits am 26. Februar 2016 ab. Die auf BMW-Modelle spezialisierte Werkstatt wies das Ansinnen jedoch zurück. Weiterer Schriftverkehr sowie ein Einigungsverfahren bei der IHK Stuttgart führten zu keinem Ergebnis, die Gespräche wurden am 3. April 2019 endgültig für gescheitert erklärt. Die Wettbewerbszentrale erhob daraufhin Klage beim Landgericht Stuttgart (Az. 11 O 334/19), da die Werbeaussage des Betriebs gegen die Marktverhaltensregelungen des § 1 der Handwerksordnung verstoße und irreführend sei.

Betrieb: Eingriff in Programmierung „nicht sicherheitsrelevant“

Der werbende Kfz-Betrieb vertrat dagegen den Standpunkt, die beworbenen Leistungen könnten dem Berufsbild des Kraftfahrzeugtechnikers nicht zugeordnet werden. Es handele sich vornehmlich um Programmierungen und Modifizierungen, „ohne wesentliche Eingriffe in das Fahrzeug vorzunehmen“. Der beklagte Betrieb biete zahlreiche Tätigkeiten an, die nicht dem Kfz-Techniker-Handwerk zugeordnet werden könnten, das kritisierte Angebot sei daher „nebensächlich“. Zudem sei die Tätigkeit des beklagten Betriebs „auch nicht derart sicherheitsrelevant, dass die besondere Schulung zum Kraftfahrzeugtechniker erforderlich wäre“.

Dieser Einschätzung des beklagten Betriebs folgte bereits das Landgericht Stuttgart nicht und gab der Klage in einem Urteil vom 12. Dezember 2019 statt. In dem nun bekannt gewordenen Hinweisbeschluss vom 9. April verdeutlichte das Oberlandesgericht, die Berufung ebenfalls zurückweisen zu wollen. Das OLG stufte die beworbenen Leistungen, bei denen in den Bordcomputer des Fahrzeuges eingegriffen werde, als „Kernbereich des Kraftfahrzeugtechnikerhandwerks“ ein. Das Codieren von Steuergeräten fahrzeugtechnischer Systeme und das Auslesen von Fehlern in der Elektronik eines Fahrzeuges verliehen dem Handwerk „sein essentielles Gepräge“.

Weiter verdeutlichte das OLG, dass moderne Fahrzeuge zahlreiche Informations-, Kommunikations-, Komfort-, Sicherheits- und Fahrassistenzsysteme an Bord hätten, „weswegen die Tätigkeit des Kraftfahrzeugmechatronikers in Bezug auf diese System gleichbedeutend neben der Tätigkeit an den mechanischen oder sonstigen elektronischen Bauteilen eines Fahrzeuges steht“. Gestützt wird die Einschätzung unter anderem durch das Meisterprüfungsberufsbild der Kraftfahrzeugtechnikermeisterverordnung (KfzTechMstrV – Fassung aus dem Jahr 2000). Die werbende Kfz-Werkstatt nahm daraufhin die Berufung zurück.

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